Wie vieles in diesem Jahr musste auch der größte Brandschutzkongress im Osten Deutschlands in den virtuellen Raum weichen. Die Traditionsveranstaltung für Fachplaner und Sachverständige wurde aber auch online zu einem lebendigen Kongress der Brandschutzbranche. Ein abwechslungsreiches und fachlich anspruchsvolles Tagungsprogramm, begleitet von einer fachlich fundierten und souveränen Moderation von Prof. Gerd Geburtig sowie interessante Diskussionen und ein lebhafter Meinungsaustausch zwischen Teilnehmern und Referenten machten die Tagung zu einem vollen Erfolg.

Die Brandschutzkette reißt am schwächsten Glied
In einem mitreißenden Eröffnungsvortrag appellierte Josef Mayr an die frühzeitige Einbindung des Brandschutzes und die Bedeutung der Detailplanung – und das wie immer an vielen konkreten Beispielen. Nur so lassen sich Ausführungsfehler vermindern und explodierende Kosten verhindern.

Die Richtlinienreihe VDI 6010
Durchgängige Prozesse und damit ein Nutzen für alle – das ist das Ziel der nun endlich vollständigen Richtlinienreihe VDI 6010. Jörg Balow – Vorsitzender des Richtlinienausschusses – erläuterte anschaulich den Weg durch die Normenreihe für Planer, Ausführende und Prüfer – damit am Ende die Gesamtfunktionalität der technischen Anlagen erreicht wird.

Kann man Personen im Brandfall situativ steuern und lenken?
DoorHalo – HaloSign – RASC – das sind Komponenten des von Devrim Yilmaz entwickelten und erstmals in der Sparkassenarena Kiel eingesetzten innovatives Rettungswegleitsystem. Er übersetzte sein Wissen als Brandschutzsachverständiger in Technologie und zeigte auf, welche weiteren Bausteine in der Digitalisierung des Brandschutzes noch denkbar sind.

Die neue Holzbau-Richtlinie ist eine echte Chance
Prof. Kampmeier von der Hochschule Magdeburg-Stendal stellte in seinem Vortrag die Ergebnisse aktueller Forschungsarbeiten vor, mit denen weitere Erleichterungen für den Holzbau möglich sind. Anhand vieler Details erläuterte er Lösungen für die Holztafelbauweise und Empfehlungen für Holzfassaden und Anschlussdetails. Auch wenn die neue Holzbau-Richtlinie nur eine Zwischenstand ist, zeigt sie einen gangbaren und technisch sicheren Weg für den verstärkten Einsatz dieses ökologischen Baustoffs auf.

Bauen ohne materielle Anforderung
Sicherlich einen der interessantesten und meist diskutierten Vorträge hielt Lena Buch – Absolventin des EIPOS-Masterstudiengangs Vorbeugender Brandschutz. Sie analysierte die unterschiedlichen Brandschutzanforderungen in den Landesbauordnungen und schlug eine neue MBO vor, in der nur noch die allgemein formulierten Schutzziele formuliert sind. Die materiellen Brandschutzanforderungen sollten in einer Technischen Regel beschrieben werden – ein Schritt zur Harmonisierung des Brandschutzes in Deutschland.

Im Anschluss diskutierten Prof. Sylvia Heilmann und Erhard Arnhold – beide Prüfingenieure für Brandschutz – sehr kontrovers über dieses Thema. Wer sollte über Festlegungen entscheiden– Sachverständige oder das gewählte Parlament? Wie kann dieser Ansatz weiter qualifiziert werden? Welche Fachgremien sind dabei einzubeziehen? Der Koordinierungsausschuss Brandschutz im BVPI  – Bundesvereinigung der Prüfingenieure für Bautechnik e.V. wird dieses Thema aufgreifen.

Was gehört in den Brandschutznachweis
Welche Vorgaben bezogen auf die Funktionen der Brandmeldung, der Alarmierung sowie der Brandfallsteuerungen sollten im Brandschutznachweis beschrieben sein und auf welche Vorgaben kann verzichtet werden. Darüber diskutierten Thorsten Pfeiffer vom VdS und Bastian Nagel von Hekatron in ihrem Vortrag, der den Abschluss des ersten Veranstaltungstages markierte.

Ein Industriebau aus Holz
Mit sehr einfachen und eingängigen Regeln ermöglicht die derzeitige Industriebau-Richtlinie das Bauen mit Holz bei eingeschossigen Hallen. Wie – das zeigte Björn Maiworm von der Berufsfeuerwehr München – kompetent und wissenschaftlich fundiert – und erläuterte weiterhin die Möglichkeiten und Grenzen der Brandbekämpfung der Feuerwehr im Industriebau.

Circular Economy
– gerade auch im BrandschutzEndliche Ressourcen, Ressourcenverknappung sind keine neuen Themen. Aber welche Rolle spielt dabei der Brandschutz? Dass das Bauen schnellstmöglich zu einer zirkulären Wirkweise transformiert werden muss und welchen zentralen Raum der vorbeugende Brandschutz hierbei einnimmt – stellte Andreas Flock, Architekt und Brandschutzsachverständiger, eindringlich dar. Anschaulich zeigte er an Projektbeispielen auf, wie der Brandschutzplaner die bauordnungsrechtlichen Anforderungen mit vorhandenen und nachwachsenden Rohstoffen umsetzen kann und so einen entscheidenden Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit im Bauwesen leisten kann.

