Im 16. Band der IMPUSLE-Schriftenreihe des Bildungswerks des Bayerischen Bezirketags untersucht der Kunsthistoriker Dr. Gerald Dobler (Wasserburg/Inn) die Behandlungsmethoden in der „Kreis-Irren-Anstalt Irsee“ von ihrer Gründung 1849 bis zur Eröffnung des Neubaus der Heil- und Pflegeanstalt Kaufbeuren 1876.

Mit der Untersuchung zu Theorie und Praxis der Behandlung in den Anfangsjahren der ersten stationären Psychiatrie in Bayerisch Schwaben blickt das Bildungswerk der bayerischen Bezirke zurück auf die Anfänge einer medizinischen Teildisziplin und einer sich institutionalisierenden Gesundheitsfürsorge. Es geht um die sich allmählich konstituierende Anstaltspsychiatrie mit Irsee als der zweiten zeitgenössisch-modernen „Irren-Anstalt“ im Königreich Bayern und damit um eine Zeit des Tastens und Suchens nach den richtigen Behandlungsmethoden für psychisch kranke Personen –sowohl in theoretischer als auch in praktischer Hinsicht.

Der um ein profundes Nachwort der Heidelberger Medizinhistorikerin Prof. Dr. Maike Rotzoll ergänzte Band schließt eine Forschungslücke zur bayerischen Psychiatriegeschichte des 19. Jahrhunderts.

Franz Löffler, Präsident des Bayerischen Bezirketags, schreibt im Geleitwort: „Kloster Irsee darf seine psychiatrische Vergangenheit und die dort begangenen Verbrechen nicht verschweigen. Vielmehr ist es seine bleibende Aufgabe – als Einrichtung des Bezirks Schwaben wie als Stätte der beruflichen Fort- und Weiterbildung von Psychiatrie-Profis aus allen sieben bayerischen Bezirken – seine Medizinhistorie öffentlich zu thematisieren. Hierbei hervorzuheben sind die Gedenkveranstaltungen, Forschungsaufträge und Publikationen, die unser Bildungswerk gemeinsam mit dem Eigenbetrieb des Bezirks Schwaben in den letzten zwölf Jahren auf den Weg gebracht hat.“

Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Ausstattung der Anstalt unter den ersten beiden Ärztlichen Leitern Dr. Friedrich Wilhelm Hagen und Dr. Johann Michael Kiderle, die aus Erlangen nach Irsee kamen. Besondere Aufmerksamkeit wird dem Alltag der Patientinnen und Patienten sowie Theorie und Praxis ihrer Behandlung geschenkt. Dazu werden ausgewählte Fallbeispiele anhand historischer Krankengeschichten mit ausführlichen Originalzitaten vorgestellt. Sie machen die Bandbreite der Behandlungsansätze deutlich und bieten berührende Einblicke in Einzelschicksale.

Der Leiter des Bildungswerks, Dr. Stefan Raueiser, bemerkt dazu: „Auch wenn die Gründungsjahrzehnte der Anstalt Irsee lange vergangen sind, wer sich aufmerksam und offen mit ihnen beschäftigt, wird feststellen, dass viele der grundlegenden Fragestellungen im Umgang mit wie bei der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen bis heute aktuell sind.“

Info:
Die Schriftenreihe IMPULSE des Bildungswerks Irsee widmet sich der psychiatrischen Gesundheitsversorgung in Bayern, weil diese den Schwerpunkt des Kurs- und Seminarprogramms des zentralen Fort- und Weiterbildungsinstituts des Bayerischen Bezirketags ausmacht. Dabei kommt der Geschichte von Kloster Irsee ein besonderer Stellenwert zu, weil in seinen Räumen – die über 120 Jahre lang als psychiatrische Anstalt genutzt wurden – Seminar- und Kursangebote für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gesundheitsunternehmen aller sieben bayerischen Bezirke konzipiert werden. Die exemplarische Thematisierung historischer Aspekte der eigenen Räumlichkeiten soll Anstöße vermitteln für die Auseinandersetzung mit der oft schmerzhaften Psychiatriegeschichte auch andernorts, so wie das Bildungswerk selbst aus Diskussionen im bundesweiten Arbeitskreis zur Erforschung der nationalsozialistischen „Euthanasie“ und Zwangssterilisation Anregungen erhält.

Der aktuelle Schriftenband (ISBN 978-3-9821217-1-0) umfasst 184 Seiten und 25 s/w-Abbildungen. Er ist im Grizeto-Verlag Irsee erschienen und kann für € 13,80 über den Buchhandel oder direkt im Bildungswerk Irsee bezogen werden.

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