Heute wurden zwei Tapisserien in Schloss Bruchsal aufgehängt – die beiden letzten Stücke des fürstbischöflichen Bestandes, die bisher als Fotodrucke zu sehen waren. Nach der Reinigung und Restaurierung kehrten sie nun in die Beletage der ehemaligen Residenz zurück. Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, präsentierte die beiden kostbaren Wandteppiche: Damit ist die Wiedereinrichtung der Beletage, die vor vier Jahren eröffnet werden konnte, abgeschlossen.

38 kostbare Wandteppiche im Schloss
Die Tapisserien der Fürstbischöfe von Speyer zählen zu wertvollsten Ausstattungsstücken der ehemaligen Residenz. Nachdem 36 von ihnen bereits im April 2017 der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten, wurden heute die noch fehlenden zwei Wandteppiche aus der aus der Serie „Exotische Landschaften“ aus der französischen Manufacture Royale d’Aubusson, Ateliers Reynaud und Pierre Couloudon, montiert. Die aus dem 18. Jahrhundert stammenden Tapisserien werden im Vorzimmer des Appartements der Amalie von Baden zu bewundern sein. „Wir sind stolz darauf, dass wir die Wiedereinrichtung der Beletage mit diesen beiden Prachtstücken heute abschließen können“, freut sich Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. „Schloss Bruchsal verfügt über die zweitgrößte Tapisserie-Sammlung in Deutschland: 38 Exemplare hängen nun in den Prunkräumen, darunter solche raren Exoten wie die Teppiche der „Groteskenserie“, mit Gauklern, Affen und einem Elefanten – passend zu unserem Themenjahr ‚Exotik‘.“

„Landschaft mit Truthahnpaar“
Neu zur Sammlung ist die Tapisserie „Landschaft mit Truthahnpaar“ im Schloss hinzugekommen. Im Vordergrund balzt ein Rad schlagender Truthahn um eine Henne, über dem Paar fliegt ein Papagei. Die Fülle an exotischen Pflanzen wird links von einer Papaya mit gelappten Blättern und am Stamm wachsenden Früchten und rechts von palmenartigen Bäumen gerahmt. Zwischen den Palmen auf der rechten Bildhälfte steht eine Zierarchitektur aus drei Schlangensäulen, zwei Bögen und Architrav.

„Blick auf das Stadttor“
Ebenso wie die „Landschaft mit Truthahnpaar“ gehört die zweite Tapisserie „Blick auf das Stadttor“ zu einer Folge, die vermutlich von Fürstbischof August Philipp Graf von Limburg-Stirum erworben und 1770 aus seinem Privateigentum an die fürstbischöflich-speyerische Hofkammer verkauft wurde. Während des 19. Jahrhunderts waren die Wandteppiche wahrscheinlich im obersten Zwischengeschoss des südlichen Corps de Logis angebracht. Im Vordergrund der schmalen Tapisserie steht ein exotischer Laubbaum, zu dem links ein Vogel fliegt, zu Füßen des Baums wächst eine blühende Staude mit großen Blättern. Jenseits des Gewässers sind zwei Nadelbäume zu sehen. Auf der linken Seite führt ein Stadttor mit Treppengiebel in eine Straße, über ein Tor ragen ein viereckiges Türmchen und ein schlanker Rundturm empor, die gesamte Architektur wirkt europäisch.

Aufwendige Restaurierungsarbeiten
Welche Arbeiten sind erforderlich, bis die Tapisserien an der Wand hängen? Zunächst werden sie im Depot der Staatlichen Schlösser und Gärten genau untersucht, fotografiert, die Schäden werden kartiert, alte Restaurierungen entfernt und große Fehlstellen mit provisorischen Spannstichen geschlossen, damit sie bei Transport und Reinigung nicht weiter aufreißen. Danach erfolgt eine Nassreinigung mit dem Aerosolverfahren durch die Firma De Wit, Königliche Tapisserie-Manufaktur, Mechelen, in Belgien.

Aufhängung ist Massarbeit
Drei Textilrestauratorinnen unter der Leitung von Diane Lanz, Emmendingen, führten die Montage der beiden Tapisserien durch. Das Gewicht des Tapisserie-Gewebes wird reduziert, indem das Stützgewebe und die Tapisserie auf der Rückseite durch senkrechte Linien miteinander verbunden werden. In den unteren Bereich des Stützgewebes wird in einem waagrechten Tunnel ein Wellkartonstreifen zur Versteifung des Gewebes eingearbeitet, damit die Tapisserie an der Wand keine Falten schlägt. Die auf einer Rolle aufgewickelte Tapisserie wird nun an einem Gerüst mit Gurten nach oben gezogen. An der oberen Kante des Stützgewebes ist ein Veloursband aufgenäht, das nun auf sein an der Wandplatte befindliches Gegenstück geklettet wird. Die Tapisserie wird dann langsam abgerollt und das Gewebe vorsichtig an die Platte angestrichen, um auch hier die durch die Schwerkraft entstehenden Zugkräfte zu vermindern.

Information
Aktuell ist das Schloss Bruchsal wie alle Monumente der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg sowie Kultur- und Freizeiteinrichtungen des Landes geschlossen.

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KOMMEN. STAUNEN. GENIESSEN. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg öffnen, bewahren, vermitteln und vermarkten 62 historische Monumente im deutschen Südwesten. 2019 besuchten rund 4 Mio. Menschen diese Originalschauplätze mit Kulturschätzen von höchstem Rang: darunter Schloss Heidelberg, Schloss und Schlossgarten Schwetzingen, das Residenzschloss Ludwigsburg, Schloss und Schlossgarten Weikersheim, Weltkulturerbe Kloster Maulbronn, Kloster und Schloss Salem sowie die Festungsruine Hohentwiel.

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