Fallstricke
in der Gebäudetechnik und Brandschutz zwischen Gläubigkeit und Hörigkeit
Das Verständnis von Vorschriften und Regelwerken ist oft unterschiedlich. Knut Czepuck beleuchtete diese Problematik anhand aktueller Texte. Dabei zeigte er auf, dass allein durch die Vielfalt der Ausdrucksmöglichkeiten oder die Änderung einer Wortabfolge Interpretationsspielräume entstehen können. Um dem vorzubeugen, sollten gleiche Regelungsabsichten auch gleichartig sprachlich verfasst werden – insbesondere auch mit Blick auf die fortschreitende Europäisierung der Regelwerke.

Manfred Lippe gab im Anschluss an den Vortrag von Knut Czepuck einen kurzen aber wie immer prägnanten Einblick in aktuelle Problemstellungen im gebäudetechnischen Brandschutz und fokussierte dabei auf Kernpunkte, die häufig zu Schwierigkeiten bei den späteren Nachweisen führen. Denn oft sind es nur Kleinigkeiten auf die (rechtzeitig) geachtet werden muss, seien es Planungs- und Ausschreibungsdetails oder spezielle Anforderungen in den An- und Verwendbarkeitsnachweisen.

In welche Richtung muss die Tür aufschlagen?
Einen Verstoß gegen das Grundgesetz stellen nach Meinung von Matthias Dietrich, Prüfsachverständiger für Brandschutz, die konkurrierenden Brandschutzanforderungen des Arbeitsstättenrechtes und des Bauordnungsrechtes dar. Anschaulich legt er dar, dass sogar der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages diese Einschätzung stützt. Bei der Aufschlagrichtung von Notausgangstüren und den erforderlichen Rettungswegen besteht zumindest Klarheit, dass diese Arbeitsschutzanforderungen nicht plausibel und somit entbehrlich sind.

Unwetter und Brandschutz
Welche Auswirkungen können Gewitter, Sturm, Starkregen, Dürre auf die brandschutztechnische Infrastruktur haben und muss dies zukünftig stärker bei der Planung berücksichtigt werden? Lars Oliver Laschinsky erläuterte in seinem abschließenden Vortrag dieses neue Projekt des Referates 9 der vfdb. Ziel des Projektes ist es, lang- und kurzfristige Maßnahmen aus Schäden und Umweltwirkungen durch Extremereignisse abzuleiten, damit Personen, Sachwerte oder infrastrukturell wichtige, gesellschaftliche Einrichtungen zukünftig besser vor den Folgen von witterungsbedingten Schäden geschützt werden können.

Abschließend kann man sagen: Die EIPOS-Sachverständigentage Brandschutz waren auch in diesem Jahr ein fachlicher Gewinn für alle im Brandschutz tätigen Fachplaner und Sachverständigen und zeigten beeindruckend, was im Online-Format möglich ist.

Save the date: Die 22. EIPOS-Sachverständigentage Brandschutz finden am 15.-16.11.2021 statt – IN Dresden und auch ONLINE.

Über die EIPOS – Europäisches Institut für postgraduale Bildung GmbH

EIPOS – das Kompetenzzentrum für Weiterbildung im Bauwesen – ist ein Tochterunternehmen der Technischen Universität Dresden Aktiengesellschaft (TUDAG) und folgt seit 30 Jahren dem Leitsatz "Qualifikation schafft Zukunft". Exzellente Dozenten aus Wirtschaft und Wissenschaft garantieren ein qualitativ hochwertiges Angebot. Hohe Qualitätsmaßstäbe und eine kontinuierliche Evaluierung und Weiterentwicklung der deutschlandweiten Angebote bieten den Teilnehmern eine Qualifikation und Spezialisierung auf Spitzenniveau. Die EIPOS-Weiterbildungen vermitteln Praxiswissen mit hoher theoretischer Fundierung und befähigen die Absolventen dazu, die neuen Kompetenzen in ihren beruflichen Herausforderungen gewinnbringend einzusetzen.

Vor allem Architekten und Bauingenieure, darunter viele freiberuflich tätige Sachverständige, nutzen die vielfältigen Angebote von EIPOS, um sich in ihrem Fachgebiet berufsbegleitend zu qualifizieren und spezialisieren.

Seit der Gründung von EIPOS im Jahr 1990 haben sich ca. 30.000 Teilnehmer zu qualifizierten Experten, Fachplanern und anerkannten Sachverständigen weitergebildet. Mehr als 2.600 Teilnehmer pro Jahr nutzen die Weiterbildungsangebote. Die Motivation reicht vom Anspruch, fachlich fit im eigenen Tätigkeitsbereich zu bleiben, bis zum Ziel, sich neue Berufsfelder zu erschließen.

EIPOS steht für unabhängige Beratung, individuelle Betreuung und anerkannte Weiterbildung. Über 400 exzellente Dozenten aus Wissenschaft und Wirtschaft mit ausgewiesener Qualifikation, Berufs- und Lehrerfahrung sind dabei in der Lehre aktiv. Zudem bietet EIPOS ein umfangreiches bundesweites Kompetenznetzwerk, in dem Dozenten und Teilnehmer auf Augenhöhe von vielfältigen Erfahrungen profitieren.

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