Das Thema Elektromobilität hat in den letzten Jahren auch im öffentlichen Nahverkehr in Städten immer stärker an Bedeutung gewonnen. In diesem Zusammenhang haben sich Trolleybus-Systeme als moderne und emissionsfreie Alternative zu Dieselbussen etabliert. Die Infrastrukturinvestitionen machten die umweltfreundlichen Systeme aus wirtschaftlicher Sicht bisher erst ab einem entsprechenden Verkehrsaufkommen wirtschaftlich. Gleichzeitig sind neben der Spurführung an der Oberleitung Infrastrukturelemente wie Weichen und Kreuzungen notwendig, die mit einem nicht unerheblichen Kosten- und Instandhaltungsaufwand einhergehen.   Das von Electric Mobility Europe (EME) geförderte Projekt trolley:2.0 untersucht deshalb batterieelektrische Trolley-busse und wie diese durch In-Motion-Ladekonzepte weitere Vorteile erschließen können. Zu den Potentialen dieser Technologie gehört ein leistungsfähiger und verlässlicher Betrieb, da die bewährte Technologie des Trolleybusses mit moderner Energiespeichertechnologie verbunden wird. Durch den Onboard-Energiespeicher können Abzweige, Kreuzungen oder Streckenabschnitte, wo eine Elektrifizierung aufwändig oder aus ästhetischen Gründen unerwünscht ist, fahrleitungsfrei ausgeführt werden.

Zudem können im Betrieb zusätzliche Freiheitsgrade genutzt werden: Verlegung von Umläufen, Erweiterung bestehender Linien und Erschließung durch neue Linien.

In den vier Projektstädten Eberswalde (DE), Szeged (HU), Gdynia (PL) und Arnheim (NL) hat dafür im April 2018 die Implementierung der Hybrid-Oberleitungsbusse begonnen. Es hat sich dabei bisher gezeigt, dass sich der Ausbau mit der In-Motion-Charging-Technologie vor allem in Städten mit einem historischem Altstadtkern bezahlt macht. In den historischen Gebieten kann auf die Errichtung der Oberleitungsanlage verzichtet werden.

Seit dem Projektstart gab es verschiedene unvorhergesehene Herausforderungen, auch durch die COVID 19 Pandemie, dennoch liegt trolley:2.0 überwiegend im avisierten Zeitplan und wird wie geplant Ende 2020 zu einem Abschluss kommen.

Neue Erkenntnisse zu den Möglichkeiten von batterieelektrischen Trolleybussen und smarten Trolleynetzen in den vier Partnerstädten

Nach dem letzten Zwischenbericht aus dem Jahr 2019 hat sich beim trolley:2.0-Projekt und in den Partnerstädten wieder einiges getan. So wurde in allen Städten im vergangenen Jahr in mehrere Hybrid-Oberleitungsbusse investiert, die sich auf einzelnen Strecken bereits im Einsatz befinden. Durch die Stromversorgung sowohl über die Oberleitungen als auch über die Batterien im Bus konnte vor allem die Anbindung von Randbezirken der Partnerstädte verbessert werden.

In Arnheim können die Trolleybusse etwa mindestens zehn Kilometer im autonomen Betrieb fahren und so auch den lokalen emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr außerhalb der Stadt gewährleisten. Zukünftig ist geplant, dass im ganzen Stadtverkehr von Arnheim ausschließlich batterieelektrische Trolleybusse verkehren. Die Teilstrecken ohne Fahrleitung sollen dabei batterieelektrisch befahren werden.

Auch im Stadtgebiet von Eberswalde sind inzwischen vollständig lokal emissionsfreie Fahrten möglich, nachdem die BBG Eberswalde ihre Busse mit Lithium-Ionen-Batterien umgerüstet hat. BBG plant die komplette Umstellung der derzeit dieselbetriebenen Regionalbuslinie und sieht vor, diese als batterieelektrische Oberleitungsbuslinie durchzuführen.

Bisher wurden dafür bereits neun der 12 Oberleitungsbusse mit Batterien ausgestattet. Ab September 2020 sollen dann die ersten Batterieoberleitungsbusse auf der Linie 910 verkehren.

