Einbruch der Ölpreise im Frühjahr – Trotz leichter Erholung weiter schwächelnde Nachfrage – Golfstaaten stehen wirtschaftlich unter Druck – DIW-Simulationen zeigen keine zeitnahe Preiserholung – Exporterlöse wohl weiter rückläufig – Finanzielle Spielräume werden enger – Diversifizierung in Zeiten des Klimawandels dennoch nicht absehbar

Die Corona-Pandemie und der Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland haben den Ölpreis im Frühjahr ins Bodenlose fallen lassen. Die Golfstaaten mussten Einnahmeeinbrüche bei ihrem wichtigsten Exportgut hinnehmen. Auch wenn Förderkürzungen den Preis inzwischen wieder etwas stabilisiert haben, ist keine Entspannung in Sicht: Simulationen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) kommen zu dem Ergebnis, dass der Ölpreis zeitnah wohl weiter sinken dürfte. Infolge anhaltend schrumpfender Ausfuhrerlöse werden die finanziellen Spielräume der ohnehin wirtschaftlich unter Druck stehenden Golf-Anrainer enger. Wegen der temporären Natur der Krise sowie der starren institutionellen Strukturen in den Ländern ist trotzdem nicht anzunehmen, dass die Golfstaaten als aktive Mitstreiter in den internationalen Bemühungen um mehr Klimaschutz auftreten werden.

„Der Einbruch der Ölpreise stellt ein erhebliches Problem für die Haushalte der Golfstaaten dar“ Dawud Ansari

Die wichtigste Einnahmequelle sprudelt nicht mehr

Die DIW-WissenschaftlerInnen Dawud Ansari und Hella Engerer beleuchten in ihrer Studie das Spannungsfeld zwischen Abhängigkeit von Ölexporten, sinkenden Preisen für den Rohstoff und weiteren Folgen der Corona-Pandemie. Der Ölpreis brach im Frühjahr um 70 Prozent ein. „Wegen der geringen Diversifizierung stellt dies ein erhebliches Problem für die Haushalte der Golfstaaten dar“, so Studienautor Ansari aus der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt. „Saudi-Arabien beispielsweise bezieht 90 Prozent seiner Staatseinnahmen aus dem Ölgeschäft.“

Ansaris Modell zur Analyse von Energiemärkten simuliert verschiedene Szenarien, denen unterschiedliche Nachfrageentwicklungen und Änderungen der Fördermenge zu Grunde liegen. Es stellt sich heraus, dass der Abwärtstrend der Ölpreise zeitnah wohl ungebrochen ist. Wie DIW-Berechnungen zeigen, sind die Erdöl-Einkünfte infolge der Krise um zwischenzeitlich 60 Prozent zurückgegangen.

Entwicklung in Richtung Diversifizierung fraglich

„Die Corona-Pandemie trifft die Region in einer ohnehin angespannten Lage, einige Länder haben bereits mit Haushaltsdefiziten zu kämpfen, die Verschuldung steigt“, sagt Studienautorin und Konjunkturexpertin Hella Engerer. Mehrausgaben zur Stützung der Wirtschaft und des Gesundheitssystems infolge der Corona-Pandemie haben die Ausgaben erhöht, während Sektoren wie der Tourismus, die die Abhängigkeit von den Öleinnahmen reduzieren sollten, einbrachen. Staatsfonds, die einigen Golfstaaten in Zeiten noch kräftig sprudelnder Erlöse aus dem Ölgeschäft aufgebaut hatten, konnten die finanziellen Lasten teilweise abfedern.

Die DIW-WissenschaftlerInnen sind aber skeptisch, dass die Golfstaaten die Corona-Pandemie als Wendepunkt sehen und den bisher nur zögerlich verfolgten Kurswechsel zur Diversifizierung ihrer Wirtschaft vorantreiben. Die starren institutionellen Strukturen der Länder, die eng mit dem Ölsektor verbunden sind, dürften wohl so schnell nicht aufgebrochen werden. Dies stehe allerdings den globalen Klimazielen entgegen. Die AutorInnen sehen globale Interessenskonflikte zur Frage, wie die Belastungen von Klimaschutzbemühungen geschultert werden sollen. Die Perspektive von Exporteuren fossiler Brennstoffe spiele dabei eine große Rolle. Die internationale Gemeinschaft werde deutliche Anstrengungen unternehmen müssen, um die Golfstaaten für einen aktiven Beitrag für den Klimaschutz zu gewinnen.

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