Zur Bewertung eines Maklerbestandes oder eines Versicherungsmaklerunternehmens bestehen leider viele Mythen und Märchen. Die einen sagen, der Unternehmens- oder Bestandswert wäre Wert A mal Wert B – fertig. Kann das sein? Andere sagen, eine Unternehmensbewertung sei völlig subjektiv und daher vollkommen beliebig und bieten aus einem reinen Bauchgefühl heraus einen viel zu geringen Preis als potenzielle Käufer, wollen einen viel zu hohen Preis als Verkäufer und beide Seiten wundern sich, dass sie nie zum Zug kommen, weil die richtige Strategie fehlt.

Wieder andere suggerieren, dass die Unternehmensbewertung in etwa so kompliziert sei, wie Raketenwissenschaften. Sie sind oft selbsternannte „Gutachter“ und zitieren BGH-Urteile, die anscheinend die Systematik einer Bewertung zwingend vorschreiben. Sie reklamieren für sich, dass sie Vertreter der einzig wahren Lehre wären, sehen sich selbst gerne in einem universitären Umfeld der Forschung und Lehre und wollen Ihnen doch nur einen teuren Auftrag aus den Rippen leiern. Makler kaufen dann für teures Geld ein „Wertgutachten“, zahlen zusätzlich viel Geld für Tagessätze sowie für jedes einzelne Telefonat, glauben, sie haben am Ende des Tages ein universell gültiges Preisschild in Händen und das wäre der „Wert“ des Unternehmens oder des Maklerbestandes.

Doch Wert ist nicht gleich Preis. Aber genau das wollen die Marktteilnehmer die ihre Geschäftsmodelle auf den Verkauf von Bewertungen, Gutachten und Broschüren aufbauen, glauben machen. Was man in manchen ihrer Kolumnen liest, lässt einem mit ungläubigem Kopfschütteln zurück.

Doch Schluss mit Mythen und Märchen! Im nachfolgenden Artikel wird Ihnen an einem Praxisbeispiel erläutert, wie die Nachfolgersuche und die Kaufpreisfindung in der Praxis funktioniert. Die geläufigsten Verfahren werden genannt, wobei der Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Definition Unternehmensbewertung 

Die Unternehmensbewertung umfasst unterschiedliche Methoden, um den Wert eines Unternehmens zu bemessen. Abhängig von der Rechtsform, der Branche, der Unternehmensgröße und dem Bewertungsanlass. Anlässe können zum Beispiel sein: Ermittlung des Steuerwerts für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, Berechnung des Zugewinnausgleichs, Berechnung von Pflichtteilsansprüchen, Abfindung ausscheidender Gesellschafter, oder eben Unternehmenstransaktion (M&A) sprich den Verkauf und die Übergabe an einen Nachfolger. In diesem Artikel soll es rein um den letzten Punkt gehen und das Thema Preisfindung beim Verkauf eines Maklerunternehmens oder eines Maklerbestandes beleuchten.

Auch hierfür gibt es verschiedene Bewertungs- und Marktpreisermittlungsverfahren, die teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass es nicht den einen Wert gibt, sondern dass es sich dabei immer um einen Vergleich von Werten handelt. Dass es sich eben nicht um den absolut erzielbaren Preis handelt, sondern eher um einen Preiskorridor.

Methoden der Marktpreisfindung 

„Der Marktpreis oder der erzielbare Preis bestimmt sich durch denjenigen, der bereit ist, den Preis zu bezahlen.“ Sprich, was es dem Käufer im Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage „wert“ ist.

Nehmen wir das Beispiel eines auf die Landwirtschaft spezialisierten Maklers, der sein Maklerunternehmen verkaufen will. Er firmiert als Einzelmakler, hat sein Büro in seinem Haus auf dem Land und beschäftigt neben seiner Ehefrau in der Buchhaltung eine 450 Euro-Kraft als Aushilfe für Datenerfassung, Telefondienst und Marketing-aktionen. Er erzielt einen Gesamtumsatz von 150.000, einen laufenden Courtageumsatz von ca. 100.000 Euro und betreut ca. 1.000 Kunden mit 3.000 Versicherungsverträgen. KFZ-Quote ca. 20%. Die riskierte Provision beträgt 50.000, die Stornoreserven liegen leicht darunter, die Stornoquote liegt unter 1%. Die EÜR weist vor Zinsen und Steuern einen Gewinn von 115.000 Euro aus. Was ist so ein Bestand „wert“?

