„Was muss ein Heimatloser sich denken, wenn er träumt er wäre wieder zu Hause – wird durch ein Heimatlied aus dem Schlaf gerissen und sieht, dass er in der Fremde ist.„ (Bruno Schleinstein)

Bruno Schleinstein wird 1932 in Berlin als jüngstes von 3 Kindern unehelich geboren. Mit der Erziehung überfordert, übergibt die Mutter ihn bereits mit 3 Jahren in Obhut eines Kinderheimes. Dort lebt er die folgenden 6 Jahre. 1941 wird er als sogenanntes Reichsausschusskind in das Erziehungsheim Wiesengrund der Bonhöfer Nervenklinik/ Berlin überwiesen. Zu dieser Zeit werden im Wiesengrund von den dort tätigen Ärzten bereits medizinische Versuche an Kindern durchgeführt, die sehr häufg tödlich enden. Ob solche Experimente auch an Schleinstein unternommen werden, ist nicht dokumentiert. Fakt ist jedoch, dass er die dort an den Kindern durchgeführten Operationen detailgetreu schildern kann.

Auch nach Kriegsende bleibt Schleinstein weiterhin eingesperrt. Nach mehreren misslungenen Ausbruchsversuchen wird er 1947 wegen „unbeeinfussbarer Fluchttendenzen“ in die Nervenklinik für Kinder eingewiesen. 1955 gelingt ihm endlich der Ausbruch aus der Anstalt und er füchtet nach Baden-Baden. 1963 kehrt er nach Berlin zurück und fndet bei den Borsig Werken eine Anstellung als Gabelstaplerfahrer, wo er bis zu seiner Rente tätig sein wird.

Eine Werbetafel der Firma Asbach Uralt mit einem darauf abgebildeten Moritatensänger weckt in Schleinstein die Idee, von nun an selber Moritatensänger zu werden. Von da an zieht er Wochenenden durch die Hinterhöfe der Stadt und musiziert mit Akkordeon und Glockenspiel. Seine Lieder bebildert er mit selbstgemalten Moritatentafeln. Ein Mitarbeiter der Akademie der Künste wird auf Schleinstein aufmerksam und lädt ihn 1966 zu einem Moritatenfestival in die Akademie ein. Es kommt zur ersten Schallplattenaufnahme und so entdeckt der Filmemacher Lutz Eichholz den Moritatensänger. Es entsteht der erste Film: Bruno der Schwarze,1966.

Werner Herzog, der gerade das Drehbuch für seinen Film Jeder für sich und Gott gegen alle fertiggestellt hat und auf der Suche nach der Besetzung für die Hauptrolle des Kaspar Hausers ist, sieht Eichholzes Film 1973 in der ARD. Fasziniert von Schleinsteins authentischer, unverfälschter Persönlichkeit nimmt Werner Herzog Kontakt zu ihm auf. Daraufhin besetzt Bruno Schleinstein unter dem Künstlernamen Bruno S. die Hauptrolle in seinem Film. 1975 läuft der Film in Cannes als deutscher Filmbeitrag und erhält den großen Preis der Jury. 1977 spielt Bruno S. die Hauptrolle in dem Film Stroszek – eine Rolle die ihm Werner Herzog auf den Leib geschrieben hat. Bruno Schleinstein wird zum Weltstar. Trotzdem arbeitet er weiter als Gabelstaplerfahrer und macht an den Wochenenden Musik in den Hinterhöfen. Er zeichnet und malt kontinuierlich.

Die erste Ausstellung seiner Bilder fndet 1981 in einer Berliner Kneipe statt – ein Jahr später folgt die erste Galerieausstellung bei endart in Kreuzberg Berlin. Ab Ende der neunziger Jahre zeigt Delmes & Zander Schleinsteins Bilder und Zeichnungen. Sie werden mit großem Erfolg auf internationalen Kunstmessen sowie in Gruppen- und Einzelausstellungen ausgestellt. Dabei sind es vor allem Künstler die von der Authentizität und Direktheit seiner Arbeiten fasziniert sind. Der Autodidakt Schleinstein, der sich das Musizieren, das Malen und das Zeichnen selber beigebracht hat, immer davon getrieben, seine Technik zu perfektionieren, inspiriert sie. So sind es auch vor allem Künstler, Fotografen, Filmemacher oder Musiker, die in Schleinsteins Leben eine Rolle spielen und ihn als Künstler unter Künstlern agieren lassen. Bruno Schleinstein stirbt 2010 in Berlin.

Anfang 2020 ist eine von Susanne Zander und Nicole Delmes herausgegebene Monographie über Bruno Schleinstein erschienen, die einen Einblick in sein vielseitiges künstlerisches Werk gewährt.

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