Angesichts der andauernden Covid-19-Pandemie sieht der Deutsche Hochschulverband (DHV) für Präsenzveranstaltungen an Hochschulen auch im kommenden Wintersemester enge Grenzen. "Universitäten sind ihrem Selbstverständnis nach keine Fernuniversitäten. Die direkte Begegnung und der Austausch vor Ort beschreiben die Regel, das Lernen auf Distanz die Ausnahme", erklärte der Präsident des DHV, Professor Dr. Bernhard Kempen. "Eine Rückkehr zu dieser Normalität kann während eines dynamischen Infektionsgeschehens wie der Covid-19-Pandemie nur vorsichtig und schrittweise unter strikter Einhaltung der medizinisch gebotenen Sicherheitsabstände und Hygienestandards erfolgen. Auf keinen Fall dürfen Universitäten zu Brandherden oder gar Treibern der Krankheit avancieren."

Für die Wiederaufnahme eines ohnehin derzeit nur eingeschränkt möglichen Präsenzbetriebes müssten neben Aspekten des Infektionsschutzes vor allem räumliche Gegebenheiten, Fächerkulturen und didaktische Erfordernisse maßgeblich bleiben. "Laborkurse in experimentellen Fächern, praktische Übungen im Sport- und Medizinstudium oder das Kleingruppen- und Individualstudium an Musik- und Kunsthochschulen müssen bei der Organisation von Präsenzveranstaltungen Vorrang haben", betonte Kempen. "Über alle Fächer hinweg sind für Erstsemester und internationale Studierende Vor-Ort-Angebote besonders wichtig und wünschenswert." Für die notwendige Klarheit und Verlässlichkeit müssten nach Möglichkeit unter Bund und Ländern abgestimmte sogenannte "Corona-Ampeln" sorgen, in denen Schwellenwerte und Szenarien je nach Infektionslage definiert werden sollten.

Realistischerweise sei aber davon auszugehen, dass die Lehre größtenteils weiterhin online stattfinden müsse. "Eine Rückkehr zum Universitätsalltag vor Corona bleibt das Ziel, aber das ist noch ein weiter Weg", so Kempen. Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer hätten bereits im zurückliegenden Sommersemester enorme Flexibilität bewiesen und unter oftmals hohem persönlichen Einsatz digitale Lehr- und Prüfungsformate auf den Weg gebracht. "Gerade nach der Covid-19-Pandemie wird es darum gehen müssen, traditionelle und digitale Lehrformate besser zu verzahnen", ergänzte Kempen. "Beide bilden keinen unvereinbaren Gegensatz, sondern können und sollen sich gegenseitig ergänzen und bereichern." Enttäuscht zeigte sich der DHV-Präsident daher darüber, dass die augenscheinlich guten Ideen, parallel zum Digitalpakt Schule auf Bund-Länder-Ebene einen Digitalpakt Hochschule aufzulegen oder Hochschulen eine "Digitalisierungspauschale" pro Studentin bzw. Student zum Ausbau und Unterhalt ihrer digitalen Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, von der Politik bislang nicht aufgenommen worden seien.

Die Entwicklung von Online-Formaten bleibe personell, technisch und didaktisch sehr aufwendig. "In den Lehrverpflichtungsverordnungen sollten Präsenz- und elektronische Lehre grundsätzlich gleichgestellt werden", forderte Kempen abschließend. Der Maßstab für die Anrechnung sollten Aufwand und Zeit für Vorbereitung bzw. Nachbereitung sein. Für überobligatorischen Einsatz müsse es einen fairen Ausgleich geben, der gegebenenfalls auch die Absenkung des Lehrdeputats einschließen müsse.

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