- Deutscher Fußball Botschafter:
Frau Berger, Frau Marozsán, das Thema Corona ist mittlerweile ein ständiger Begleiter und schränkt die ganze Welt, nicht nur den Sport, ein – wie geht es Ihnen und wie sind Sie mit den vergangenen Wochen persönlich umgegangen?
Dzsenifer Marozsán:
Gesundheitlich geht es mir und meiner Familie derzeit gut und ich denke das ist im Moment das Allerwichtigste. Auch wenn mir der Fußball sehr fehlt. Es ist etwas erschreckend, wie das Corona-Virus unsere Welt einschränkt. Ich hätte nie gedacht, dass es so massiv ausbricht und die gesamte Welt verändert.
Ann-Katrin Berger:
Persönlich habe ich versucht das Beste daraus zu machen. Ich habe versucht, mich bestmöglich mit dem Programm, das ich von meinem Verein bekommen habe, fit zu halten. Dazu habe ich auch versucht meine Familie fit zu halten, indem ich jeden Tag über WhatsApp ein Fitness Programm für sie vorbereitet und mit ihnen durchgeführt habe.
Natürlich habe ich mich auch immer wieder über den Virus schlau gemacht, dazu muss ich aber echt gestehen, dass ich nicht viel darüber wissen oder lesen möchte, weil es mich zu sehr runterzieht.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Spielen Ihre krankheitsbedingten Erfahrungen im Umgang mit Corona in Ihrem Alltag eine Rolle?
Dzsenifer Marozsán:
Anfangs hatte ich Bedenken, dass ich eine Risikoperson sein kann, mittlerweile bin ich etwas entspannter, da ich mich komplett nochmal habe untersuchen lassen. Als Ergebnis der Untersuchung wurde mir mitgeteilt, dass alles super gesund aussieht. Ich gehe mit dem Virus sehr gewissenhaft um und befolge sämtliche ärztlichen Vorgaben.
Ann-Katrin Berger:
Persönlich muss ich natürlich sehr aufpassen, wenn ich Einkaufen gehe oder zur Apotheke, aber ich habe mich sehr schnell daran gewöhnt, dass ich zum Beispiel, sobald ich ins Haus komme, sofort meine Hände wasche und sie auch desinfiziere. Wenn ich dann mal draußen bin, versuche ich natürlich die Vorschriften zu beachten, sei es beim Joggen oder beim Einkaufen.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Welche Vorkehrungen / Sicherheitsmaßnahmen, sofern benötigt, gab es seitens Ihrer Vereine?
Dzsenifer Marozsán:
Wir sind seit dem 17. März in Quarantäne und durften bis heute das Trainingsgelände nicht betreten. Das heißt, mein Verein folgt den Vorgaben der Regierung und es wurde nun mal in Frankreich verboten die Mannschaftssportarten fortzuführen. Wir haben jeden Tag Kontakt mit unserem Mannschaftsarzt. Wir geben täglich unsere Körpertemperatur bei ihm an. Außerdem erhalten wir jede Woche einen Trainingsplan, den wir von zuhause aus individuell durchzuführen haben. Die Situation ist nicht einfach, da unsere Liga schon abgesagt wurde. Jedoch gibt es noch keine konkreten Entscheidungen bezüglich der Champions League und dem nationalen Pokalwettbewerb. Aus diesem Grund müssen wir uns fit halten. Unser gesamtes Team hat natürlich auch schon einen Corona-Test durchgeführt. Der Verein tut alles, damit es uns Spielerinnen gesundheitlich gut geht. Olympique Lyon geht kein Risiko ein.
Ann-Katrin Berger:
Wir sind leider alle noch zu Hause und dürfen immer noch nicht ins Training. Zu Beginn des Lockdowns haben wir aber Trainingsgeräte vom Verein bekommen, damit wir weiterhin so professionell wie irgend möglich trainieren können.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Glauben Sie, dass durch die derzeitige Situation ein Umdenken im Fußball stattfinden wird?
