„Nach dem derzeitigen Stand, auch infolge der Corona-Pandemie, ist nicht mit nennenswerten Rückgängen bei den Wohnungsmieten zu rechnen“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „In den Ballungszentren dürfte es – soweit überhaupt – bei Neuvermietungen nur zu marginalen Entlastungen speziell im Bereich des sehr guten Wohnwertes bzw. zu einer Dämpfung der schon fast üblichen Mietpreissteigerungstendenzen kommen. Diese Dämpfungseffekte resultieren insbesondere aus einem verringerten Zuzugsdruck, stagnierenden Realeinkommen und der Angst vor Kurzarbeit bzw. Arbeitslosigkeit.“
In der IVD-Untersuchung, die kurz vor dem Ausbruch der Pandemie durchgeführt wurde, fiel die Aufwärtstendenz bei Häusern zur Miete deutlicher aus als bei den Wohnungsmieten. Während sich die Mieten für neugebaute und gebrauchte Reihenmittelhäuser und Doppelhaushälften zwischen +2,2 % und +2,5 % im Halbjahresvergleich verteuerten, legten die Mieten für Altbau-, Bestands- und Neubauwohnungen zwischen +1,1 % und +1,5 % zu (alle Angaben beziehen sich auf Objekte mit gutem Wohnwert). Grundsätzlich schwächten sich die Mietzuwächse gegenüber den letzten Jahren ab.
„Auffällig ist, dass die Mietzunahmen in Universitäts- und Großstädten, aber auch allmählich in den Mittelstädten den Zenit erreicht zu haben scheinen. Nur in Augsburg, Regensburg und Aschaffenburg wurden teilweise noch vergleichsweise hohe Mietanstiege registriert“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungs-instituts.
Im Gegensatz dazu wurden in Ingolstadt infolge der Dieselkrise und damit einhergehenden Arbeitsplatzsituation beim Automobilkonzern Audi teilweise hohe Rückgänge bei den Neuvertragsmieten gemessen: bei Bestandswohnungen beliefen sich diese auf -8,4 %, bei Neubauwohnungen auf -8,0 % und bei Altbauwohnungen auf -6,3 %. Tendenziell sind Mietrückgänge auch in Erlangen zu beobachten.
In der 10-Jahresbetrachtung, so der Vorsitzende des IVD Süd Martin Schäfer, „wurden höhere Mietzuwächse bei Häusern zur Miete gegenüber den Wohnungsmieten im gesamtbayerischen Durchschnitt deutlich. Während die Mieten für Reihenmittelhäuser um +51 % bzw. +52 % (Bestand- bzw. Neubauobjekte) und Doppelhaushälften um +52 % bzw. 49 % (Bestand- bzw. Neubauobjekte) zulegten, mussten Mieter für ihre Altbau- oder Bestandsmietwohnung jeweils +45 % und für ihre Neubauwohnung +41 % mehr zahlen.“ Unter Berücksichtigung der Inflationseffekte reduzieren sich diese Steigerungen allerdings.
Die Landeshauptstadt München
Die Mieten in München bewegen sich seit Jahren auf einem sehr hohen Niveau und erreichten Anfang Frühjahr 2020 erneut Rekordwerte. Zwar erfuhr der Münchner Mietmarkt bereits im Herbst 2019 eine spürbare Einbremsung der Mietanstiege, die auch in der aktuellen Untersuchung bestätigt wurde, aber dass es zu einem coronabedingten Einbruch der Preise bzw. einem signifikanten Rückgang der Neuvertragsmieten in München kommt, ist nicht zu erkennen.
Im Bereich der Mietwohnungen lag die Verteuerung im Halbjahresvergleich (Herbst 2019 – Anfang Frühjahr 2020) für Altbau- und Bestandswohnungen bei jeweils +0,6 % und für Neubauwohnungen bei +2,1 %.
Für Doppelhaushälften mussten Mieter +1,5 % bzw. +1,6 % (Bestand- bzw. Neubauobjekte) mehr zahlen als vor einem halben Jahr. Die Mieten für Reihenmittelhäusern legten etwas stärker zu: Bestandsobjekte zogen um +2,7 % und Neubauobjekte um +2,0 % zu.
In der 10-Jahresbetrachtung wird die problematische Situation am Mietmarkt noch anschaulicher. Die Mietzunahmen bei Altbauwohnungen lagen nominal bei +39 %, höhere Mietzuwächse wurden bei Bestandswohnungen (+42 %) und Neubauwohnungen (+48 %) gemessen. Mieten für Häuser legten im 10-Jahresvergleich ebenfalls deutlich zu: am stärksten die für Reihenmittelhäuser (Bestand +47 %, Neubau: +53 %).
Entwicklung in ausgewählten bayerischen Groß- und Mittelstädten:
Augsburg
Die Anspannung des Mietwohnungsmarktes in Augsburg hat sich in den letzten Jahren intensiviert. Nach wie vor besteht ein sehr starker Nachfrageüberhang bei Wohnungen. Durch das geringe Angebot an Bestands- und Neubauobjekten im Bereich Häuser zur Miete stellt sich dieser Teilmarkt unverändert als Vermietermarkt dar.
