Ein bislang anonymes Gemälde aus dem Bestand des Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) konnte nach umfangreichen kunsttechnologischen Untersuchungen nun zweifelsfrei dem Maler Carl Gustav Carus (1789–1869) zugeordnet werden.

In Vorbereitung auf die Ausstellung „Träume von Freiheit – Romantik in Russland und Deutschland“, die ab dem 22. April 2021 in der Staatlichen Tretjakow-Galerie Moskau zu sehen sein wird, geriet das Werk mit dem Titel „Alter Harfner“ in den Fokus wissenschaftlicher Untersuchungen. Im Rahmen einer Diplomarbeit an der Hochschule für Bildende Künste Dresden (HfBK) wurde es gemeinsam mit einer Restauratorin der SKD eingehend untersucht. Hier stieß man nach der Firnisabnahme auf die Signatur des Künstlers Carus sowie das Entstehungsdatum des Gemäldes. Ferner ließ die nun wieder deutlich sichtbare Malweise keinen Zweifel an der Authentizität. So kann das Werk nun eindeutig dem Dresdner Romantiker zugeschrieben werden. 

Das kleinformatige Gemälde zeigt eine Mondscheinlandschaft mit einem alten Mann, der versunken an seiner Harfe lehnt. Es entstand 1836 und wurde im Galeriebestand lange als Werk eines unbekannten Künstlers geführt. Recherchen ergaben, dass das Gemälde noch 1968 von der Kunsthistorikerin Marianne Prause im Werkverzeichnis über Carus aufgeführt wurde. Der etwas ungelenke Stil in der Darstellung des alten Mannes ließ später jedoch Skepsis an der Urheberschaft aufkommen. Auch die Signatur war auf dem nachgedunkelten und verstaubten Bild nicht mehr sichtbar, so dass die Zuschreibung aufgehoben wurde und das Gemälde aus dem Fokus geriet. 

Hilke Wagner, Direktorin des Albertinum: „Wir freuen uns über diese sensationelle Entdeckung und den unverhofften Sammlungszuwachs. Das Albertinum besitzt damit nun insgesamt 22 Gemälde des bedeutenden Dresdner Romantikers Carl Gustav Carus. Das Werk ist trotz seines Alters von bald 200 Jahren in einem guten Zustand. Dass es so lange unbeachtet blieb, hängt wohl auch mit einer bestimmten Vorstellung von Qualität in der Malerei zusammen, die oftmals die zeichnerische Genauigkeit und Virtuosität vor das individuelle Gefühl stellt. Carus hingegen fokussiert sich hier auf die Empfindung, mit dem der alte Mann in sich versunken und im Einklang mit der Natur an seiner Harfe lehnt. Wir freuen uns darauf, dieses besondere Stimmungsbild dem Publikum bald in unserer Dauerausstellung präsentieren zu können.“

Thematisch hat sich Carus wie so oft von Caspar David Friedrich beeinflussen lassen, mit dem er befreundet war. Friedrich beschäftigte sich seit 1830 mit dem Motiv der Harfe, zunächst in einem Transparentbild als Auftrag für den russischen Zarenhof und 1833 in einem Gemälde mit zwei Harfnern auf einem Felsen bei Mondschein, das im Kunstverein in Dresden ausgestellt war. Bei Carus charakterisiert die Harfe aber den greisen Sänger Ossian, den der schottische Schriftsteller James Macpherson Ende des 18. Jahrhunderts als nordisches Gegenstück zu Homer erfand.

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