Das polnische Gdynia arbeitet, ebenso wie Arnheim und Eberswalde, an der Ausweitung der Trolleybuslinien in der Metropolregion. Zum einen fokussieren sich die Planungen dabei auf bereits existierende Strecken, auf denen Dieselbusse mit Trolley- und E-Bussen ausgetauscht werden sollen. Zum anderen entwickeln die Verkehrsbetriebe auch neue Trolleybuslinien, welche Teile der Strecke ohne Oberleitung befahren sollen.

In Szeged, Ungarn wird die Wirtschaftlichkeit der Systeme wiederum durch die Entwicklung und Vorbereitung des Einsatzes von neuen Midi-Trolleybus-Typen (8m) auf Batteriebasis erhöht. Der erste Midi-Batterie-Trolleybus wurde im April 2020 fertiggestellt und durchlief bereits mehreren Tests. Letztendlich soll dieser auf der Linie 77A in Szeged verkehren, wo er auf einer Strecke von 30 km bis zu 20 km ohne Oberleitung fahren soll. Der Bus profitiert dabei von einer Gewichtsreduktion von gut 20 Prozent durch den Kompositrahmen, der gleichzeitig als isolierendes Material fungiert.

Herausforderungen im Projektablauf

Bei bestimmten Projektschritten gab es in allen vier Städten Verzögerungen. Häufige Ursachen waren fehlende Zertifizierungen der Fahrzeuge, die länger als geplant dauerten, oder technische Probleme mit den Batterien. So ergaben sich etwa in Eberswalde regelmäßig neue technische Hürden, wie z.B. die Softwarekompatibilität von Batterie und Bus, die die BBG und Batteriehersteller immer wieder vor neue Herausforderungen stellte. Für die BBG Eberswalde bedeutete das, dass sich die Umrüstung der Oberleitungsbusse aufgrund des höheren zeitlichen Aufwands bei der Batteriebeschaffung und Installation enorm verzögerte. Der neue Plan lautet deshalb, dass die ersten Batterieoberleitungsbusse ab September 2020 auf der Linie 910 verkehren. 

Die Ausbreitung des Coronavirus sorgte zusätzlich für weitere Herausforderungen in den Partnerstädten, da die Techniker durch die Reisebeschränkungen nicht in der Lage waren, in die Städte zu gelangen, und sich Lieferungen verzögerten Die Verlängerung des Projekts in Folge der Virusauswirkungen ist daher bereits genehmigt.

Studie zu SES-Systemen in Gdynia

Durch den kontinuierlichen Austausch der Verkehrsbetriebe mit den jeweiligen Projektuniversitäten Dresden, Gdynia, Delft und Danzig stehen im Rahmen von trolley:2.0 auch immer wieder Studien an, die den Projekterfolg unterstützen sollen. In Gdynia erfolgte so etwa eine Studie zu den Möglichkeiten von Stationary Energy Storage (SES)-Systemen inklusive der Nutzung von 2nd-Life-Batterien. Dafür wurde ein Gleichrichterunterwerk mit einem SES-System ausgerüstet. Dieses System nutzt einen stationären Speicher um rekuperierte Energie zu speichern. Gleichzeitig werden bei der Energieentnahme Leistungsspitzen aus der vorgelagerten Energieversorgung reduziert. Damit kann auch der Kostenanteil, der zu vergütenden 15-min-Leistung reduziert und gleichzeitig die Spannungshaltung im Fahrleitungsnetz verbessert werden.

Pläne für die Errichtung eines 350kW opportunity charger in Arnheim

Konsortialpartner Power Research Electronics entwickelt zudem aktuell ein DC-Charger-Prototyp, welcher anschließend – integriert in die Trolley-Netze in Eberswalde und Arnheim – getestet wird. Dieser soll es Hybrid-Oberleitungsbussen ermöglichen, auch an Endhaltestellen einige Minuten die Batterie zu laden und einen sicheren Umlauf zu gewährleisten. Bis August soll das Design fertig sein und danach getestet werden. Die abschließende Evaluation des Systems ist bis spätestens Dezember 2020 geplant.

