Das gesamte direkte Personal hat den Verkehr auf der Schiene während der Corona-Krise rund um die Uhr pünktlich und zuverlässig aufrechterhalten und ist noch immer stark belastet. Dennoch sollen Lokomotivführer und Zugbegleiter zur Sanierung des DB-Konzerns herangezogen werden. Begründet wurde der eingeforderte Sanierungsbeitrag mit der Corona-Krise, obwohl das staatseigene Unternehmen bereits im Jahre 2019 ein negatives Betriebsergebnis erzeugte und die Ursachen dafür im Missmanagement der Führungskräfte und der falschen Ausrichtung der gesamten Infrastruktur liegen.

Äpfel mit Birnen verwechselt

Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat das angebliche „Bündnis für unsere Bahn“ bereits im Mai 2020 bei seiner Entstehung abgelehnt. GDL-Bundesvorsitzender Claus Weselsky: „Die Lobbyabteilung des Konzerns hatte ganze Arbeit geleistet und nicht nur den Eigentümer eingewickelt, sondern auch die Hausgewerkschaft EVG zu blindem Gehorsam verpflichtet. Beim Sanierungstarifvertrag werden nicht nur Äpfel mit Birnen verwechselt, sondern auch vollkommen falsche Prioritäten gesetzt.“ Die GDL lehnt einen undifferenzierten Kündigungsschutz für einen immer stärker anwachsenden Verwaltungsapparat strikt ab. „Seit Jahren leiden wir in allen direkten Bereichen an fehlendem Personal. Lokomotivführer, Zugbegleiter, Ausbilder, Werkstattmitarbeiter, Fahrdienstleiter und auch Fernmeldetechniker sind Mangelware“, so Weselsky. Die schlechten Bilanzen des Konzerns seien schon lange vor Corona entstanden. Weselsky: „Das Grundübel, die falsche Struktur des Konzerns mit den hunderten von Beteiligungen in aller Herren Länder, wird mit den Milliardenhilfen des Bundes nicht beseitigt, vielmehr wird sie verfestigt.“ Siehe dazu: „Absage zu Verhandlungen zum Sanierungstarifvertrag

https://hgs.gdl.de/Aktuell-2020/Pressemitteilung-1599750733

Umfangreiches Forderungspaket

Nun hat die DB die GDL zur Schlichtung aufgerufen, die zum heutigen Auftakt in Berlin ihre Kernforderungen für das Zugpersonal bekannt gab.

Die GDL fordert:

  1. eine allgemeine Entgelterhöhung um 4,8 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten (bis 28. Februar 2022),
  2. ein Entgeltplus von 100 Euro für Auszubildende,
  3. einen Sanierungs-COVID19-Tarifvertrag in dem unter anderem
    1. Führungskräfte für drei Jahre auf Prämien und erfolgsabhängige Zahlungen komplett verzichten,
    2. nachhaltige Regelungen für ein Hygienekonzept zum Schutz des Zugpersonals vereinbart werden und
    3. eine Corona-Zulage von 1 300 Euro noch im Jahr 2020 als Anerkennung für alle direkten Arbeitnehmer gezahlt wird;
  4. die Einführung einer individuell verbindlichen Jahresschichtplanung,
  5. Verbesserungen bei den Arbeitszeitregelungen, beispielsweise eine Begrenzung von auswärtigen Übernachtungen von maximal 24 Stück pro Kalenderjahr,
  6. Verbesserungen von Regelungen ab dem 55. Lebensjahr, beispielsweise besondere Teilzeit im Alter und Regenerationsschichten,
  7. den Abschluss eines Leistungssicherungs-Tarifvertrags, damit Tätigkeiten des Zugpersonals im eigenen Unternehmen verbleiben und
  8. den Abschluss eines Tarifvertrags zum Personalübergang bei einem neuen Betreiber, damit die Angst vom Arbeitsplatzverlust nach verlorenen Ausschreibungen im Schienenpersonennahverkehr der Vergangenheit angehört.

Gute Voraussetzungen

Mit dem gemeinsamen Schlichter Matthias Platzeck werden die Forderungen der GDL und der DB ab heute drei Wochen lang verhandelt. Der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg ist ein ausgewiesener Kenner der hoch komplizierten Tarifmaterie und er kennt die GDL. Weselsky: „Das sind trotz der extrem schwierigen Lage gute Voraussetzungen. Wir sind das Schutzschild des direkten Personals und werden deshalb alles tun, damit nicht diejenigen die Zeche bezahlen müssen, die seit Monaten unter erschwerten Bedingungen die Lebensadern im Eisenbahnsystem aufrechterhalten. Wir hoffen, dass die vor uns liegende Schlichtung erfolgreich abgeschlossen werden kann.“

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