Die Händler im Südwesten sind mit dem Neustart ihrer Geschäfte zufrieden – auch, wenn die überwiegende Mehrheit von ihnen zunächst nur mit „Click& Meet“ starten konnte. Das ergab eine Blitzumfrage des Handelsverbands Baden-Württemberg (HBW) unter knapp 600 Händlern in Baden-Württemberg. Von den politisch Verantwortlichen wünschen sich die Händler die Übersetzung des Urteils des OVG Saarland und daher eine sofortige Öffnung des gesamten Handels, mindestens aber eine verlässliche und gerechte Öffnungsstrategie.

Im Einzelnen ergab die Umfrage: 36 Prozent der Befragten bewerten das Reopening mit gut (24 Prozent) oder sehr gut (12 Prozent), weitere 21 Prozent bewerten dies mit einem „befriedigend“.

18 Prozent der Befragten sind mit der Wiedereröffnung nur ausreichend zufrieden und weitere knapp 25 Prozent bewerten das Reopening mit einem „mangelhaft und ungenügend“.

Die absolute Mehrheit der Händler fürchtet sich laut der Umfrage zudem vor steigenden Inzidenzwerten und damit einer dritten Corona-Welle und damit verbundenen erneuten Schließungen.

12 Prozent haben große Sorgen um ihre Existenz und knapp 4 Prozent befürchten Insolvenzen anderer.

Unter den sonstigen Antworten äußern die Befragten ihre Ängste unter anderem wie folgt:

„Ständig zunehmende Standortnachteile in der Innenstadt (Nebenlage) und Online-Handel“

„Stärkung des "großen" Onlinehandels und die damit verbundene Steuerungerechtigkeit“

„Dass die durch die Lockerung erzielten Umsätze nur die entstandenen Kosten decken sowie dass sie bei einer 3. Welle wieder keine Sofort- oder Überbrückungshilfe erhalten“

„Dass die neue georderte Ware (Saisonware Frühjahr und Sommer) nicht verkauft und nicht bezahlt werden kann“

Roland Reischmann vom Modehaus Reischmann in Ulm berichtete: „Seit der Wiedereröffnung haben wir in unseren Geschäften 30 bis 50 Prozent weniger Kundenfrequenz, und es gibt keinerlei Einkaufstourismus, deshalb ist die Schließung des Handels nicht gerechtfertigt.“

Zu den Inzidenzzahlen, die die Landesregierung in Baden-Württemberg derzeit als Grundlage für Öffnungen im Einzelhandel nimmt, sagte HBW-Präsident Hermann Hutter: „Gibt es einen Infektionsherd im Handel oder nicht, und muss deshalb geschlossen werden, oder nicht. Das sind die entscheidenden Fragen. Und wir können mit Sicherheit sagen: Im Einzelhandel gibt es keine Ansteckungen.“

Als „überfällig und trotzdem überraschend“ bezeichnete HBW-Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Saarland, das die Corona-Verordnung für den Einzelhandel im Saarland gekippt hat.

Gegen den Beschluss will die Landesregierung weder Rechtsmittel einlegen, noch möchte sie die Corona-Verordnung für den Einzelhandel neu formulieren. Ministerpräsident Tobias Hans hat mitgeteilt, dass er es dabei belassen, also den Handel offen lassen wolle und stattdessen mit einer breit angelegten Bürgertestung dafür sorgen möchte, dass „insbesondere die Beschäftigten im Einzelhandel“ besser geschützt sind.

„Diese Begründung ist weit hergeholt, beweist doch das Gutachten der Berufsgenossenschaft Handel und Logistik, dass das Infektionsgeschehen gerade bei Verkäufern im Einzelhandel im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung im gesamten Jahr 2020 unterdurchschnittlich war, obwohl der Lebensmittel- Einzelhandel und die Drogeriemärkte die gesamte Lockdown Zeit über geöffnet und teilweise sogar maskenlos verkauft hatten“, so Hagmann, die mit Auswirkung auf Baden-Württemberg rechnet: „Der Beschluss des OVG könnte auch Beispiel sein für den Verwaltungsgerichtshof Mannheim, bei dem noch Klagen gegen die CoronaVO Baden-Württemberg anhängig sind. Insofern ist das Urteil auch deswegen vergleichbar, da die Corona-Verordnungen für den Einzelhandel in Baden-Württemberg und im Saarland inhaltlich im Wesentlichen übereinstimmen.“

Die Forderungen des HBW seien deshalb:

– „Sofortige Öffnung des Handels und damit Nachvollziehung des Beschlusses des OVG Saarland zur CoronaVO Einzelhandel!“ Hier verwies Hagmann lobend auf den Landrat des Landkreises Calw, Helmut Riegger. Sein Gesundheitsamt bewertet die Inzidenzen Corona-Verordnungs- und RKI-konform danach, ob es sich um ein diffuses oder ein eingrenzbares Infektionsgeschehen handele.

– Weg von einer alleinigen Betrachtung der Inzidenzwerte als Grund für Schließungen, hin zu einer ganzheitlichen Betrachtungsweise unter Berücksichtigung aller relevanten Indikatoren

– Mindestens Anpassung der Inzidenzgrenzen nach oben zum Beispiel von 50 auf 100 und 100 auf 200.

– Bessere Entschädigung des Handels für die Sonderopfer und schnellere Auszahlung der Überbrückungshilfen.

– Eine verlässliche Zukunftsstrategie Reopening für den Einzelhandel und die Innenstädte in Baden-Württemberg.

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