Ab Juli übernimmt Deutschland den Vorsitz für die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union. Ein Branchenbündnis aus Energieversorgern, Stadtwerken, Netzbetreibern und Direktvermarktern fordert von der Bundesregierung sich für eine ambitionierte, einheitliche und sektorübergreifende CO2-Bepreisung einzusetzen. Der bestehende EU-Emissionshandel für den Stromsektor und Teile der Industrie müsse schnellst möglich mit einem CO2-Mindestpreis versehen werden.

Ein einheitlicher CO2-Preis befördert die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr, beschleunigt den Einsatz erneuerbarer Energien und kann helfen, Fehlanreize staatlich induzierter Preisbestandteile im Energiebereich zu beseitigen. Wichtige Voraussetzung für eine ambitionierte, einheitliche und sektorübergreifende CO2-Bepreisung sei im nächsten Schritt ein CO2-Mindestpreis im bestehenden EU-Emissionshandel (EU-EHS). Die Bundesregierung hatte sich bereits mit dem Klimaschutzprogramm 2030 für CO2-Mindestpreise in Europa ausgesprochen. Die Initiative von Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Macron zur wirtschaftlichen Erholung Europas nach der Corona-Krise wirbt ebenfalls für einen CO2-Mindestpreis. EU-Staaten wie die Niederlande, Schweden und Dänemark stehen diesem positiv gegenüber. Im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft sollte Deutschland dieses Thema entscheidungsreif vorantreiben. Allein in Deutschland ließen sich rund 200 Millionen Tonnen CO2-Emissionen einsparen. Dies entspräche zwei Dritteln der von der Bundesregierung für 2030 anvisierten Verringerung um 55% der Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990.

Neben einem CO2-Mindestpreis im bestehenden EU-EHS sei nun eine europaweite einheitliche CO2-Bepreisung erforderlich, so das Branchenbündnis. Nur mit einem auf erneuerbaren Energien basierenden Stromsektor und einem Level Playing Field für strombasierte Lösungen lassen sich die fossil geprägten Sektoren Wärme und Verkehr dekarbonisieren. Angesichts möglicher Verzögerungen bei der Einführung des nationalen Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) und einem EU-weiten Handelssystem wäre eine Änderung der Energiesteuersätze im Rahmen nationaler Steuergesetze oder der EUEnergiesteuerrichtlinie der unbürokratischere, rechtssicherere und schnellere Weg zur Umsetzung einer einheitlichen, sektorübergreifenden CO2-Bepreisung.

Die durch den CO2-Preis erzeugten Mehreinnahmen sollten nach Auffassung des Bündnisses zur vollständigen Kompensation der auf den Strompreis erhobenen Steuern und Abgaben in Deutschland, insbesondere der EEG-Umlage und der Stromsteuer verwendet werden. So könne die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr erleichtert und das CO2- Preissignal bei Endverbrauchern sichtbar gemacht werden. Zwar hat die Bundesregierung erkannt, dass die Nutzung von Sektorenkopplungstechnologien durch einen hohen Strompreis verhindert wird und in diesem Kontext eine Deckelung der EEG-Umlage beschlossen. Allerdings entfacht diese keine hinreichende Lenkungswirkung zugunsten emissionsarmer Energieträger, sondern bekämpft lediglich das Symptom und nicht die Ursache einer steigenden EEG-Umlage. Denn nur durch eine stärkere Ausrichtung der Energiesteuern- und Umlagen an der Emissionsintensität der eingesetzten Energieträger über sektorübergreifende CO2-Preise kann eine nachhaltige Entlastung des EEG-Umlagekontos erreicht werden. Ebenso würde diese Reform des Systems der Abgaben und Umlagen mit bürokratischen Vereinfachungen einhergehen, die vor allem die mittelständischen Unternehmen entlastet.

Das Bündnis aus Energieversorgern, Stadtwerken, Netzbetreibern und Direktvermarktern sieht in der deutschen EU-Ratspräsidentschaft einen entscheidenden Weichensteller mithilfe eines einheitlichen CO2-Preises über alle Sektoren in den Mitgliedsstaaten und Europa den wirtschaftlichen Rahmen zugunsten des Wettbewerbes, des Klimaschutzes und der Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaftsweise neu auszurichten.

Kurt Kretschmer, Energy Policy, Energy2market GmbH: „Die Dekarbonisierung der Sektoren Wärme und Verkehr ist keine technologische, sondern eine regulatorische Herausforderung. Nur durch eine Vereinheitlichung von Rahmenbedingungen können grüne Technologien, die ihre CO2 mindernde Wirkung bereits auf dem Strommarkt bewiesen haben, auch Wirkung auf andere Sektoren entfalten und damit die nächste Phase der Energiewende einleiten! Ein europaweit einheitlicher CO2-Preis ist dafür eine wesentliche Voraussetzung!“

Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender der NATURSTROM AG: „Viel zu lange beruhte das Wirtschaftsgeschehen auf der rücksichtlosen Ausbeutung der Umwelt. Die Folgen werden uns täglich immer drastischer vor Augen geführt, wir können so nicht weitermachen. Keine Frage, dass die Nutzung fossiler Energieträger unseren Wohlstand mit aufgebaut hat, nun aber gehen mehr Gefahren als Vorteile davon aus. Eine faire Bepreisung der Nutzung fossiler Energien und der damit verbundenen Belastung für das Klima ist in marktwirtschaftlichen Systemen der richtige Weg und um vieles besser als staatliche Verbote. Da es um die Wirkung für das Klima geht und nicht um Förderung oder Bestrafung einzelner Wirtschaftssektoren macht es Sinn, dass der Ausstoß von klimaschädlichen Gasen, gleich aus welchem Grunde, mit denselben Maßstäben gemessen wird. Es müssen also gleiche Preise für die Umweltnutzung für alle Nutzer und Verschmutzer gelten. Ausreden braucht es nicht mehr: Es gibt längst die Alternativen, wir können umstellen in wenigen Jahren auf Erneuerbare Energien. Die Steuerung dieses Weges ist eine Frage der richtigen CO2- Bepreisung.“

Gero Lücking, Geschäftsführer Energiewirtschaft, LichtBlick SE: „Sauberer Ökostrom muss auch im Verkehr und Wärmesektor eingesetzt werden. Benzin, Diesel, Öl und Gas müssen deshalb einen CO2-Preis bezahlen, um die Klimaschutzpotenziale von Ökostrom voll erschließen zu können.“

Jens Buchholz, Vorstand EGT AG: „Durch die Einführung einer CO2-Abgabe bei gleichzeitiger Abschaffung von Umlagen von Steuern wird es für alle transparenter. Ganz nebenbei ist es eine Maßnahme gegen den Klimawandel.“

Mathias Nikolay, Vorstand badenova: „Wir als badenova sprechen uns schon seit Jahren für eine CO2-Bepreisung aus, die sich am Verursacherprinzip ausrichtet. Die jüngste Initiative auf europäischer Ebene zeigt uns nur wie richtig und notwendig ein solches Instrument wäre.“

Sebastian Sladek, Vorstandsmitglied EWS Elektrizitätswerke Schönau eG: „Die Erreichung der Klimaschutzziele wird nur mit einem ambitionierten, effektiven und sektorübergreifenden CO2-Preissignal gelingen. Daher muss die Bundesregierung ihre Aktivitäten auf nationaler Ebene ausbauen und sich insbesondere in den kommenden Monaten verstärkt auf europäischer Ebene für eine nachhaltige CO2-Bepreisung einsetzen.“

 

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