Wer an Rheuma denkt, denkt wohl meist an ältere Menschen mit schmerzenden Gelenken. Doch das stimmt nicht! Tatsächlich kann die Erkrankung Personen in jedem Alter treffen und sich durch unterschiedliche Beschwerden zeigen. Der „Welt-Rheuma-Tag“ macht jedes Jahr am 12. Oktober darauf aufmerksam und informiert über diese vielschichte Krankheit.

Dr. med. Jutta Bohn, Oberärztin der Medizinischen Klinik – Schwerpunkt Gastroenterologie und Rheumatologie am Klinikum Würzburg Mitte, Standort Juliusspital, behandelt täglich Patienten mit rheumatischen Erkrankungen. Im Interview spricht sie über Ursachen und Symptome und gibt Betroffenen Tipps, wie sie selbst ihre Schmerzen lindern können.

Frau Dr. Bohn, was ist Rheuma denn überhaupt?

Das lässt sich nicht einfach mit einer Standard-Definition erklären. Denn „Rheuma“ ist ein Sammelbegriff für entzündliche Erkrankungen, die sich überwiegend am Bewegungsapparat, also an Gelenken, Sehnen und Muskeln, abspielen. Diese Entzündungen können aber auch innere Organe wie Herz und Gefäße, Lunge oder Niere einbeziehen.

Wie entstehen rheumatische Erkrankungen und wodurch machen sie sich bemerkbar?

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen können in jedem Lebensalter auftreten, selbst bei Kindern. Es handelt sich dabei überwiegend um Autoimmunerkrankungen, das heißt: es liegt eine Fehlsteuerung des Immunsystems vor. Obwohl in den letzten Jahrzehnten viel dazu geforscht wurde, ist die Ursache für diese Fehlsteuerung bis heute nicht vollständig geklärt. Es gibt sowohl Hinweise auf Umwelteinflüsse als auch auf erbliche Veranlagung. Manche Rheumaerkrankungen werden auch durch Infektionskrankheiten oder bösartige Tumoren ausgelöst.

Die Beschwerden sind je nach Krankheitsbild unterschiedlich. Die häufige rheumatoide Arthritis verursacht schmerzhafte Schwellungen und Bewegungseinschränkungen, meist an Händen und Füßen zuerst. Typisch ist auch eine anhaltende Morgensteifigkeit der Gelenke. Andere rheumatische Erkrankungen können sich beispielsweise auch durch Fieber, Luftnot, hohen Blutdruck, Muskelschwäche oder Abgeschlagenheit bemerkbar machen.

Wie stark beeinflussen diese Symptome das Leben von Betroffenen?

Grade durch ihre Bewegungseinschränkung, Funktionsverluste und Schmerzen sind Rheuma-Patient im Alltag oftmals erheblich beeinträchtigt. Aber auch das sogenannte „Fatigue-Syndrom“, das sich durch Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Leistungsminderung äußert, kann ihnen merklich zu schaffen machen. Die Verbesserung der Lebensqualität ist deshalb ein wichtiges Behandlungsziel.

Und wie kann man Rheuma behandeln?

Die Behandlung zielt darauf ab, mit Medikamenten die Entzündungsaktivität zu unterdrücken und begleitende Schmerzen zu lindern. Durch die Absenkung der Entzündung kann einer Gewebeschädigung durch die Erkrankung Einhalt geboten werden.

Eine weitere Säule der Therapie sind Krankengymnastik und Ergotherapie. Sie spielen für den Erhalt der Beweglichkeit und Funktionstüchtigkeit eine wichtige Rolle.

Gelegentlich sind auch direkte Maßnahmen an schwer betroffenen Gelenken notwendig, zum Beispiel in Form einer Gelenkinjektion oder gar einer Operation.

Das KWM-Juliusspital bietet eine sogenannte multimodale rheumatologische Komplexbehandlung an. Was kann man sich darunter vorstellen?

Die multimodale rheumatologische Komplexbehandlung ist eine stationäre Behandlungsform in spezialisierten rheumatologischen Fachabteilungen. Schwer erkrankte Rheuma-Patienten werden dabei durch Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen und Schmerztherapeuten unter der ärztlichen Leitung des Rheumatologen intensiv betreut. Die Behandlung umfasst krankengymnastische Übungen und psychologische Krankheitsbewälti-gungsstrategien ebenso wie eine medikamentöse Therapie und Schulungen.

Können Patienten auch selbst etwas zur Linderung ihrer Beschwerden tun?

Es ist natürlich unverzichtbar, die verschriebenen Medikamente in enger Absprache mit dem Rheumatologen einzunehmen. Darüber hinaus haben aber auch regelmäßige körperliche Bewegung und eine ausgewogene Ernährung positive Effekte. Und durch den Verzicht auf Zigarettenrauchen wird der Krankheitsverlauf messbar günstig beeinflusst.

Man sagt, Rheuma komme oft nicht alleine. Welche Begleiterkrankungen gibt es?

Eine chronische Entzündung im Körper begünstigt das Auftreten von Gefäßveränderungen, die zum Beispiel zum Herzinfarkt führen könnten. Eine weitere Begleiterscheinung, die häufig mit Rheuma einhergeht, ist die Osteoporose, die mit einem erhöhten Knochenbruchrisiko einhergeht.

Der Schlüssel zum Therapieerfolg liegt deshalb in der langfristigen vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen dem Rheumapatienten und seinen behandelnden Ärzten.

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