Bei der Privatisierung von ostdeutschen Unternehmen nach 1990 verkaufte die Treuhandanstalt produktivere Firmen häufiger und rascher als weniger produktive Betriebe und bekam dafür mehr Geld, wie ein gemeinsames Forscherteam von ifo-Institut, ZEW Mannheim und Universität Brüssel in einer aktuellen Studie analysiert. Gleichzeitig übergab die Treuhand solche Unternehmen mit höherer Wahrscheinlichkeit an westdeutsche Investoren. „Gerade produktive DDR-Firmen blieben seltener in ostdeutschem Eigentum“, erklärt ifo-Forscher Lukas Mergele.

 „Nach Abschluss der Haupttätigkeit der Treuhand 1995 fanden sich rund 51 Prozent der Firmen, 64 Prozent der Umsätze und 68 Prozent der Arbeitsplätze aus den in der Stichprobe analysierten DDR-Staatsunternehmen in mehrheitlich westdeutscher Hand“, fasst ZEW-Ökonom Moritz Lubczyk zusammen. Je produktiver die Unternehmen, desto höher der Anteil von Westdeutschen unter den Eignern. ifo-Forscher Mergele erklärt dieses Ergebnis so: „Westdeutsche Investoren verfügten zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung über einen besseren Zugang zu Finanzkapital. Sie waren erfahrener in der Führung marktwirtschaftlich orientierter Unternehmen. Darüber hinaus waren sie im Verhältnis zu Investoren aus dem Osten Deutschlands wahrscheinlich auch wirtschaftlich und politisch besser vernetzt. Bei den von der Treuhand gesetzten Kriterien waren westdeutsche Investoren also als zukünftige Unternehmenseigentümer möglicherweise besser geeignet. Aber es bleibt die Umverteilung von Firmenbesitz von Ost nach West festzuhalten.“ Produktive Unternehmen auch lange nach Privatisierung wirtschaftlich aktiv Zu den Vorwürfen, die Treuhand habe produktive Unternehmen abgewickelt, erklärt ZEW-Experte Lubczyk: „Es gab durchaus Schließungen von produktiven Firmen. Jedoch zeigen unsere Ergebnisse, dass produktivere Unternehmen seltener geschlossen wurden.“ Unter den am wenigsten produktiven Firmen hat die Treuhand weniger als 40 Prozent privatisiert. Unter den produktivsten stieg dieser Anteil auf über 70 Prozent an. Die Treuhand erreichte durchschnittlich für produktivere Unternehmen auch höhere Beschäftigungs- und Investitionszusagen, fanden die Forscher des Weiteren heraus. Auf Grundlage der verfügbaren Daten ließe sich allerdings nicht ermitteln, dass die Treuhand in den Verhandlungen mit potenziellen Investoren das für die öffentliche Hand bestmögliche Ergebnis erzielt habe. „Unternehmen mit höherer Produktivität am Anfang hatten auch eine höhere Wahrscheinlichkeit, 20 Jahre nach Privatisierung noch wirtschaftlich aktiv zu sein“ sagt Mergele.

Die Aussagen beruhen auf statistischen Auswertungen. Sie beschreiben Tendenzen im Durchschnitt über alle Firmen. Eine Aussage über Privatisierungsentscheidungen von Einzelfirmen sei damit nicht möglich. Die Daten verfolgen Eigentümerschaften nur bis zum zweiten Grad. Eigentümerschaften sind nach Mehrheitsanteilen klassifiziert, Minderheitenpositionen sind darin nicht berücksichtigt. Die „kleinen Privatisierungen“ von Geschäften, Restaurants und Hotels, die größtenteils von Ostdeutschen erworben wurden, sind nicht den Daten enthalten.

Die Studie zum Download

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