Zu der Nationalen Wasserstoffstrategie, die am 10. Juni im Kabinett beschlossen werden soll, sagt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena):

„Die Nationale Wasserstoffstrategie ist die lange erwartete Basis für den weiteren Erfolg der Energiewende und auch für die langfristige Erreichbarkeit der Klimaziele. Sie markiert einen echten Wechsel in der bisherigen Energie- und Klimapolitik und ist damit ein schlüssiges Ergebnis der Diskussionen der vergangenen Jahre. Wir freuen uns vor allem auch, weil damit wesentliche Ergebnisse der vor zwei Jahren vorgestellten dena-Leitstudie Integrierte Energiewende nun Teil des Regierungshandelns geworden sind. Die avisierten fünf Gigawatt Elektrolysekapazitäten in Deutschland bis zum Jahr 2030 sind ein gutes erstes Ziel. Sie entsprechen in etwa dem 200fachen der aktuell vorhandenen Kapazitäten. Demzufolge bedarf es eines Wachstums, das noch über dem der Solarenergie zwischen 2000 und 2010 liegen muss. Das ist ambitioniert, aber auch erforderlich, um den auch aus industriepolitischen Gründen erforderlichen Heimatmarkt in Schwung zu bringen. Dennoch ist bereits heute klar, dass diese fünf Gigawatt nur einen Bruchteil der bis zum Jahr 2030 erforderlichen Mengen an klimafreundlichen Wasserstoff in Deutschland erzeugen können."

Die in den einzelnen Sektoren und Anwendungen benötigten Mengen an Wasserstoff werden derart groß sein, dass eine verlässliche Planung für die Akteure nur unter Einbeziehung verschiedener, klimafreundlicher Produktionsmethoden im In- und Ausland möglich sein wird. Die in der Strategie vorgesehenen Aktivitäten zur Schaffung eines internationalen Marktes sind daher konsequent und dringlich zugleich. Inmitten einer schweren Wirtschaftskrise und kurz vor Beginn der europäischen Ratspräsidentschaft setzt die Bundesregierung auf die Schaffung eines im Grunde komplett neuen Wirtschaftszweigs – und dabei auf die Wiederbelebung des Wachstums. Das ist bemerkenswert, die dena begrüßt dieses Engagement ausdrücklich. Wo Innovationen und technologische Entwicklungen das Wachstum pushen, können neue qualifizierte Arbeitsplätze entstehen. Das stärkt den Industriestandort Deutschland und gibt dem sektorenübergreifenden Klimaschutz wichtige Impulse. Umso wichtiger ist es, den europäischen Vorsprung bei Wissen, Technologien und Erfahrungen zu halten und gemeinsam mit unseren europäischen Nachbarn eine nachhaltige Strategie zu entwickeln.

Besonders erfreulich ist auch: Als eine der weltweit ersten geht die Nationale Wasserstoffstrategie deutlich über die Endanwendung Wasserstoff hinaus und bezieht die gesamte Bandbreite der Powerfuels (strombasierte gas- und flüssigförmige Energieträger und Grundstoffe) ein. Das berücksichtigt die Chancen von beispielsweise synthetischem Methan, Kerosin, Methanol und Ammoniak. So darf die Nationale Wasserstoffstrategie auch als ein klares Bekenntnis für den Aufbau eines europäischen Marktes für Powerfuels gelesen werden. Powerfuels werden eine wichtige Rolle spielen, auch im weltweiten Handel. Vor dem Hintergrund, dass Deutschland den Übergang zu klimaneutral erzeugten Energieträgern und Rohstoffen nicht allein bewältigen kann, sind gute Modelle der internationalen Zusammenarbeit besonders wichtig.

Die in der Wasserstoffstrategie festgehaltenen 38 Maßnahmen geben einen guten Rahmen für den jetzt anstehenden Markthochlauf. Angesichts der ambitionierten Ziele muss die Umsetzung im Grunde unmittelbar nach der Verabschiedung der Strategie beginnen. Ganz vorne stehen dabei die im Konjunkturpaket avisierten Regelungen für die EEG-Umlage und die Realisierung der gegenwärtig im Wesentlichen über die Reallabore geplanten Projekte. Hier können schnell erste Erfahrungen für großtechnische Anlagen und der Einsatz von Wasserstoff in den verschiedenen Sektoren und Geschäftsmodellen erprobt werden. Auch eine ambitionierte Umsetzung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) II und einer Quote für Powerfuels in der Luftfahrt sind von großer Bedeutung und werden richtigerweise betont. Hierbei sollte auch geprüft werden, ob die wenig ambitionierten europäischen Ziele im Rahmen der Treibhausgasminderungsquote so angepasst werden, dass der Anteil von erneuerbaren Kraftstoffen in Deutschland signifikant gesteigert wird.

Die Verabschiedung der Nationalen Wasserstoffstrategie ist erst der Beginn einer neuen Phase für den Klimaschutz. Es stellen sich nun auch Fragen bezüglich der Planung und des Ausbaus der Infrastruktur und vor allem auch der dafür erforderlichen erneuerbaren Energien. Noch fehlt vielen Akteuren der energie- und klimapolitischen Debatte ein Verständnis für die gewaltigen Dimensionen und die damit verbundenen Veränderungen. Die Suche nach den richtigen Wegen und der damit verbundene Diskurs werden weitergehen. Auf die Politik, den nun eingerichteten Wasserstoffrat, den Staatssekretärsausschuss und die vorgesehene Leitstelle Wasserstoff kommt eine Menge Arbeit zu. Arbeit am Fortschritt. Wir wünschen allen Beteiligten viel Erfolg und werden uns wie immer mit vollem Engagement einbringen.“

Quelle Teaserbild: CleanEnergyPartnership/Caroline Scharff

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