In unserer Praxis begegnen uns die verschiedensten Bewertungsmethoden. Die abenteuerlichste war ein Bonus- und Malus-System mit willkürlich festgelegten Faktoren, welche Einflüsse (MVP, Durchschnittsalter der Kunden usw.) wertsteigernd und welche wertmindernd seien. Das Ergebnis wurde ermittelt, indem einfach der Jahresumsatz mit dem arithmetischen Mittel der festgelegten Boni und Mali multipliziert wurde. Kaufpreisempfehlung dieses „Gutachtens“ (115.000 Euro x 1,4) 161.000 Euro. Hätten Sie diesen Bestand für den Preis verkauft? Nein? Ich auch nicht!

Eine weitere Ermittlungsmethode, die uns begegnet, ist die Berechnung mittels Courtage-Vielfachen: z.B. Sachcourtage, Leben und KV-Courtage x 2,5 =200.000 + KFZ-Courtage x 1 = 20.000,00: Kaufpreis ca. 220.000 Euro. Courtagevielfache können für eine erste Orientierung durchaus geeignet sein, spiegeln jedoch die Besonderheiten des Bestandes, sein Potenzial und die Positionierung in Zielgruppen nicht ausreichend wider.

Eine weitere Ermittlungsmethode, die uns begegnet, ist das modifizierte Ertragswertverfahren. Im Gegensatz zum einfachen, das eine „ewige Rente“ voraussetzt, projiziert man hier die Erträge der Vergangenheit auf die Zukunft und zinst diese Erträge über einen verkürzten Zeitraum von beispielsweise 5 Jahren auf den heutigen Zeitpunkt mit z.B. 5,5% ab. In unserem Beispiel liegt man mit dieser Methode bei ca. 235.000 Euro.

Die Näherung an eine Kaufpreisermittlung mittels EBIT-Multiples begegnet uns ebenfalls. Hier wird auf verschiedene Fachpublikationen Bezug genommen, die aktuell im Markt verwendete Faktoren aus verschiedenen Wirtschaftsbereichen meistens quartalsweise veröffentlichen (4. Quartal 2020 z.B. zwischen 4,1 und 5,9). Beachten muss man hier jedoch, dass viele Einzelmakler den Gewinn entnehmen und sich kein klassisches Gehalt bezahlen. Es muss für die EBIT-Betrachtung in unserem Beispiel einerseits ein regional vergleichbares Fremdgeschäftsführer-Gehalt berücksichtigt werden, andererseits muss das ausgewiesene EBIT um die Positionen erhöht werden, die mit dem eigentlichen Geschäftsbetrieb nichts zu tun haben. Viele Jahresabschlüsse sind steueroptimiert. An unser eingangs erwähntes Beispiel angepasst, findet sich im Markt oft diese Berechnungsweise mit EBIT-Multiples: Bereinigtes EBIT 120.000 Euro – kalkulatorisches Gehalt eines Fremd-GF in der Region z.B. 60.000 Euro = 60.000 x 4,1 = 246.500 Euro / x 5,9 = 354.000 Euro. Es ergibt sich also ein Preisbereich, der selbst im untersten Bereich noch deutlich über den vorgenannten Ermittlungsmethoden liegt.

Vier verschiedene Methoden, vier verschiedene Werte – welcher stimmt jetzt? Für diese Ergebnisse haben Maklerkollegen in der Vergangenheit mehrere tausend Euro als „Bewertung“ bezahlt. Weil es ihnen vorher als hochkomplizierte Wissenschaft verkauft wurde. Nur dafür können sie sich im wahrsten Sinne des Wortes nichts kaufen oder nichts verkaufen.

Durchsetzbarer Marktpreis 

Es kommt hier auch nicht auf den absoluten Wert aus den Rechenergebnissen an. Es kommt darauf an, einen passenden Käufer für diesen Bestand zu finden, der

  1. zur Kundenzielgruppe bzw. zur angewandten Marktbearbeitungsstrategie passt
  2. den vom Verkäufer mit seinem Berater ermittelte Kaufpreisvorstellung finanzieren bzw. bezahlen kann
  3. eine Möglichkeit sieht, den Bestand oder das Unternehmen sinnvoll zu integrieren und in einem angemessenen Zeitraum einen Return on Invest (ROI) zu erreichen

Bezogen auf unser Beispiel ist es wahrscheinlicher, dass ein Kaufinteressent eher bereit ist, einen im oberen Bereich der Kaufpreisrange angesiedelten Preis zu bezahlen, wenn er ebenfalls auf die Landwirtschaft spezialisiert ist, eine ähnliche Marktbearbeitungsstrategie in einer vergleichbaren Kundenzielgruppe verfolgt und eine Vision hat, ein bisher noch nicht realisiertes Umsatzpotenzial des zu übernehmenden Bestandes bzw. Unternehmens zu heben.

