Anfang 2020 herrschten am Milchmarkt zunächst feste Tendenzen mit anziehenden Preisen, die Aussichten waren gut. Bereits im März begann sich die weltweite Ausbreitung der Corona-Pandemie auf den Milchmarkt auszuwirken, die Preise für Milchprodukte brachen ein. „Trotz schneller Erholung wurde das Niveau vom Jahresanfang jedoch nicht wieder erreicht“, wie Peter Stahl, Vorsitzender des Milchindustrie-Verbandes im Rahmen eines digitalen Pressegespräches erläuterte und ergänzt: „Corona war die eine große Herausforderung 2020. Die Vorbereitungen auf den Brexit waren die Zweite große Aufgabe für die Branche. Ich denke, in beiden Bereichen ist die Milchwirtschaft ihrer Verantwortung gerecht geworden und wird auch im Jahr 2021 für die Ernährungssicherung der Bevölkerung und einen fairen Umgang zwischen den Wirtschaftsbeteiligten einstehen“.

Das Milchaufkommen in Deutschland ist 2020 im Tagesdurchschnitt mit 0,3 Prozent geringfügig gestiegen. Bis einschließlich Juli 2020 lag das Milchaufkommen in Deutschland leicht über dem Vorjahr, bevor es in der zweiten Jahreshälfte fast durchgängig unter die Vorjahreslinie rutschte.

Die Corona-Pandemie hat den Konsum von Milchprodukten und Lebensmitteln in Deutschland verändert. Aufgrund der vorgegebenen Corona-Maßnahmen kam es über längere Zeiträume zu starken Einschränkungen und Schließungen von Restaurants, Hotels etc. Als Konsequenz ging der Absatz von Mahlzeiten über den Food-Service mit entsprechenden Auswirkungen auf die liefernden Molkereien. Die verstärkte Anwendung von Kurzarbeit und Homeoffice haben wiederum dazu geführt, dass mehr Lebensmittel und Milchprodukte im LEH eingekauft und zu Hause konsumiert wurden. So kam es im Vorfeld des ersten Lockdowns ab Mitte März zu extremen Hamsterkäufen von haltbaren Lebensmitteln wie z. B. H-Milch. Trinkmilch wurde zum Symbol eines für den Verbraucher wichtigen Lebensmittels, völlig entgegengesetzt zum Trend der letzten Jahre. Mit Beginn des zweiten Lockdowns hatten viele Verbraucher dagegen gelernt, dass die Regale nicht so schnell leer und wieder nachgefüllt werden. Insgesamt sind die Absätze im deutschen LEH nicht nur für Trinkmilch, sondern auch für Sahne, Joghurt, Quark, Käse, Butter und Mischstreichfetten deutlich höher ausgefallen als im Vorjahr.

Die Exporte von Milchprodukten aus Deutschland haben sich 2020 in Summe weitgehend stabil entwickelt, trotz der europa- und weltweit negativen Effekte der Corona-Pandemie. Das Tourismusgeschäft ist vielerorts eingebrochen, was sich beispielsweise in den verringerten Käse-Importen Italiens und Spaniens widerspiegelt. Dennoch konnte Deutschland insgesamt mehr Käse exportieren als im Vorjahreszeitraum. Auch die Exporte von Butter und Molkenpulver waren in den ersten drei Quartalen von 2020 höher sowohl aus Deutschland als auch aus der EU. Zum Jahreswechsel stellte sich die Marktsituation an den Spotmärkten ebenfalls stabil dar.

Die Milcherzeugerpreise haben 2020 in den meisten Regionen im Vergleich zum Vorjahr leicht nachgegeben. Für 2020 wird daher für Deutschland ein Preis von etwa einem Cent unter dem Erzeugerpreis von 33,70 Cent/ Kilogramm Rohmilch (4 Prozent Fett, 3,4 Prozent Eiweiß) in 2019 erwartet. Klar ist, dies entspricht nicht dem gesteckten Ziel. Angesichts der zum Teil in anderen Bereichen feststellbaren enormen Verwerfungen, weist ein solches Ergebnis jedoch durchaus auf eine solide und erfolgreiche Milchvermarktung in einem schwierigen Marktumfeld hin.

Der Brexit ist vollbracht, die Anwendung von Zöllen konnte verhindert werden, das ist gut. Jedoch kommen der zusätzliche Aufwand und die Kosten für die Grenzabwicklung für die Molkereien hinzu, der in der Vergangenheit beim Handel mit UK nicht anfiel. Unter logistischen Aspekten ist der Handel mit UK zum Jahreswechsel unauffällig gewesen. Das lag aber nicht zuletzt daran, dass Unternehmen Ware vorausschauend nach UK exportiert haben, die Läger dort sind gut gefüllt und die Warenströme um den Jahreswechsel sind immer ruhig und weit entfernt vom Normalniveau. Einige Kunden in UK scheinen wiederum überrascht, dass der bequeme Binnenmarkt jetzt vorbei ist, Zusatzaufwand und neue Bedingungen im Handel gelten. „Sollte es zu den befürchteten langen Wartezeiten kommen, wird die Herausforderung nicht zuletzt für die Molkereien sein, die richtigen Routen und Spediteure zu finden, die Transporte nach UK durchführen – unabhängig von der Situation um Corona und den Grenzverkehr“, stellt Peter Stahl heraus.

Eine Herausforderung dürfte 2021 für Europa daher die Umsetzung des Brexits darstellen – der EU-Binnenmarkt wird kleiner und der Weltmarkt größer. Das Wachstum des Weltmilchmarktes hinsichtlich Erzeugung und Verbrauch wird sich 2021 weiter fortsetzen. „Das vergangene Jahr hat gezeigt, dass trotz Einschränkungen für den Außer-Haus-Konsum, Tourismus und weltweit schwieriger wirtschaftlicher Ausgangslage durch die Corona-Pandemie, die Nachfrage nach Milch und Milchprodukten vergleichsweise robust ist. Vor diesem Hintergrund könnte 2021 – bei aller Vorsicht – ein besseres und gutes milchwirtschaftliches Jahr werden“ stellt der Vorsitzende des MIV fest.

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