Dzsenifer Marozsán:
Nicht nur speziell in Fußball. Es wird aus meiner Sicht ein komplettes Umdenken auf der Welt durch die heutige Situation geben. Ich denke es wird sich sicherlich einiges ändern und was heute passiert, wird vielleicht ein Stück zur Normalität. Um ein Beispiel zu nennen, ich kann mir gut vorstellen, dass es zum Beispiel zur Normalität gehören wird, eine Maske zu tragen.
Ann-Katrin Berger:
Ich denke schon, weil wir einfach nicht wissen wie lang das mit dem Virus anhält, und ob es die nächste Saison auch betreffen wird. Ich denke, im Generellen wird es aber auch jede andere Sportart betreffen.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Als Nationalmannschaftskolleginnen, tauscht man sich in den aktuellen Zeiten untereinander auch vermehrt aus?
Dzsenifer Marozsán:
Ja klar hat man Kontakt zu den Mannschaftskolleginnen. Aber es geht uns allen identisch. Der Fußball fehlt uns allen, aber wir sind auch alle gleicher Meinung, dass die Gesundheit das Wichtigste ist.
Ann-Katrin Berger:
Wir hatten vor kurzem eine Videokonferenz mit allen Spielerinnen der Nationalmannschaft und es war interessant zu hören, wie es in den jeweiligen Vereinen und Ligen weiter geht.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Aufgrund der persönlichen Einschnitte in Ihr (Sportler-) Leben durch Ihre persönlichen Erkrankungen, sehen Sie einige Dinge anders als zuvor?
Dzsenifer Marozsán:
Ich weiß es viel mehr zu schätzen gesund zu sein und bin jeden Tag dankbar dafür, wenn ich auf dem Platz stehen kann.
Ann-Katrin Berger:
Das Einzige was ich dazu sagen kann ist, dass ich meine Gesundheit nicht mehr für selbstverständlich ansehe. Seit meiner Krankheit, so zumindest ist meine Selbstreflexion, investiere ich mehr in den Sport als je zuvor und ich habe bemerkt, dass ich dadurch besser werde als ich jemals vorher war. Damals wurde der Fußball durch meine Erkrankung zur Nebensache und ich bemerkte, dass mir dadurch ein Teil meines Lebens weggenommen wurde. Ich musste wieder bei „0“ anfangen und alles komplett neu aufbauen.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Woraus haben Sie Ihre Kraft geschöpft, Ihre Krankheiten zu überwinden und so schnell wieder auf dem Platz zu stehen?
Dzsenifer Marozsán:
Meine größte Angst war, dass der Arzt mir mitteilt kein Fußball mehr spielen zu dürfen. Das war mit Abstand meine allergrößte Sorge. Aber als er mir dann sagte, dass ich nur wenige Monate aussetzen werde und er mich danach wieder langsam, Schritt für Schritt in Form bringen kann, wusste ich von diesem Moment an, dass ich alles daransetzen werde, wieder auf dem Platz zurück zu kehren. Auch wenn es nicht einfach war und ich viel Geduld benötigte. In dieser Zeit waren meine Familie und meine engsten Freunde für mich da und haben mir die Kraft gegeben, die ich brauchte, wenn ich mal am Zweifeln war. Ich bin sehr, sehr dankbar dafür, dass ich von solch wundervolle Menschen umgeben bin.
