Im April hatten die G20-Finanzminister*innen beschlossen, 73 der ärmsten Länder der Welt ihren Schuldendienst bis Ende des Jahres zu stunden, um Mittel zur Bekämpfung der Pandemiefolgen freizusetzen. Bisher haben 41 Länder einen Antrag gestellt, wodurch sie im Jahr 2020 bis zu 9 Milliarden US-Dollar einsparen können. Die Initiative für das Schuldenmoratorium (Debt Service Suspension Initiative, DSSI) schließt jedoch private und multilaterale Gläubiger bisher nicht verbindlich ein, so dass Schulden an private Gläubiger und multilaterale Institutionen wie die Weltbank weiter geleistet werden müssen.
„Das vorübergehende Schuldenmoratorium der G20 war ein wichtiger erster Schritt. Insgesamt ist er aber völlig unzureichend, um die schlimmsten wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie abzuwehren. Die G20 müssen alle Schuldenzahlungen bis Ende 2022 erlassen und durch entsprechende Gesetze und Vorgaben dafür sorgen, dass dies auch für Schulden bei privaten Gläubigern und multilateralen Institutionen wie der Weltbank gilt. Zudem müssen die G20 auch Länder mit mittlerem Einkommen in die Schuldeninitiative einbeziehen. Wir erwarten von Bundesfinanzminister Scholz, dass er sich für diese Schritte stark macht“, fordert Tobias Hauschild, Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Oxfam Deutschland.
Schuldendienst übersteigt das Gesundheitsbudget armer Länder um ein Vielfaches
An private Gläubiger müssen die 73 Länder in diesem Jahr mindestens 11,6 Milliarden US-Dollar zurückzahlen, das ist etwa viermal so viel, wie Uganda, Malawi und Sambia zusammen für ihre jährlichen Gesundheitshaushalte zur Verfügung stehen. An multilaterale Institutionen müssen sie weitere etwa 13,8 Milliarden US-Dollar leisten. Allein der Weltbank schulden sie in diesem Jahr 3,77 Milliarden US-Dollar.
Hinzu kommt: Länder wie Ghana und Kenia, die 354 Millionen bzw. 802 Millionen US-Dollar an bilateralen Schuldenrückzahlungen einsparen könnten, zögern mit der Antragstellung, weil sie befürchten, von Ratingagenturen abgewertet zu werden, wodurch sich künftige Kreditaufnahmen verteuern würden.
Tobias Hauschild weiter: „Die weltweiten wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Krise sind bereits jetzt verheerend. Bis zu 500 Millionen Menschen drohen infolge der Krise in Armut abzurutschen. Die G20 müssen diese Katastrophe verhindern und den Ländern des globalen Südens Schulden für mehrere Jahre erlassen und so den notwendigen finanziellen Spielraum schaffen, um in öffentliche Gesundheits-, Bildungs- und sozialen Sicherungssysteme investieren und betroffenen Menschen Bargeldzuschüsse gewähren können.“
Hintergrund
- Der neue Bericht von Oxfam, Christian Aid and Global Justice Now mit dem Titel "Passing the Buck on Debt Relief" steht zum Download bereit unter https://oxfam.box.com/v/passingthebuck
- Auch einige Länder mit mittlerem Einkommen sind von den laufenden Entschuldungsbemühungen ausgeschlossen, obwohl sie am Rande des Zahlungsausfalls stehen. Riesige Staatsausgaben und einbrechende Einnahmen ohne Möglichkeit, diese Lücke mit Krediten zu füllen, könnten eine Lawine von Staatsausfällen auslösen – Argentinien, Ecuador und Libanon sind in diesem Jahr bereits zahlungsunfähig geworden -, die die Weltwirtschaft in Aufruhr versetzen und Erholungsbemühungen zunichte machen könnte.
Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, die weltweit Menschen mobilisiert, um Armut aus eigener Kraft zu überwinden. Dafür arbeiten im Oxfam-Verbund 20 Oxfam-Organisationen Seite an Seite mit rund 3.600 lokalen Partnern in mehr als 90 Ländern.
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