Soeben haben sich die Bundesländer einheitlich auf schärfere Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie verständigt. Nach der Runde der 16 Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel steht fest: Die kommenden Wochen werden hart. Die beschlossene Light-Variante des Lockdowns aus dem Frühjahr soll bereits ab kommendem Montag in Kraft treten und zunächst bis Ende des Monats gelten. In zwei Wochen werden die Maßnahmen in einer nächsten Bund-Länder-Runde überprüft und bei Bedarf angepasst. Immerhin: Schulen und Kitas bleiben geöffnet. Die ARAG Experten informieren über die neuen Regeln.

Hintergrund
„Bei 75 Prozent aller Infektionen wissen wir nicht mehr, woher sie kommen“, erklärte die Bundeskanzlerin Merkel auf der soeben beendeten Pressekonferenz die Hintergründe der harten Maßnahmen. In immer mehr Regionen in Deutschland steigt die Zahl der Neuinfektionen so stark an, dass eine Nachverfolgung der Kontakte für die Gesundheitsämter nicht mehr möglich ist. Um den Wert wieder auf eine nachverfolgbare Größe von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche zu bringen, müssen wieder weitreichende Beschränkungen her. Bleibt die Infektionsdynamik weiterhin hoch, ist zu befürchten, dass das Gesundheitssystem kollabiert.

Schulen und Kindertagesstätten
Allen Eltern wird ein Stein vom Herzen fallen: Schulen und Kitas bleiben auf. Allerdings weisen die ARAG Experten darauf hin, dass hier angesichts der hohen Infektionszahlen weitere Schutzmaßnahmen eingeführt werden, die je nach Bundesland unterschiedlich ausfallen können. So wird beispielsweise die ganztägige Maskenpflicht für Schüler ab der fünften Klasse zunächst bis Ende November verlängert. Bei einem Inzidenzwert von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner kann die Maskenpflicht auch auf Grundschulen ausgeweitet werden.

Kontakte
Es scheint alles auf Anfang gesetzt: In der Öffentlichkeit und im privaten Bereich ist ein Aufenthalt nur noch mit maximal zehn Personen aus höchstens zwei Haushalten erlaubt. Wer sich nicht daran hält, muss mit saftigen Bußgeldern rechnen. Die Kontrollen werden entsprechend verstärkt.

Ausflüge, Reisen und Besuche
Das von privaten Reisen abgeraten wird, ist nicht neu. Nun wird aber ausdrücklich auch von nicht notwendigen Besuchen von Verwandten und von überregionalen Ausflügen in der Freizeit abgeraten. Übernachtungsangebote soll es nur noch für unbedingt notwendige dienstliche Reisen geben, mit anderen Worten: Hotels bleiben für Touristen geschlossen.

Freizeit und Gastronomie
Kantinen dürfen geöffnet bleiben. Gastronomiebetriebe hingegen, sowie Bars, Kneipen, Theater, Kinos, Sportanlagen, Fitnessstudios oder Spielhallen – also alle Freizeiteinrichtungen, in denen sich Menschen theoretisch zu nahe kommen könnten – müssen wieder schließen. Das Abholen und Liefern von Speisen für den Verzehr zu Hause bleiben erlaubt.

Körpernahe Dienstleistungen
Während Bordelle, Massagepraxen oder beispielsweise Tattoo-Studios ihre Türen ebenfalls wieder schließen müssen, dürfen medizinisch notwendige Behandlungen wie z. B. Physiotherapie weiterhin ihrer Arbeit nachgehen. Auch Friseure dürfen unter den bereits bestehenden Hygiene-Auflagen geöffnet bleiben.

Groß- und Einzelhandel
Obwohl die Beschlussvorlage der Bundesregierung eine Einschränkung von einem Kunden pro 25 Quadratmeter Verkaufsfläche vorgesehen hatte, bleibt es hier bei der bestehenden Grenze von einer Person pro zehn Quadratmeter, das Verkaufspersonal mitgerechnet. Auch die Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen gelten weiterhin. Sollten die Infektionszahlen nicht sinken, könnte es hier weitere Einschränkungen geben, wie etwa die Schließung von Geschäften für nicht notwendige Güter des täglichen Bedarfs. Hieße im Klartext: Das neue Paar Winterstiefel müsste warten, Supermarkt und Drogerie bleiben jedoch auf.

Homeoffice
Unternehmen sollen ihren Mitarbeitern noch mehr Möglichkeiten für das Arbeiten von zu Hause aus anbieten. Hier soll es eine intensivere Beratung und Kontrollen der Betriebe durch Behörden und Unfallversicherungsträger geben.

Überbrückungshilfe III
Viele Wirtschaftsbereiche sind schon am Boden und die nun beschlossenen Maßnahmen führen dazu, dass weitere Branchen in erhebliche finanzielle Not geraten. Daher verlängert der Bund die Hilfsmaßnahmen und verbessert die Konditionen, z. B. im Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft. Geplant ist, kleineren Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern werden bis zu 75 Prozent der Umsatzeinbußen ersetzt, größeren Unternehmen bis zu 70 Prozent. Als Grundlage für die Berechnung dienen dabei die Umsätze aus November 2019. Auch der KfW-Schnellkredit für Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten soll wieder geöffnet und angepasst werden.

Risikogruppen
Um Kranke, Pflegebedürftige, Senioren und Behinderte bestmöglich zu schützen und ihnen sichere Kontakte zu ermöglichen, sollen hier als erstes die verfügbaren Schnelltests eingesetzt werden.

Geisterspiele
Auch der Profisport muss mit einem herben Rückschlag leben. Denn ab November sollen keine Zuschauer mehr zu sportlichen Wettbewerben zugelassen werden. Damit finden unter anderem Fußball-Bundesligaspiele wieder vor leeren Rängen statt.

Kontrolle
Die vergangenen Wochen haben gezeigt, dass die Corona-Maßnahmen vielfach verletzt wurden. Um nun zu gewährleisten, dass sich möglichst viele Menschen an die neuen Regeln halten, soll es verstärkt flächendeckende Kontrollen durch Bund und Länder geben. Insbesondere in grenznahen Bereichen könnte es daher zu mehr stichprobenartige Kontrollen der Einhaltung der Quarantäneverordnungen kommen.
Ausblick

Wenn der Lockdown bis Ende November keine Wirkung zeigt, könnte zur Eindämmung der Corona-Krise die so genannte Gesundheitsnotlage für Deutschland ausgerufen werden. Damit hätten die Länder weitreichendere Kompetenzen, um einheitliche Maßnahmen durchzusetzen.

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