Ann-Katrin Berger:
Natürlich war meine Familie ein großer Faktor, der mir dabei geholfen hat, wieder gesund zu werden, aber auch der Fußball hat mir dabei geholfen. Ich brauchte einfach ein Ziel. Ich habe meine ganze Kraft hinein investiert, wieder dahin zurück zu kommen, was ich mein Leben lang geliebt habe und dabei haben mir insbesondere zwei Personen geholfen, besser zurück zu kommen als zuvor. Das waren meine Mitspielerin Jess Carter und meine damalige Torwarttrainerin Leanne Hall. Beide waren bei jedem Arzttermin dabei, egal ob es kleine oder große Termine waren. Sie waren immer da und haben mir geholfen. Vor allem war es immer wieder bei den Arztterminen von unschätzbarem Wert, die beiden dabei zu haben, weil es zum Bespiel bei den Arztgesprächen wichtig war, Vertrauenspersonen um sich zu haben, die zu 100% die medizinische Sprache verstanden. Dadurch konnte bei mir von vornherein dabei keine Verunsicherung entstehen.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Sie sind beide schon früh in Ihrer Karriere ins Ausland gegangen. Was hat Sie damals zu der Entscheidung bewogen, den Schritt ins Ausland mit 23 bzw. 24 Jahren zu wagen?
Dzsenifer Marozsán:
Ich bin sehr jung in die Bundesliga gestartet. Von daher war es für mich an der Zeit etwas Neues auszuprobieren. Auch wenn ich eine Person bin, die mit der Familie sehr verbunden ist, wollte ich eine neue Herausforderung angehen. Und das war der Grund für mich ins Ausland zu wechseln.
Ann-Katrin Berger:
Ich wollte einfach so viel wie möglich und auch international lernen und ich dachte, es ist wie im Schulfach Geschichte. Jedes Land hat seine eigene Kultur und das ist auch im Fußball so. Jede Liga hat ihre Besonderheit. Jeder Verein seine Philosophie.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Wie sehen Sie die Entwicklung des Frauenfußballs in Frankreich bzw. England im Vergleich zur deutschen Liga?
Dzsenifer Marozsán:
Der Vergleich zwischen Frankreich und Deutschland – es ist in meinen Augen fast identisch. Leider ist es in beiden Ländern so, dass nur zwei, maximal drei Vereine die Liga dominieren und danach ist erst einmal ein gewisser Abstand zu den nächsten Clubs. Zur englischen Liga kann ich mich nicht wirklich äußern, weil ich bisher dort keine Erfahrungen gemacht habe und keine intensive Einblicke in die komplette Liga besitze. Aber was das Marketing angeht, ist England uns in Deutschland, wie auch den Teams aus Frankreich, voraus. In dieser Hinsicht haben sie sich in den letzten Jahren enorm entwickelt und vermarkten den Frauenfußball dort sehr professionell.
Ann-Katrin Berger:
Man muss sagen, dass der englische Fußball sich in den letzten Jahren sehr stark entwickelt hat. Die Mannschaften sind sehr stark in ihrer eigenen Individualität, was die Liga sehr stark macht.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Würden Sie mehr Spielerinnen raten ins Ausland zu wechseln, um Erfahrungen zu sammeln?
Dzsenifer Marozsán:
Ich möchte jetzt nicht Spielerinnen aus Deutschland weglocken. Die deutsche Liga gehört zu den besten Ligen in Europa. Dennoch kann ich nur empfehlen, dass man diese Erfahrung im Ausland macht. Es bringt dich wirklich auch als Mensch weiter. Man lernt eine neue Kultur, Sprache und Lebensstil kennen.
Ann-Katrin Berger:
Auf jeden Fall, ich würde es jeder Einzelnen raten, wenn ich gefragt werde.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Welche Träume würden Sie sich gerne in Ihrer Karriere und persönlicher Natur noch verwirklichen?
Dzsenifer Marozsán:
Mein größter Traum und mein Wunsch ist es eigentlich nur, dass ich und meine Familie weiterhin gesund bleiben. Sportlich gesehen hoffe ich, noch lange auf höchstem Niveau spielen zu dürfen und dann natürlich am besten auch erfolgreich.
Ann-Katrin Berger:
Ich möchte mir so viele Erinnerungen wie möglich verschaffen, das heißt, möglichst viele Titel zu gewinnen. Außerdem möchte ich mich jeden Tag weiterentwickeln, um besser zu werden. Was aber die Zukunft bringt, wird man sehen.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Als Botschafter des deutschen Fußballs im Ausland vertreten Sie die Werte und die Einstellung von (Fußball-) Deutschland – sowohl in der Nationalmannschaft als auch in Ihren Vereinen. Sehen Sie sich selbst in einer besonderen Verantwortung dadurch?