Je mehr Interessenten der Verkäufer hat, die die vorgenannten Determinanten erfüllen, desto einfacher ist es für ihn, seine Kaufpreisvorstellung durchzusetzen. In diesem Fall „bewerben“ sich die Käufer gleichsam um den Bestand bzw. um das Unternehmen. Am Ende des Tages hat der Verkäufer die Qual der Wahl den für ihn am besten geeigneten Nachfolger herauszusuchen.

Um dies zuverlässig für die Verkäufer leisten zu können, ist eine Analyse der möglichen Kaufinteressenten im Vorfeld zwingend nötig. Auch wenn uns zu Beginn unserer Vereinsgeschichte vorgeworfen wurde, wir würden „teure Hürden“ für den Käufer aufbauen, halten wir nach wie vor an der Systematik der Käuferanalyse vor der Präsentation bei einem Verkaufsinteressenten fest. Warum? Weil es sich in inzwischen über sechs Jahren bewährt hat und weil es eine Schutzfunktion sowohl für Käufer und Verkäufer darstellt. Nur so kann das bestmögliche „Matching“ von Verkäufer und Käufer erreicht werden. Wir erinnern uns: das Honorar für die Käuferanalyse wird mit dem Vermittlungshonorar nach Kauf verrechnet.

Fazit 

Glauben Sie nicht alle Märchen, die Ihnen im Themengebiet Bestandskauf und –verkauf erzählt werden. Vergleichen Sie selbst und suchen Sie sich den Berater aus, der Ihre Ansprüche aus Ihrer Sicht am besten erfüllt.

Durch die hier vorgestellte Systematik hat der Käufer die Möglichkeit, ein Unternehmen oder einen Bestand zu kaufen, der zu ihm passt, den er in sein Unternehmen ertragreich integrieren und dadurch eine möglichst kurze Amortisationszeit erreichen kann. Der Verkäufer hat die Möglichkeit, mehrere Käufer zur Auswahl präsentiert zu bekommen, die die Kunden in seinem Sinne weiterbetreuen und die bereit und in der Lage sind, einen Kaufpreis im oberen Bereich des Korridors zu bezahlen.

Makler, die sich für diese Vorgehensweise interessieren, können sich kostenfrei und unverbindlich beim Autor dieses Artikels informieren. Keine Sorge, wir verlangen nicht für jedes Telefonat teure Stundenhonorare.

Über den Autor

Oliver Petersen, Jahrgang 1966, war viele Jahre erfolgreich in verschiedenen Führungsposition großer Finanzdienstleister tätig und entschied sich 2005 Petersen Consulting als eine spezialisierte Beratungsgesellschaft für die Finanz- und Versicherungsbranche zu gründen. Er ist erfahrener Partner in der Vorbereitung und Durchführung von M&A-Prozessen, der Marktpreisfindung und der Nachfolgeplanung und -regelung insbesondere bei Finanz- oder Versicherungsmaklergesellschaften bzw. deren Kunden- und Vertragsbeständen und bringt als Berater und erfahrener Partner seine Mandanten sicher zu ihren Projektzielen. Als Versicherungsfachwirt, Unternehmensberater und Vorstandsmitglied des Makler-Nachfolger-Club e.V. steht er Versicherungsmaklern, die ihre Nachfolge jetzt oder später planen, für ein kostenfreies und unverbindliches Informationsgespräch zur Verfügung. Zu erreichen ist er per Email unter petersen@makler-nachfolger-club.de oder telefonisch unter 0711/6567487.

Über den Makler Nachfolger Club e.V.

Der ersten deutschen Makler Nachfolger Club e.V. (Vorstände: Thomas Suchoweew und Oliver Petersen) hat sich darauf spezialisiert Maklern und Unternehmen auf die Übergabe ihres Bestands vorzubereiten. Dazu bringt der Verein Maklerunternehmen mit den passenden Nachfolgerkandidaten oder potenziellen Kaufinteressenten zusammen. Mit einem bundesweiten Nachfolger-Poll von über 1.000 Kandidaten ist der Verein in der Lage den optimalen Nachfolger zu vermitteln. Zu den Zielen des Makler-Nachfolger-Clubs gehören die Sicherstellung eines nachhaltigen Generationenwechsels, und damit des aufgebauten Lebenswerks sowie eine nachhaltige Betreuung der Kundenbestände. Dazu kommt auch die Erzielung eines optimalen Verkaufspreises, allerdings immer mit dem Ziel, einen würdigen Nachfolger zu finden, der den Unternehmenswert zu schätzen weiß. Mit dieser Arbeit leistet der Makler-Nachfolger-Club sowohl einen Beitrag zur Sicherstellung persönlich erarbeiteter Assets Werte als auch zur Fortführung wirtschaftlich gesunder Unternehmen.

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