Die Bundesregierung schreibt: „Patienten, die medizinisches Cannabis verschrieben bekommen, können grundsätzlich am Straßenverkehr teilnehmen, sofern die behandelte Krankheit an sich nicht die Fahrtauglichkeit einschränkt oder ein Missbrauch des Medikaments bzw. eine Nutzung von illegalem Cannabis vorliegt“.
Auf eine Kleine Anfrage teilte die Bundesregierung mit, dass „Cannabispatientinnen und -patienten […] keine Sanktionierung gemäß § 24a Absatz 2 StVG [droht], wenn Cannabis aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt“.
Nach einer ärztlich begleiteten Eingewöhnungsphase entwickeln Patienten eine ausreichende Toleranz gegen die Nebenwirkungen. Die Fahrtüchtigkeit ist danach nicht mehr eingeschränkt. In keinem Fall kommt es bei Erteilung eines Cannabisrezeptes – egal ob privat oder auf Kosten der Krankenkasse – zu einer automatischen Information an die Führerscheinstelle oder Polizeibehörden.
Das klingt gut!
Die Praxis sieht anders aus. Viele Betroffene erleben Unverständnis durch Polizeibeamte. Es gibt in den Bundesländern Unterschiede im polizeilichen Umgang mit Cannabispatienten.
Häufig kommt es zu zwangsweisen Blutentnahmen, teilweise auch zu Bußgeldbescheiden. Die Polizei meldet Patienten weiterhin an die Führerscheinstellen.
Was tun?
Patienten sollten mit ihrem behandelnden Arzt darüber sprechen, ob und unter welchen Bedingungen sie ein Kraftfahrzeug oder andere schwere Maschinen bedienen dürfen.
Die Frage nach der Fahrtüchtigkeit wird im Einzelfall entschieden. Wenn der Arzt der Meinung ist, dass der Patient nach einer gewissen Eingewöhnungszeit keine Ausfallerscheinungen hat und sich an die Weisungen des Arztes hält, darf dieser sich hinter das Steuer setzen. Im Idealfall besorgt sich der Cannabispatient durch einen externen Gutachter eine gesonderte Bestätigung der Fahreignung. Evtl. kann eine THC Konzentration des Cannabispatienten im Blut notiert werden. Das ist möglicherweise bei evtl. Blutentnahmen durch Verkehrskontrollen hilfreich.
Nachweiße mitführen!
Es ist empfehlenswert, eine Kopie des aktuellen Rezepts, einen Arztbrief und ggf. das Gutachten mit sich zu führen, damit sich Cannabispatienten im Falle einer Personenkontrolle gegenüber der Polizei ausweisen können.
Der Patient hat sich dabei eigenverantwortlich auf seine Fahrtauglichkeit hin zu prüfen. Das heißt, eine Pause zwischen der Medikamenteneinnahme und Fahren einhalten.
Was tun bei einer Polizei Kontrolle?
Bei einer polizeilichen Kontrolle müssen Angaben zu Vor- und Nachnamen, Geburtstag, Geburtsort und der aktuellen Meldeadresse gemacht werden. Weitere Informationen werden für eine Identifizierung nicht benötigt, daher sollten weitere Aussagen erstmal nur auf Nachfrage erfolgen.
Darf die Polizei einen Bluttest durchführen?
Im Bußgeldkatalog ist nachzulesen: „Jein, die Polizei darf unter bestimmten Voraussetzungen die Entnahme einer Blutprobe anordnen. Durchführen darf das aber nur ein Arzt.
Hier stellt sich die Frage: was versteht man hier "unter bestimmten Voraussetzungen"? Bei Auffälligkeiten? Wo sind diese "bestimmten Voraussetzungen" genau beschrieben?
Wann dürfen Polizisten eine Blutprobe anordnen?
In der Regel, wenn Polizisten bei einer Verkehrskontrolle den Verdacht einer rauschbedingten Verkehrsstraftat hegen. Dann dürfen sie nach § 81a Abs. 2 Satz 2 StPO einen Bluttest verlangen.
Was passiert, wenn sich der Betroffene gegen die Blutentnahme wehrt?
Betroffene müssen diese Maßnahme dulden und dürfen keinen Widerstand leisten. Anderenfalls laufen sie Gefahr, sich wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB strafbar zu machen.
Weiterhin führt das Bußgeldkatalog aus:
„Alkohol- oder Drogenfahrten gehen immer mit einer hohen Gefährdung der eigenen Person, aber auch anderer Verkehrsteilnehmer einher“.
Die Frage ist, ob bei einem Cannabispatienten, der verkehrssicher ein Fahrzeug fährt, eine Blutentnahme zulässig ist. Denn, der Patient ist nicht berauscht und hat keine Straftat begangen. CAPA e.V. hat auf diese Frage keine zuverlässigen Informationen gefunden.
MPU – Bußgelder
Betroffene, die trotz Rezept, Arztbrief und ordnungsgemäßer Einnahme ein Bußgeld oder eine MPU-Aufforderung wegen Fahren unter Cannabiseinfluss bekommen, sollen spätestens jetzt eine Rechtsberatung suchen. Hier wird einem Patienten etwas angelastet und er geht in die Pflicht, nachweißen zu müssen das er in der Lage ist ein Fahrzeug zu führen.
