"Der beste Beitrag für den Arten- und Naturschutz ist eine andere Agrarpolitik", so Friedhelm Schmitz-Jersch, Landesvorsitzender des NABU Brandenburg. "Wir brauchen blühende Wiesen für die Insektenvielfalt, Ackerflächen ohne Pestizide in Schutzgebieten, Gewässerrandstreifen zum Schutz der Gewässer sowie Hecken und Feldgehölze als Verbindungselemente in der Landschaft. Im nächsten Jahr muss die neue Agrarpolitik der EU auf Landesebene umgesetzt werden. Für uns ist es entscheidend, ob die Landesregierung es schafft, die Agrarförderung auf wirkungsvolle Maßnahmen auszurichten." Die derzeitigen Dialoggespräche zu den Forderungen aus den Volksinitiativen bilden einen ersten Grundstein für wirksame Veränderungen. Zum Schutz der Gewässer ist jedoch bisher wenig beigetragen worden: so ist die Forderung des NABU an die (alte) Landesregierung nach gesetzlich verankerten Gewässerschutzstreifen und die Streichung von Privilegien bei der Erhebung der Wassernutzungsentgelte bisher nicht nachgekommen worden. Weiterhin sieht der NABU Handlungsbedarf bei der konkreten Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, durch die der Schutz gefährdeter Tier- und Pflanzenarten sichergestellt werden soll.
„Die letzten sehr trockenen Jahre haben gezeigt, dass der Klimawandel sehr direkte negative Auswirkungen auf Brandenburg hat und wir keine Zeit mehr verschwenden dürfen“, äußert sich Carsten Preuß, Vorsitzender des BUND Brandenburg. Trotzdem sei kein Umsteuern in der Haushaltspolitik erkennbar. Das Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz (MLUK) ist vor zahlreiche Herausforderungen wie die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie oder der FFH- Managementplanung gestellt. Diese würden sich aber nicht in der Personalausstattung des MLUK laut aktuellem Haushalt wiederspiegeln. Es sind zahlreiche Altlasten des Vogelsängerministeriums zu beseitigen. So läuft gegenwertig ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Brandenburg wegen der mangelhaften Sicherung der FFH-Gebiete. „Mit dem aktuell geplanten Budget rückt auch die Umsetzung der FFH-Managementplanung in weite Ferne“, meint Carsten Preuß weiter. „In anderen Bundesländern wie beispielsweise Thüringen wurde diese Aufgabe mit den Natura-2000 Stationen weitaus zielführender angegangen.“
„In den kommenden Jahrzehnten ist mit häufigeren und extremeren Trockenphasen in Brandenburg zu rechnen“, sagt Heinz-Herwig Mascher, Landesvorsitzender der Grünen Liga Brandenburg. „Dies führt zwangsläufig zu höheren Wasserentnahmen aus dem Grundwasser. Auch in Folge des Kohle- und Kiesabbaus werden dadurch hohe Verdunstungsverluste aus den großen flachen Tagebaurestseen auftreten. Diese Entwicklungen werden die Einzugsgebiete der Flüsse für Jahrhunderte prägen.“ Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser fällt unter die Daseinsvorsorge der Kommunen. Am Beispiel der Ansiedlung des Unternehmens Tesla wird dieser Konflikt besonders deutlich. Mit dieser Industrieansiedlung in der ersten Ausbaustufe geht ein zusätzlicher Wasserbedarf von ca. 1,5 Millionen Kubikmeter Trinkwasser einher. Dies entspricht einer Versorgungsmenge einer mittleren Stadt von 35.000 Einwohnern. Deshalb fordert der Umweltverband GRÜNE LIGA, neben der sofortigen Einrichtung einer Enquete-Kommission zum Wasserhaushalt in Brandenburg, alle Landesplanungsentscheidung zukünftig am Begriff der Nachhaltigkeit zu messen. Hierzu bedarf es einen neu zu berufenden Nachhaltigkeitsbeirat, der über alle Ressortgrenzen agieren kann.
Für die Naturfreunde Brandenburg bleibt ebenso das Thema Wassernutzung im Hausaufgabenheft stehen. Grit Gehrau, Landesvorsitzende der Naturfreunde Brandenburg: „Neben Tesla hat auch der Sandkiesabbau bei Mühlberg gezeigt, dass hier von der Landesregierung noch einiges nachzuholen ist. Ebenso wirft das Niedrigwasserkonzept neue Fragen auf: Wie soll der Wasserrückhalt in der Landschaft gestaltet, wer bei Wasserknappheit bevorzugt werden – Bürger, Industrie, Landwirtschaft oder Naturräume? Wir hoffen, dass Umweltminister Vogel akzeptable Lösungen findet“.
Mit Blick auf die Verkehrswende schätzt Fritz Viertel, Landesvorsitzender des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), die Regierungsbilanz ein: „Als erste Koalition hat sich Rot-Schwarz-Grün das konkrete Ziel gesteckt, dass bis 2030 mindestens 60 Prozent des Verkehrs in Brandenburg mit ÖPNV, Rad- und Fußverkehr bewältigt werden soll. Das ist prima! Doch es passiert zu wenig, um das umzusetzen. Kaum ein Projekt aus dem Bahnausbauplan „i2030“ wird tatsächlich bis 2030 fertig. Die versprochene Reaktivierungsoffensive für stillgelegte Bahnstrecken fehlt bisher völlig. Genauso wie eine Unterstützung für Kommunen beim Ausbau der Straßenbahn oder ein Konzept für mehr Querverbindungen zwischen den Bahnlinien. All das geht nicht von heute auf morgen. Doch wenn wir heute nicht beginnen, werden wir im Verkehr keinen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Verkehrswende muss außerdem sozial sein. Da hat die Landesregierung bisher versagt: Sie unterstützt die zweite Fahrpreiserhöhung in nur einem Jahr, billigt das teurere Semesterticket für die coronagebeutelten Studierenden und unterstützt die Bus- und Tramfahrerinnen nicht bei ihrem Kampf für anständige Löhne.“
Für die Arbeit aller Verbände ist das Freiwillige Ökologisches Jahr unverzichtbar. Die dadurch entstehenden Synergien, Projekte und Verbindungen sind eine win-win-Situation für die Teilnehmenden, die Einsatzstellen, aber vor allem für das Land Brandenburg. Claudia Günther, Jugendbildungsreferentin der NAJU, sagt: „Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie Wort hält und den Erhalt dieser Stellen langfristig sichert.“ Derzeit werden die Stellen noch sowohl vom Land als auch über europäische Fördermittel anteilig finanziert.
Die Umweltverbände hatten im März 2019 ihre Forderungen in einem gemeinsamen Positionspapier an die künftige Landesregierung zusammengetragen.
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