| APD | Am vergangenen Wochenende (20. und 21. November) hat der für die Evangelisch-methodistische Kirche (EmK) in Deutschland zuständige Kirchenvorstand die Öffnung in sexualethischen Fragen und die Bildung eines Gemeinschaftsbunds mit konservativer Prägung beschlossen. Als Vorlage diente ein Lösungsvorschlag, der von einem mit 21 Personen besetzten „Runden Tisch“ nach 15 Monaten intensiver Diskussion vorgelegt wurde.

Respektvolles Miteinander erreicht große Übereinstimmung bei der Entscheidungsfindung
Die sofort wirksam werdenden Beschlüsse umfassen nach Information von Klaus Ulrich Ruof vom EmK-Referat für Öffentlichkeitsarbeit im Wesentlichen zwei Änderungen der für den deutschen Teil der EmK gültigen Ordnung: Zum einen würden die wenigen Passagen mit negativen Aussagen zum Thema Homosexualität sowie die dazugehörigen Verbote kirchlicher Handlungen vorläufig außer Kraft gesetzt. Zum anderen werde in der Ordnung der Kirche die Neuformierung eines „Gemeinschaftsbunds“ innerhalb der EmK in Deutschland verankert, der besonders in Fragen von Sexualität und Ehe eine ausdrücklich konservative Profilierung haben werde.

Die Vorlage für die jetzt verabschiedeten Beschlüsse war von dem „Runden Tisch“ unter der Leitung von Bischof Harald Rückert erarbeitet worden. Trotz sehr unterschiedlicher Positionen der Mitglieder am Runden Tisch in den strittigen Fragen zur Homosexualität seien dem Kirchenvorstand die Vorschläge „einstimmig“ vorgelegt worden. Dieser habe seinerseits nach mehrstündiger Diskussion, teilweise unter Hinzuziehung der Mitglieder der Zentralkonferenz, mit überwältigender Mehrheit die Beschlüsse gefasst. Die gesamte Beschlussfassung gelte vorläufig bis zur nächsten Zentralkonferenz, die voraussichtlich im November kommenden Jahres tage.

Zwei weitere Beschlüsse sicherten ab, dass diese Öffnung weder automatisch erfolge noch daraus ein Zwang entstehe. Damit werde ordinierten Geistlichen Gewissensschutz garantiert und Gemeinden der EmK zugesichert, gleichgeschlechtlichen Paaren nicht automatisch kirchliche Handlungen gewähren zu müssen. Die Außerkraftsetzung bedeute also nicht die gleichzeitige Inkraftsetzung und Befürwortung kirchlicher Handlungen für gleichgeschlechtliche Paare.

„Gemeinschaftsbund“ in alle Ebenen kirchlicher Arbeit eingebunden
Mit der Beschlussfassung des Kirchenvorstands werde die für Deutschland gültige Ordnung der EmK mit der Bildung und Ausgestaltung eines Gemeinschaftsbunds ergänzt. Dieser sei Teil der EmK in Deutschland. Einzelne Kirchenglieder sowie Gemeinden oder Bezirke könnten sich diesem Bund anschließen, sodass Menschen und Gemeinden mit überwiegend konservativer Prägung in sexualethischen Fragen weiterhin innerhalb der Kirche eine Heimat hätten. Der Gemeinschaftsbund sei ausdrücklich in die Arbeit der Kirche auf verschiedenen Ebenen bis hin zur Mitarbeit im Kirchenvorstand eingebunden.

„Das Pflänzlein Vertrauen müsse noch wachsen“
„Ich kann noch nicht ganz realisieren, was jetzt passiert ist“, sagte Harald Rückert, der Vorsitzende des Kirchenvorstands und für Deutschland zuständige Bischof der EmK, nach der Bekanntgabe der geheim durchgeführten Abstimmung. „Das ist eine wichtige Etappe, aber wir brauchen noch viel Aufmerksamkeit füreinander, dass das Pflänzlein Vertrauen wachsen und sich in die Gemeinden hinein entfalten kann.“ Der weitere Weg könne nur gelingen, „wenn wir uns auf Gott ausrichten und bereit sind, den weiteren Weg gemeinsam zu gehen“.

Beschlussfassung mit „Bedeutung für die weltweite Kirche“
Eine „hohe Achtung vor der erlebten Gesprächskultur“ zollte der für die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa der EmK zuständige Bischof Patrick Streiff. Er war aus seinem Dienstsitz in Zürich zusammen mit den Mitgliedern der Zentralkonferenz Deutschland per Videokonferenz für einige Stunden der Sitzung des Kirchenvorstands zugeschaltet. Sein Bischofssprengel umfasst sieben Jährliche Konferenzen, deren Gebiete sich über insgesamt sechzehn Länder in Mittel-, Süd- und Osteuropa erstrecken. Die kulturellen, theologischen und gesellschaftlichen Prägungen seien dabei sehr unterschiedlich.

Weil auch dort die Fragen zum Umgang mit Homosexualität in der EmK zu Auseinandersetzungen führten, war Rückerts Bischofskollege sehr am Ergebnis des Runden Tischs und der Entscheidung des für die EmK in Deutschland zuständigen Kirchenvorstands interessiert. „Wenn die Zentralkonferenz Deutschland in diesen Fragen einen gangbaren Weg findet und zusammenbleiben kann, ist das auch für andere Konferenzen interessant“, attestierte Streiff der geplanten Beschlussfassung „eine weit über eure deutsche Zentralkonferenz hinausreichende Bedeutung für unsere weltweite Kirche“.

Evangelisch-methodistische Kirche in Deutschland (EmK)
Die außerhalb der Vereinigten Staaten von Amerika befindlichen Gebiete der Evangelisch-methodistischen Kirche sind in Zentralkonferenzen organisiert. In Europa sind dies die Zentralkonferenz Mittel- und Südeuropa, die Zentralkonferenz Nordeuropa und Eurasien sowie die Zentralkonferenz Deutschland. Die Tagungen der Zentralkonferenzen finden alle vier Jahre statt und sind das nach der Generalkonferenz für die jeweilige Region zuständige Gremium, um formale, finanzielle und die Ordnung der Kirche betreffende Entscheidungen zu treffen. Darüber hinaus werden in der Zentralkonferenz die für diese Region verantwortlichen Bischöfe oder Bischöfinnen gewählt oder deren Amtszeit verlängert. Für die Zentralkonferenz Deutschland gilt die Wahl für zunächst vier Jahre. Eine Wiederwahl für weitere acht Jahre ist möglich. Die maximale Amtszeit beträgt zwölf Jahre. Seit 2017 ist Harald Rückert der für Deutschland zuständige Bischof.

Der Kirchenvorstand fungiert als geschäftsführender Ausschuss der Zentralkonferenz Deutschland der Evangelisch-methodistischen Kirche (EmK) und leitet die Arbeit des deutschen Teils der Kirche zwischen den alle vier Jahre stattfindenden Tagungen der Zentralkonferenz.

Weiterführende Dokumente:
Beschlüsse des Kirchenvorstands (PDF)
Grundlagen und Organisation des Gemeinschaftsbunds (PDF)

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