Ich möchte mit meinen Bildern Betrachter erreichen, die thematisch und geografisch oftmals weit vom Motiv entfernt sind. Dafür muss ich die Geschichten selbst erleben. Dieses Bild ist 2016 in Libyen während der Schlacht von Sirte entstanden, als die aus Misrata stammenden Truppen gegen die IS-Dschihadisten kämpften. Knapp vier Monate lang begleitete ich die Armee von Misrata und war ganz vorne mit dabei. Ich schlief und aß bei ihnen, ich rannte und floh mit ihnen vor der Gefahr.

Woche für Woche schritten wir voran, und irgendwann waren die Dschihadisten von allen Seiten umzingelt. Mit jedem Vorstoß nahmen wir neue Positionen ein und ließen uns in den Gebäuden, die die IS-Miliz vorher besetzt hatte, nieder. Manchmal waren diese voller Sprengstoffe und Fallen; auch in Spielzeugen hatten sie Fallen versteckt. Eines Tages wanderte ich im Camp umher und entdeckte einen Stoffbären auf einem Panzer. Dieser extreme Gegensatz stach natürlich sofort ins Auge. Doch in diesem Moment erkannte ich, dass die Soldaten nach Menschlichkeit gestrebt hatten – etwas, das uns der Krieg oftmals verwehren will. Als Fotoreporter muss man sich auch mit den eigenen Gefühlen und persönlichen Gedanken befassen. Die Dokumentation eines historischen Ereignisses gehört zum Beruf, doch oftmals fotografiert man auch Dinge, die man nur für sich behält. Wie dieses Foto hier.

The Tenderness of the World Deserves Witnesses

Fotografie dient als Zeitzeugnis, nicht als Urteil.

Gabriele Micalizzi
Ich bin Fotoreporter. Mein Lehrer Alex Majoli ermutigte mich dazu, Geschichten zu erzählen, und so begann ich, von der unbequemen Wirklichkeit zu berichten. Anfangs waren das die Mailänder Verbrechen: Ich fuhr mit meinem Roller zu den Tatorten, machte Bilder und schickte diese an die Redaktionsteams für ihre tägliche Berichterstattung. 

Im Jahr 2008 gründete ich gemeinsam mit anderen Fotografen das Kollektiv Cesura. Ich begann in Kriegsgebieten zu arbeiten und legte schlussendlich meinen beruflichen Fokus darauf.

LEICA: NAHEZU UNZERSTÖRBAR

Ich wollte immer eine Kamera, die nahezu unzerstörbar ist, so wie die der berühmten Journalisten… Ich arbeite mit den Kameras Leica Q2 und Leica SL2, sowie mit den Objektiven Leica APO-Summicron-SL 1:2/35 ASPH. und Leica Vario-Elmarit-SL 1:2.8-4/24-90 ASPH.. 2019 wurde ich in Baghuz, Syrien, von einer Panzerfaust getroffen. Überall waren Granatsplitter, die Lage war wirklich kritisch. Ich berührte mein rechtes Auge und spürte, wie der Finger in den Hohlraum einsank. Ich dachte, ich hätte mein Augenlicht komplett verloren. Offensichtlich hatte aber die Leica im Moment der Explosion meine Augen geschützt.

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