Die Grundrente kommt. Die Unionsparteien haben ihre Bedenken gegen das umstrittene Prestige­objekt der SPD aufgegeben, obwohl die zur Finanzierung des Wahlversprechens vorgesehene eu­ropäische Finanztransaktionssteuer weiter auf sich warten lässt. Aber Geld spielt in Corona-Zeiten für die Politik anscheinend keine Rolle mehr. Bei einer Rekord-Neuverschuldung von 218 Mrd. Euro, wie sie der Bundestag vor wenigen Tagen im Rahmen eines zweiten Nachtragshaushalts be­schlossen hat, sind 1,3 Mrd. Euro für das erste Jahr Grundrente für viele Volksvertreter offenbar nur noch Peanuts.

Freuen dürfen sich die rund 1,3 Mio. Bezieher von Kleinstrenten in Deutschland, die voraussichtlich ab Juli 2021 auf einen Aufschlag von maximal 404,86 Euro monatlich auf ihre Mini-Rente hoffen dürfen – so lange wird es dauern, bis die Rentenversicherungsträger die Anspruchsberechtigten und die Höhe deren Ansprüche ermittelt hat.

Viele Mini-Rentner werden aber auch enttäuscht sein, wenn sie im nächsten Jahr feststellen müs­sen, dass der erwartete Rentenzuschlag deutlich kleiner als erwartet ausfällt. Entgegen der Be­zeichnung garantiert die Grundrente dem Leistungsempfänger kein Renten-Mindesteinkommen und schon gar nicht in auskömmlicher Höhe. Die Grundrente ist lediglich ein individueller Rentenzu­schlag für Rentenversicherte mit mindestens 33 Beitragsjahren und einem durchschnittlich versi­cherten Einkommen von weniger als 80 Prozent des Durchschnittseinkommens aller Versicherten. Den vollen Rentenzuschlag erhalten zudem nur diejenigen, deren monatliches Renteneinkommen als Alleinstehende 1250 Euro und als Paar 1950 Euro nicht überschreitet, wobei zu versteuerndes Einkommen und Kapitalerträge bei der Berechnung der Grundrente einbezogen werden. Den maxi­malen Rentenzuschlag dürften daher nur wenige Mini-Rentner erwarten. Der Gesetzgeber geht bei der Grundrente aktuell von einem durchschnittlichen Aufschlag von 75 Euro aus.

Angesichts der Tatsache, dass in Deutschland rund 9 Millionen Versicherte Alters- und Erwerbsmin­derungsrenten unter 800 Euro beziehen und mehr als 550.000 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes auf Grundsicherung angewiesen sind, ist die neue Grundrente nur ein bescheidender Beitrag zur Verhinderung oder Verringerung von Altersarmut. Sie Ist damit nach Auffassung des CGB kein Ersatz für eine grundlegende Rentenreform.

Die von der Rentenreformkommission Ende März vorgeschlagenen „Haltelinien“, nach denen das Rentenniveau nach 2025 auf einem Niveau zwischen 44 und 49 Prozent gehalten werden soll, bei einem Beitragssatz zwischen 20 und 24 Prozent, reichen nach Auffassung der christlichen Gewerk­schaften nicht aus, um einen weiteren Anstieg der Altersarmut zu verhindern. Statt punktueller Ver­besserungen wie „Mütterrente II“ und „Grundrente“ brauchen wir endlich eine Rentenreform, die die­sen Namen verdient und mit der für alle Versicherten ein auskömmliches Alterseinkommen sicher­gestellt wird.

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