CO2-Bilanz als Maßstab für die Zukunft – unter diesem Motto fand am 18. Januar der JunglandwirtInnenkongress 2021 im Rahmen der Internationalen Grünen Woche statt. Der Bund der Deutschen Landjugend e.V. (BDL) hatte gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband (DBV) eingeladen. Das Interesse an der virtuellen Veranstaltung war groß. Etwa 75 Interessierte hatten sich eingeloggt, um den Referierenden aus Politik, Wissenschaft und Weinbau mit interessanten Fragen auf den Zahn zu fühlen. Es wurde kontrovers diskutiert: von Ökolandbau über erneuerbare Energien bis hin zu klimaneutralem Weinbau und Klimaschutz an Moorstandorten.

Die BDL-Bundesvorsitzende Kathrin Muus eröffnet den Kongress: „Es gibt zahlreiche Meinungen zu Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft, die sich teilweise gegenüberstehen oder ergänzen. Wir wollen diskutieren: Was müssen wir ändern? Was machen wir aber schon ganz gut? Welche Rolle spielt Technik und welche politischen Rahmenbedingungen müssen gesetzt werden?“ Nach den Einstiegfragen richtet sie sich in einem gemeinsamen Grußwort mit DBV-Vizepräsident Werner Schwarz an das Publikum.

Den thematischen Einstieg übernimmt Bernhard Osterburg. Der Leiter der Stabstelle Klima und Boden beim Thünen-Institut geht aus wissenschaftlicher Sicht auf die „Klimapolitischen Herausforderungen für die Landwirtschaft“ ein. Seine Betrachtungsweise ist kritisch: Landwirtschaft sei in eine komplexe Wertschöpfungskette eingelagert. Und auch wenn große Lücken zwischen Klimaschutzzielen und Status quo in der Landwirtschaft bestehen, sei eine Quantifizierung schwierig.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von der stellv. BDL-Bundesvorsitzenden Mara Walz moderiert wird, greift Bernhard Osterburg weiter vor: Es gebe keine einzelne Gesamtlösung im Klimaschutz. Vielmehr zeichne sich guter Klimaschutz dadurch aus, dass alle Bausteine und Bereiche sinnvoll miteinander kombiniert werden.  „Wenn wir beispielsweise immer mehr Bioenergielösungen anstreben, kommen wir irgendwann in Erklärungsnöte, wie wir die Ernährung sicherstellen wollen. Es braucht das richtige Maß und die richtige Strategie.“

Auf dem virtuellen Podium haben auch die Bundestagsabgeordneten Susanne Mittag (SPD) und Artur Auernhammer (CSU) sowie der Winzer Andreas Hormuth Platz genommen. Das Familienweingut des Winzers aus St. Martin in der Pfalz arbeitet seit fünf Jahren klimaneutral und erzeugt lediglich ein Drittel der Emissionen pro Flasche Wein wie der deutsche Durchschnitt. „Ich möchte die Emissionen noch weiter senken. Vor allem aber möchte ich meine Kunden mit einbinden. Denn das ist für die Vermarktung und das Betriebsergebnis entscheidend“, stellt er klar.

Nach der Pflicht von LandwirtInnen im Klimaschutz gefragt, antwortet der Winzer: „Wir müssen ein Vorbild sein. Wir dürfen nicht nur über den Klimawandel schimpfen, sondern müssen etwas dagegen tun.“ Die Abgeordnete Susanne Mittag unterstreicht diese Aussage und appelliert an die einzelnen Betriebe, selbst aktiv zu werden „Es gibt eine riesige Bandbreite an Möglichkeiten in jedem Bereich und jedes Jahr kommen neue Erkenntnisse dazu. Das wollen wir weiterhin mit Projektmitteln und Umstellungsmöglichkeiten unterstützen. Jeder Betrieb muss sich selbst überlegen, wo etwas verbessert werden kann und in welchem Rahmen Unterstützung möglich ist.“ Zugleich weist die Parlamentarierin darauf hin, dass beim Klimaschutz die Zeit davonläuft. Man könne kein Zehn-Jahres-Projekt machen und erst im neunten Jahr damit anfangen. „Das geht nicht mehr. Dafür ist es zu spät“, mahnt sie.

Auf die Publikumsfrage, ob sich Klimaschutz in Deutschland überhaupt lohne, wenn große Länder wie Kanada weniger Aufwand betreiben, antwortet Susanne Mittag, dass Deutschland vor allem eine Vorbildfunktion hat, um beispielsweise Technologien zu entwickeln, die nicht nur hier, sondern global genutzt werden können. Auch Bernhard Osterburg sieht den internationalen Austausch als essentiell, um Lösungsansätze und Ideen global miteinander zu verknüpfen. Die Rolle von Deutschland ist seiner Meinung nach keine reine Vorbildfunktion, es kann auch viel von anderen gelernt werden.

Der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer schließt sich dem an: „Internationaler Austausch ist wichtig. Vor allem die internationale Zusammenarbeit. Aber Landwirte und Landwirtinnen müssen auch eine Option für ihre eigenen Betriebe haben. Klimaschutzlösungen müssen ihnen eine Einkommensmöglichkeiten bieten.“ Das Problematische daran sei, dass sich die CO2-Einsparung in der Landwirtschaft nicht quantifizieren lasse. Da müsse ein System entwickelt werden, „das Klimaschutzleistungen der Landwirtschaft entsprechend honoriert“, so der Politiker.

Die Beteiligten hätten noch lange weiterdiskutieren können. Längst konnten nicht alle Fragen aus dem Publikum beantwortet werden. Bei allen Unterschieden in der Debatte hat der JunglandwirtInnenkongress eins sehr deutlich gezeigt hat: Klimaschutz in der Landwirtschaft ist unabdingbar. Keine Emission ist zu klein, um sie auf den Prüfstand zu stellen. Jeder Betrieb kann da einen Beitrag leisten. Oder wie der Experte aus dem Thünen-Institut sagt: „Es ist besser, sich selbst in die Karten zu schauen, bevor es andere tun. Und dann innovativ sein, selber was ausprobieren“. Es gebe keine optimale Lösung von der Stange. Nicht nur deshalb fordert der BDL eine verpflichtende Klimaberatung für landwirtschaftliche Unternehmen. Allerdings sei Klimaschutz viel mehr als das. Er betreffe alle Sektoren und sei eine gesamtgesellschaftliche Frage, so BDL-Vize Stefan Schmidt in seinem Schlusswort.

Über Bund der Deutschen Landjugend (BDL)

Der größte Jugendverband im ländlichen Raum macht sich für junge Menschen auf dem Land stark. Er vertritt ihre politischen Interessen und will vor allem eins: ihre Lebens- und Bleibeperspektiven in ihrer ländlichen Heimat verbessern. In seinen 18 Landesverbänden gestalten rund 100.000 ehrenamtlich Aktive das Leben vor Ort. Der BDL wird von den beiden Bundesvorsitzenden Kathrin Muus und Jan Hägerling geführt.

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