Die Erfolgsgeschichte der „Räuberbahn“ Altshausen – Pfullendorf als Blaupause für die Reaktivierung der Ablachtalbahn von Mengen nach Stockach nutzen: Das ist das Fazit, das der Verkehrsclub Deutschland (VCD) aus seiner Exkursion zur Räuberbahn zieht. VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb konnte am Bahnhof Aulendorf unter den Teilnehmern auch die Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden begrüßen. Lieb informierte zunächst über den Stand der Elektrifizierung der Südbahn und bedauerte, dass auch im aktuellen Entwurf des Deutschlandtaktes kein Fernverkehr vorgesehen sei. „Bund und Land müssen hier die Planungen korrigieren, damit mit der Elektrifizierung auch wieder ein regelmäßiger Fernverkehr vom Rheinland bis an den Bodensee und nach Vorarlberg eingerichtet wird“, fordert Lieb.

Anschließend berichtete Matthias Lieb über das Streckenreaktivierungsprogramm des Landes. Dies sei ein Beitrag zur Verdoppelung der Fahrgastzahlen. In den vergangenen Jahren seien sowohl im Ballungsraum Stuttgart (Beispiel Schönbuchbahn) als auch im ländlichen Raum (Beispiel Schwäbische Alb-Bahn) wieder Bahnlinien erfolgreich reaktiviert worden. Aktuell würden 41 weitere Strecken auf ihre Reaktivierungswürdigkeit für den regulären Schienenpersonennahverkehr durch das Verkehrsministerium Baden-Württemberg untersucht, konnte Lieb berichten. In der Region Oberschwaben seien dies die Räuberbahn Altshausen – Pfullendorf, die Ablachtalbahn Mengen – Stockach sowie die Moorbahn nach Bad Wurzach.

In einem weiteren Vortrag informierte Frank v. Meißner, Eisenbahnbetriebsleiter der „Räuberbahn“, sachkundig über die stufenweise Reaktivierung einer jahrelang stillgelegten Bahnlinie im ländlichen Raum. Mit pfiffigen Ideen und viel Engagement für die Eisenbahn wurde „Unmögliches möglich gemacht“. So konnten Fördermittel der EU für einen Bahnhaltepunkt mit Eisenbahn-Erlebnispfad am Hoßkircher Badesee gewonnen werden. Durch die Nutzung von gebrauchten Bahnübergangssicherungen wurden die Kosten auf ein Viertel eines Neubaus bei gleicher Sicherheit reduziert. Neu fahren die Ausflugszüge sowohl samstags als auch sonntags, direkt von Ulm, und mit längeren Zügen — nachdem im letzten Jahr die Nachfrage nach Radmitnahmekapazitäten an manchen Tagen das Angebot übertroffen hatte. Die Saison 2019 brachte mit 5.400 Fahrgästen eine Rekordnachfrage.
„Auch der Güterverkehr entwickelt sich positiv, Langholztransporte konnten so von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Pro Zugfahrt werden 5 Tonnen CO2 im Vergleich zum LKW-Verkehr eingespart“, erläuterte der Eisenbahnfachmann.

Die Räuberbahn ist ein kommunal verantwortetes Unternehmen der Stadt Pfullendorf und weiterer Anliegergemeinden. Die Kommunen hatten nach der erfolgreichen Reaktivierung die Strecke schließlich 2015 von der DB gekauft. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten investieren sie Zug um Zug in den weiteren Ausbau.

In der weiteren Diskussion wurde deutlich, dass dieses Modell der kommunalen Trägerschaft mit begrenzten Kosten auch gut auf die Ablachtalbahn übertragbar ist. Die Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden betonte, dass bei den Reaktivierungen nicht alles Geld in den Großraum Stuttgart fließen dürfe, sondern dass auch der ländliche Raum angemessen berücksichtigt werden müsse. Gerade die Ablachtalbahn habe eine wichtige Netzfunktion. „Die Ablachtalbahn hat als Umleitungsstrecke für die Bodenseegürtelbahn bei deren Sanierung und Elektrifizierung eine große Bedeutung. Schon heute könnte sie für einen Ausflugsverkehr sowie für den Kies-, Holz- und weiteren Güterverkehr genutzt werden“, fasst VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb die Diskussion zusammen. Entscheidend für den Erfolg sei die lokale Verantwortung der Kommunen für „ihre Bahn“, so Lieb.

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