Der aktuell vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgelegte Entwurf für ein neues Tierschutzgesetz (Bereich Tierversuche) wird nach Aussage des Vereins Ärzte gegen Tierversuche dem vom BMEL selbst oft propagierten Ziel, Tierversuche zumindest reduzieren zu wollen, in keinster Weise gerecht. Die darin enthaltenen minimalen Änderungen erfolgten nur auf Druck der EU und mögliche Spielräume zugunsten der Tiere wurden nicht genutzt, kritisiert der Verein.

Die Änderungen in dem Regelwerk betreffen nur den Bereich Tierversuche. Neuerungen etwa sind, dass Tierversuche zur Aus-, Fort- und Weiterbildung, die entgegen der EU-Vorgabe in Deutschland bisher nur einem Anzeigeverfahren unterliegen, also der Behörde nur mitgeteilt werden mussten, zukünftig genehmigungspflichtig sind. Andere Tierversuche, die bisher nur angezeigt werden mussten, wie z. B. gesetzlich vorgeschriebene Versuchsvorhaben im Rahmen der Arzneimittelzulassung, unterliegen zukünftig einem vereinfachten Genehmigungsverfahren, also einer potenziell stärkeren Prüfmöglichkeit durch die Behörde.

Weiter wird geregelt, dass die Prüfung durch die zuständige Behörde „mit der Detailliertheit erfolgt, die der Art des Versuchsvorhabens angemessen ist“. Bislang musste ein Versuch nämlich genehmigt werden, wenn der Wissenschaftler nur einfach begründet darlegt, dass der Versuch unerlässlich ist. Während demnach bis dato ein Versuch genehmigt werden musste, wenn alle Formalitäten erfüllt waren, darf die Behörde nun selbst prüfen. Diese bisher extreme Einschränkung der behördlichen Prüfbefugnis im deutschen Recht hatte die EU besonders scharf kritisiert.

Die Kontrolle von Tierversuchs-Einrichtungen soll künftig zu einem „angemessenen Teil“ ohne Vorankündigung erfolgen und die Unabhängigkeit der Tierschutzbeauftragten in den Forschungseinrichtungen gestärkt werden.

Die verschärfte Prüfbefugnis durch die Behörden, ist zu begrüßen. Ansonsten sind die Verbesserungen im Sinne des Tierschutzes eher minimal. Und sie wurden nicht auf Eigeninitiative des BMEL in die Wege geleitet, sondern erfolgten nur auf vehementen Druck der EU-Kommission. Diese hatte Deutschland auferlegt, eine lange Mängelliste abzuarbeiten. Die EU-Richtlinie hätte bereits 2012 in deutsches Recht überführt werden müssen. Die Bundesregierung hatte sich aber ein Jahr länger Zeit gelassen und sich zudem der Pro-Tierversuchs-Lobby gebeugt und an zahlreichen Stellen Erleichterungen für Experimentatoren und Verschlechterungen für die Tiere eingebaut. Die Europäische Kommission hatte dann 2019 aufgrund der fehlerhaften Umsetzung ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet und entsprechende Korrekturen gefordert.
Mit der nun vorgelegten Gesetzesänderung soll dieser Aufforderung nachgekommen werden – mit 8 Jahren Verspätung.

Ärzte gegen Tierversuche fordert eine erneute Überarbeitung des Tierschutzgesetzes, sodass nicht nur die minimalsten Mängel entsprechend des Vertragsverletzungsverfahrens beseitigt werden. Auch die in der EU-Tierversuchsrichtlinie festgelegte Schmerz-Leidens-Obergrenze, ab der ein Tierversuch nicht genehmigt werden darf, sollte in deutsches Recht übernommen werden, nicht zuletzt, um damit dem Staatsziel Tierschutz gerecht zu werden.

Weitere Information
Bundestagspetition zu Verstößen Deutschlands gegen die EU-Tierversuchsrichtlinie >>

Über den Ärzte gegen Tierversuche e.V.

Die Vereinigung Ärzte gegen Tierversuche e.V. besteht seit 1979 und ist ein bundesweiter Zusammenschluss aus Ärzten, Tierärzten und Naturwissenschaftlern, die Tierversuche aus ethischen und wissenschaftlichen Gründen ablehnen. Der Verein engagiert sich für eine moderne, humane Medizin und Wissenschaft ohne Tierversuche, die sich am Menschen orientiert und bei der Ursachenforschung und Vorbeugung von Krankheiten sowie der Einsatz von modernen Forschungsmethoden z.B. mit menschlichen Zellkulturen und Organchips im Vordergrund stehen.

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