Electric Mobility Europe Projekt trolley:2.0 fördert Akzeptanz von Hybrid-Oberleitungsbussen

In den zwei Jahren seit Projektbeginn hat das von Electric Mobility Europe (EME) geförderte Projekt trolley:2.0 dazu beigetragen, eine bessere Bewertungsgrundlage von Hybrid-Oberleitungsbussen zu schaffen. Auch die User Forum Meetings, welche bereits im November 2018 in Solingen und ein Jahr später in Linz stattfanden, haben die Akzeptanz von Oberleitungsbussen in Europa, mit denen der Verkehr in Städten lokal emissionsfrei gestaltet werden soll, verbessert.

Insgesamt haben rund 200 Teilnehmer am trolley:2.0 User Forum/Nutzerforum teilgenommen und hier die Möglichkeit genutzt, sich über die trolley:2.0 Innovationen, die neusten Entwicklungen bzgl. Hybrid-Oberleitungsbusse und smarte Trolley Netze auszutauschen. Zahlreiche Machbarkeitsstudieren zur Einrichtung von Hybrid-Oberleitungsbuslinien konnten so mithilfe des trolley:2.0 Nutzerforums vorbereitet und durchgeführt werden.

"Hierdurch trägt das trolley:2.0 Projekt zur derzeitigen Renaissance von Oberleitungsbussystemen in Europa bei."

Für das User Forum konnten folgende Städte bzw. Betriebe gewonnen werden: Salzburg AG, (AT), Stadwerke Solingen, (DE), BKV Budapest (HU), MPK Lublin und PKT Gdynia (PL), Hordaland AG, Bergen, (NO), Municipality of Maribor (SLO), Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), (DE), OSY S.A. Athens, (GR), Pilsen city transport company (CZ), TPER SpA, Bologna (IT), Verkehrsverbund Klagenfurt, (AT), Verkehrsbetrieb Zürich (CH), Marburger Verkehrsgesellschaft, (DE)

Aktuelle Neuigkeiten zum Projekt finden Sie unter https://www.trolleymotion.eu/trolley2-0/.

Über trolley:motion, Verein z. Förderung von modernen E-Bus-Systemen

Eine moderne Stadtentwicklung und die Sicherung der städtischen Mobilität sind heute zwei wichtige Herausforderungen, um die Lebensqualität im urbanen Raum nachhaltig zu erhalten. Intelligente und moderne öffentliche Verkehrssysteme gewährleisten das fundamentale Recht auf Mobilität bei gleichzeitiger Minimierung negativer Umwelteinflüsse wie Schadstoffe, Lärm oder den Verbrauch von städtischen Lebensräumen.

Das Trolleybus-System ist eine erprobte und zukunftsfähige elektrische Antriebstechnologie zur Bewältigung dieser Herausforderungen. Es bietet dieselben Vorteile für die Stadtentwicklung wie die an Schienen gebundenen Systeme U-Bahn und Straßenbahn, kann jedoch deutlich rascher und flexibler auf das Wachstum von Städten reagieren.

trolley:motion wurde 2004 gegründet und ist seit 2007 als gemeinnütziger Verein eingetragen, der sich international für die Erhaltung, den Auf- und Ausbau von elektrischen Stadtbus-Systemen sowie für die Weiterentwicklung des Trolleybus-Systems engagiert.

trolley:motion: unsere Hauptaufgaben

 Information und Aufklärung über zukunftsfähige städtische Mobilitätslösungen, insbesondere Trolleybus- Systeme (Website, Fachwiki, …)

 Organisation internationaler Fachkonferenzen: Zürich 2008, Luzern 2010, Leipzig, 2012, Hamburg 2014 und Berlin 2016

 Mitarbeit in (EU-)Forschungsprojekten (u. a. ACTUATE, ELIPTIC, TROLLEY, trolley:2.0) und die Koordination von Experten

 Erfahrungsaustausch und Vernetzung von Städten und Unternehmen

 Wissenstransfer zwischen Entscheidungsträgern, Mitarbeiter von Verkehrsbetrieben und Interessierte

 Öffentlichkeits- und Lobbyingarbeit für den Trolleybus

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