Der  Zentralrat Deutscher Sinti und Roma setzt große Erwartungen auf die EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland heute für die kommenden sechs Monate übernimmt. 

„Deutschland hat jetzt eine große Verantwortung und Chance, ein geeintes und gerechtes Europa gestärkt aus der gegenwärtigen Krise zu führen. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt ausdrücklich das Bekenntnis Deutschlands, den zunehmenden und oftmals gewaltbereiten Antiziganismus in Europa entschlossen zu bekämpfen und noch in diesem Herbst die neue EU Rahmenstrategie für die gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma zu verabschieden. Denn dieser oftmals gewaltbereite Antiziganismus, dieser spezifische gegen Sinti und Roma gerichtete Rassismus, ist die Ursache für die desolate Situation, in der viele Roma in ihren Heimatländern leben müssen.“ so Rose. 

Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma unterstrich die besondere historische Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland, Antiziganismus, Rassismus und Antisemitismus in Europa entschieden zu bekämpfen:

„Europa sieht sich heute wieder einem neuen Nationalismus, Antiziganismus und Antisemitismus gegenüber. Es ist abscheulich, wenn selbst während dieser für die ganze Welt bedrohlichen Pandemie rechtsextreme und nationalistische Politiker in zahlreichen Ländern gezielt rassistische Stimmung gegen Roma schüren. In der letzten Zeit waren wir Zeugen zahlreicher rechtsterroristischer Mordanschläge in Deutschland und in anderen europäischen Ländern.“

Der Zentralrat fordert daher alle EU Mitgliedsstaaten auf, den Holocaust an 500.000 im NS-besetzten Europa ermordeten Sinti und Roma anzuerkennen. Die Anerkennung und Bekämpfung des Antiziganismus ist eine grundlegende Verpflichtung, um Rechtsstaat und Demokratie in Europa zu verteidigen, so Rose. 

Der Zentralrat sieht Europa vor großen Herausforderungen zur Bewältigung der Covid-19 Pandemie. Mehr denn je zeigen die Auswirkungen der Corona-Krise, dass sich die Europäische Union und die EU Mitgliedsländer wie auch die Länder des Westlichen Balkans für eine nachhaltige Verbesserung der Lage von Roma in Europa und für die Bekämpfung des Antiziganismus einsetzen müssen. 

Eine systematische Politik der Ausgrenzung hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass hunderttausende Menschen in ausgegrenzten, menschenunwürdigen Siedlungen leben, oftmals ohne ausreichenden Zugang zu Trinkwasser und jeglicher Grundversorgung. Der Zugang zu Arbeit und Bildung, zu menschenwürdigen Wohnverhältnissen und zur Gesundheitsversorgung war bereits 2011 bei der ersten EU-Rahmenstrategie als Ziel formuliert, gleichwohl hat sich die Lage großer Teile der Roma Minderheiten seitdem bestenfalls punktuell verbessert, oftmals aber erheblich verschlechtert.

Die Europäische Kommission wird im Oktober 2020 die neue EU Rahmenstrategie für die gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma und die Bekämpfung von Antiziganismus vorlegen. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erwartet, dass die deutsche Bundesregierung während ihrer EU-Ratspräsidentschaft alle Mitgliedsländer ebenso wie die EU Beitrittsländer im Westbalkan zu einem starken und verbindlichen politischen Bekenntnis zur Umsetzung dieser Strategie verpflichtet.

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht auch Deutschland in der Pflicht verstärkt den  Antiziganismus zu bekämpfen und den EU Handlungsrahmen auf Kommunaler-, Länder- und Bundesebene umzusetzen. Die von der Bundesregierung im Frühjahr 2019 eingesetzte Unabhängige Kommission Antiziganismus wird voraussichtlich Anfang 2021 der Bundesregierung und dem Bundestag ihre Ergebnisse und Handlungsempfehlungen vorlegen.  Der Zentralrat regt an, dass die Bundesregierung noch vor Ende der Legislaturperiode einen „Bundesweiten Rahmen für die Bekämpfung von Antiziganismus und die gleichberechtigte Teilhabe von Sinti und Roma“ entwickelt und beschließt. Dieser bundesweite Rahmen sollte die Empfehlungen der Unabhängigen Kommission Antiziganismus aufgreifen und die Umsetzung der neuen EU-Rahmenstrategie in Deutschland gewährleisten. 

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert die Bundesregierung auf, einen Dialog- und Konsultationsprozess mit Ländern und Kommunen, mit Selbstorganisationen von Sinti und Roma sowie mit der weiteren Zivilgesellschaft und mit Facheinrichtungen zu koordinieren, um zukünftige Ziele und Maßnahmen zu definieren. Als Grundlage für diesen Konsultationsprozess legt der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma drei Monitoringberichte zur Umsetzung der bisherigen „Integrierten Maßnahmenpakete zur Integration und Teilhabe der Sinti und Roma in Deutschland" (2011-2020) vor.

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