In Augsburg und den umliegenden Gemeinden mit guter Anbindung nach München ist ein Anstieg der Neuvertragsmieten festzustellen. Angesichts der überhitzten Immobilienmarktsituation in München sind Ausweicheffekte von Interessenten in Richtung Augsburg aufgrund des niedrigeren Preisniveaus klar erkennbar.
Ingolstadt
Der Immobilienmarkt in Ingolstadt nimmt in der bayernweiten Betrachtung eine Sonderrolle aufgrund der Dieselkrise rund um den Ingolstädter Automobilkonzern Audi ein. Aktuell kommt es zu einer Konsolidierung der Kauf- und Mietpreise, die lange von einer dynamischen Aufwärtsentwicklung geprägt waren. Während die Miet- und Kaufpreise zwischen 2015 und 2018 moderat bis deutlich zulegten, stellten sich seit der Dieselkrise und der damit einhergehenden wachsenden Verunsicherung um den Arbeitsplatz sinkende Preise ein. Stärker als die Kaufpreise sind die Mieten gesunken: Im Frühjahr 2020 ist ein Rückgang der Wohnungsmieten von über -8 % gemessen worden und das im Halbjahresvergleich.
Nürnberg
In Nürnberg steigen zwar die Wohnungsmieten, allerdings eher verhalten. In Relation dazu fallen die Anstiege bei den Kaufpreisen stärker aus. Generell ist der Nürnberger Mietmarkt nicht als überhitzt zu bezeichnen. Preissteigerungen werden in der Regel bei Mieterwechseln in einem moderaten Rahmen vorgenommen.
Sowohl im Bereich der Mietwohnungen als auch der Häuser zur Miete sind im Frühjahr 2020 Anstiege zu verzeichnen, die im Bereich der Reihenmittelhäuser/Bestand am stärksten ausfallen.
Kempten
In der 5-Jahresbetrachtung haben sowohl Kauf- als auch Mietpreise in Kempten deutlich angezogen. Gegenüber Frühjahr 2015 nahmen im Frühjahr 2020 die Kaufpreise für Eigentumswohnungen um +47 % und für freistehende Einfamilienhäuser um +23 % zu. Die Wohnungsmieten stiegen um +11 % (jeweils Bestandsobjekte). Mitverantwortlich für den Wohnungsmangel am lokalen Markt ist neben der unzureichenden Bautätigkeit die wachsende Studentenzahl.
Derzeit finden in Kempten Bemühungen statt, durch Lückenschließungen und Sanierung von Industriebrachen weitere Baugebiete für neuen Wohnraum zu schaffen.
Im Einzelnen berichtete Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Markt-forschungsinstituts, von folgenden marktrelevanten Tendenzen:
- Nominaler vs. inflationsbereinigter Anstieg der Mietpreise: Bei den Mietpreisen für Bestandswohnungen mit einem guten Wohnwert konnte in Bayern zwischen den Jahren 2000 und Frühjahr 2020 ein nominaler (also nicht-inflationsbereinigter) Anstieg von +80 % gemessen werden. Inflationsbereinigt liegt der Mietanstieg bei +41 %.
In München fiel die nominale Mietsteigerung für Wohnungen/Bestand im 20-Jahresvergleich mit +67 % niedriger als im bayerischen Durchschnitt (+80 %) aus. Der inflationsbereinigte Mietanstieg beträgt in München +33 %. Während die Inflationsrate seit dem Jahr 2000 um +30 % anstieg, fiel der Mietanstieg mit +76 % für Altbauwohnungen und jeweils +67 % für gebrauchte und neuerrichtete Mietwohnungen deutlich höher aus.
- Bautätigkeit rückläufig: Bayernweit ist die Anzahl der fertiggestellten Wohnungen in Wohngebäuden zwischen den Jahren 2018 und 2019 moderat um -2,6 % gesunken.
In München fällt der Rückgang mit -21,6 % drastisch aus. Aufgrund sinkender Baugenehmigungen im Jahr 2019 (-10,7 % zum Vorjahr) wird die Bautätigkeit kurz- und mittelfristig weiter sinken und dadurch die Wohnungsproblematik verschärfen.
- Arbeitslosigkeit infolge der Corona-Krise steigend: Im Mai 2020 waren bayernweit 290.580 Erwerbslose registriert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeutet dies einen sprunghaften Anstieg von +44,4 %. Die Arbeitslosenquote im Freistaat lag im Mai 2020 bei 3,8 %.
Einen vehementen Zuwachs erfuhren außerdem die Anzeigen über Kurzarbeit: Im Mai 2020 wurden bayernweit rd. 13.400 Anträge gestellt, in denen rd. 220.000 Personen genannt wurden (Vergleich zu Mai 2019: rd. 200 Anträge, in denen rd. 5.700 Personen genannt wurden). Den bisherigen Höhepunkt mit über 1,5 Mio. Menschen, die von der Kurzarbeit betroffen waren, stellte der Monat April 2020 dar.
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