Dzsenifer Marozsán:
Nein, ich sehe mich dadurch nicht speziell mehr in einer besonderen Verantwortung. Als Profisportler gehört das dazu. Ich bin so wie ich bin, auf und neben dem Platz. Verändern kann und möchte ich mich auch nicht.
Ann-Katrin Berger:
Ich sehe mich als Athletin, die aus Deutschland kommt und versucht ihr Bestes im Ausland zu geben. Natürlich habe ich immer den Anspruch an mich selbst, auch ein Vorbild für Jüngere zu sein. Und nun rücke ich, als nominierte Botschafterin des deutschen Fußballs, in ein ganz anderes Licht. Darüber muss ich mir aber erst mal Gedanken machen, was das für mich bedeutet und welche Auswirkungen es haben wird.
- Deutscher Fußball Botschafter:
Auf der gesamten Welt sind deutsche Spielerinnen und Trainerinnen bei Nationalmannschaften, Vereinen, in Verbänden oder auch einzelnen Projekten tätig. Beispielsweise Anja Zivkovic, die diesjährig als Trainerin nominiert ist für den Deutschen Fußball Botschafter Award 2020 und bereits in über 50 Ländern Projekte begleitet oder geleitet hat. Oder die Fußballikonen Petra Landers (Nominierte 2019) und Monika Staab (Deutsche Fußball Botschafterin 2014), die sich beide im Ausland vielfach als Trainerinnen betätigen.
Wäre es auch für Sie eine Option nach der Karriere als Trainerin im Ausland tätig zu sein?
Dzsenifer Marozsán:
Zu meiner Zukunft nach dem Fußball kann ich zum jetzigen Zeitpunkt noch keine detaillierte Auskunft geben. Ich wünsche mir natürlich noch lange selber aktiv auf dem Platz zu stehen. Ich liebe die Welt des Fußballs sehr und von daher kann ich mir gut vorstellen auch nach meiner Karriere im Fußballbereich tätig zu sein. Ob ich die Persönlichkeit mitbringe mal als Cheftrainer zu arbeiten, bezweifele ich derzeit ein wenig, da ich eher eine sehr ruhige Person bin. Aber ich würde es nicht als ausgeschlossen sehen.
Ann-Katrin Berger:
Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich bin noch sehr fokussiert auf meine aktuelle Aufgabe als aktive Athletin. Aber man weiß nie, was sich entwickelt. Die Dinge können sich schnell ändern und ich lebe bei einer solchen Frage den Standpunt: „Sag niemals nie“.
Wir möchten uns an dieser Stelle bei unseren Interviewpartnern Dzsenifer Marozsán und Ann-Katrin Berger herzlich für die Beantwortung unserer Fragen und Ihrem Manager / Management Dietmar Ness, NESS & Network UG, für die herausragende Unterstützung bedanken.
Der Deutsche Fußball Botschafter mit Sitz in Berlin wurde 2012 von Roland Bischof gegründet und zeichnet deutsche Trainer/innen und Spieler/innen aus, die durch ihr Auftreten und Engagement zum positiven Image des Fußballs und Deutschlands beitragen. Die Auszeichnungen sind mit einem Preisgeld für soziale Projekte verbunden. Von Nepal bis Namibia: Der Verein konnte seit 2013 insgesamt mehr als 30 Förderprojekte weltweit unterstützen. Mit dabei sind die unterstützenden Partner, wie z.B. das Auswärtige Amt, Goethe Institut, kicker, Deutsche Telekom, VMZ Sport oder die Berliner Agentur des Initiators, PRESENTED BY. Darüber hinaus helfen zahlreiche Medienpartner die gute Idee in die Welt zu tragen – dabei sind u.a. SID, Deutsche Welle, GOAL.com, SKY, Sportbuzzer, setONE, Argus Data Insights oder die MC Group.
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