MPU Fragestellung
Bei der MPU geht es um die Frage, ob der Betroffene seine Fahrt unter dem Einfluss von Cannabis künftig wiederholt. Wer Cannabis verordnet bekommen hat, wird dieses wohl auch konsumieren und weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen.
Die übliche Fragestellung (siehe oben) ist also, schlichtweg ungeeignet die aufgrund des Konsums von Cannabis bestehenden Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde auszuräumen. Der Gutachter kann die Frage einfach nicht im Sinne des Fahrerlaubnisinhabers beantworten. Das Bestehen der MPU (bei dieser Fragestellung) ist nicht möglich.
MPU – möglich mit modifizierter Fragestellung!
Die Problematik zwischen den üblichen Fragestellungen im Rahmen von MPU-Gutachten und der medizinisch verordneten Einnahme von Betäubungsmitteln (somit auch Cannabis) ist nicht neu.
Bereits im Merkblatt des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom November 2015 (Drogen als Medikament – Hinweise für die Beurteilung der Fahreignung) heißt es unter Punkt 4.:
„Bestehen Zweifel an der Fahreignung von Patienten unter Dauermedikation, müssen diese mit einem ärztlichen Gutachten und einer Überprüfung der psychophysischen Leistungsfähigkeit ausgeräumt werden.
Die Fragestellung könnte beispielsweise lauten: „Ist die Kraftfahreignung trotz der bekannten Erkrankung und der damit in Verbindung stehenden Dauermedikation (Name des „Medikaments“ ggf. „Medizinal-Cannabisblüten“) gegeben?“
Die oben dargestellte Fragestellung unterscheidet sich deutlich von der zuerst genannten. Nur eine solche, modifizierte Fragestellung trägt dem Umstand Rechnung, dass Cannabis aus medizinischen Gründen konsumiert wird.
Die Fahrerlaubnisbehörde hat zunächst den Grund für die Verordnung – die sogenannte Grunderkrankung – zu ermitteln und auf fahrerlaubnisrechtliche Relevanz zu prüfen. Dies kann oftmals bereits durch die Vorlage von Attesten geschehen. Anschließend ist festzustellen, ob die dauerhafte Einnahme von medizinischem Cannabis die Leistungsfähigkeit des Fahrerlaubnisinhabers und damit die Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen negativ beeinflusst.
Die angepasste Fragestellung ist kein Garant dafür, dass die Fahrerlaubnis zwingend verbleibt. Es besteht so jedenfalls eine reelle Chance, dass der Gutachter zu einem für den Fahrerlaubnisinhaber positiven Ergebnis kommt.
Rechtsfolgen bei unpassender Gutachtensaufforderung
Fordert die Fahrerlaubnisbehörde einen Cannabispatienten zur Beibringung einer MPU auf und verwendet die „Standardfragestellung“, so ist diese Aufforderung ungeeignet, die Eignungszweifel zu klären.
Legt der Fahrerlaubnisinhaber hieraufhin keine MPU vor und entzieht die Behörde daraufhin den Führerschein, so ist einem Rechtsbehelf hiergegen – jedenfalls nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Würzburg (Beschluss v. 26.04.2019; Az. W 6 S 19.353) – aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
CAPA e.V. empfiehlt:
– Führen Sie die nötigen Dokumente bei sich (Arzt Brief, Patientenausweis, Nachweis über die Fahrtüchtigkeit unter der Medikation…)
– Prüfen Sie vor jeder Fahrt ob Sie in der Lage sind das Fahrzeug zu fahren. Steigen Sie nicht unmittelbar nach der Medikamenteneinnahme in das Auto
– Sollten Sie von der Polizei angehalten werden und die Blutabnahme sollte vorgenommen werden, ist es erlaubt zu fragen auf welche Rechtsgrundlage die Blutabnahmen nötig ist
– Werden Sie zur MPU aufgefordert, achten Sie auf die Fragestellung und fordern Sie die Änderung der Frage
– Schicken Sie gleichzeitig alle Dokumente die nachweisen können das Sie in der Lage sind das Fahrzeug zu führen und fragen Sie die Behörde nach welcher Rechtgrundlage Sie die MPU machen müssen. Die Prüfstelle muss sich dann erklären
– Sie haben immer die Möglichkeit einen Widerspruch zu schreiben
Gute Vorbereitung ist hier die halbe Miete.
CAPA Cannabis Patientenverein e.V. wurde im Juni 2020 gegründet.
Die Organisation bietet Schulungen zum Thema medizinal Cannabis und Heilkunde. Beratungen zu verschiedenen Themen sowie Workshops finden statt. Die Angebote richten sich an Patienten, Angehörige der Heilberufe und Interessierte. Darüber hinaus versteht sich der Verein als eine Begegnungsstätte für den gemeinsamen Austausch und gemeinsame Aktivitäten. CAPA Cannabis Patienten e.V. hilft den Betroffenen die richtigen Informationen und passende Personen zu finden.
Der Verein hat seine Räumlichkeiten in der Weißenburger Straße 29, im Berlin-Spandau.
CAPA Cannabis Patientenverein e.V.
Weißenburger Straße 29
13595 Berlin
Telefon: +49 (30) 552 400 18
http://www.capa-verein.de
Telefon: +49 (176) 6270-1429
E-Mail: info@capa-verein.de