Für alle sieben Ferienwohnungen ist für Pfingstsamstag im Reservierungsbuch des Fuchsbauernhofs am Sechshögl im Berchtesgadener Land eine Anreise eingetragen. Familien mit Kindern, die in den Pfingstferien Urlaub auf dem Bauernhof machen – soweit, so gewöhnlich. Wäre es nicht der 30. Mai 2020 und damit der Tag der Wiedereröffnung der Beherbergungsbetriebe in Bayern nach dem Corona-Shutdown Die vergangenen Wochen waren für die Landwirte* der Genossenschaftsmolkerei
Berchtesgadener Land, die neben der Landwirtschaft zusätzlich Urlaub auf dem Bauernhof anbieten, eine aufreibende und ungewisse Zeit. Wann dürfen wir aufsperren? Wie geht das Abstandhalten beim Frühstück? Dürfen die Urlaubskinder mit in den Stall? Viele Fragen, die oft erst recht kurzfristig von offizieller Seite beantwortet wurden. Und so mussten sich die Landwirte in der Urlaubsregion zwischen Watzmann und Zugspitze neben ihrer Arbeit vielfach selbst Lösungen suchen.

Es sind die ersten Gäste, die Johanna und Josef Willberger nach acht Wochen Zwangsschließung am Fuchsbauernhof wieder empfangen dürfen. „Wir freuen uns jetzt so, dass es wieder los geht. Die Gäste haben mir richtig gefehlt“, sagt Johanna Willberger. Sie genießt den Austausch mit den Urlaubern und den Einblick in deren Berufs- und Lebenswelt. Genau wie die Gäste, die dem Naturland-Bauernhof am Högl oberhalb von Piding nicht nur zum Übernachten buchen, sondern auch um einen Einblick in die Landwirtschaft zu bekommen. 35 Milchkühe haben die Willbergers, ihre Bio-Milch liefern sie an die Molkerei Berchtesgadener Land. Die Urlauber – vor allem die Kleinen – dürfen morgens und abends immer gerne mit in den Stall – auch heuer. Dabei allerdings mit Abstand und ohne selbst den Rechen in die Hand zu nehmen.

Die kleinen Gerätschaften zum spielerischen Zuarbeiten hat Johanna Willberger weggepackt. Sie nach jedem einzelnen Kind zu desinfizieren, sei zeitlich einfach nicht möglich. Schließlich leben die Willberges hauptsächlich von der Landwirtschaft und haben dementsprechend zu tun.

Abstand halten heißt hier einfach rausgehen
Das Gleiche gilt auch für die Bauers vom Ablingerhof in Bernau am Chiemsee. Um frühzeitig vorbereitet zu sein, hätten sie sich zunächst am Leitfaden für die Gaststätten vom Bayerischen Staatsministerium orientiert, erzählt Barbara Bauer. Schließlich galt es für alle fünf Ferienwohnungen ein Reinigungskonzept entsprechend der neuen gültigen Hygienevorschriften zu erstellen. Die Dokumentation der Reinigung und Desinfektion mache natürlich mehr Arbeit. Barbara Bauer findet das aber absolut notwendig, um die Maßnahmen auch nachvollziehbar zu machen. Schwerer fiel es ihr dagegen, die Info-Email an ihre Gäste vor der Ankunft zu formulieren. „Ich wollte sie natürlich informieren, dass wir alles umgesetzt haben und wie das jetzt abläuft. Unsere Gäste sollen einfach beruhigt sein. Aber eben nur mit einer kurzen Information, schließlich sollen sich die Gäste doch vor allem auf den Urlaub freuen.“ Angesichts der Traumlage des Bauernhofes auf 604 Höhenmetern über dem Meeresspiegel, eingebettet zwischen Reifenberg und Chiemsee Strand, recht einfach. Umrahmt wird der Ablingerhof, Heimat von 23 Milchkühen, von den zum Hof gehörigen Wiesen und Wäldern. Eine 45-minütige Wanderung führt zur bewirtschafteten Alm des Hofes, der Herrenalm. Abstand halten heißt hier einfach raus gehen.

Zusammenarbeiten lernen – das Gegenteil von social distancing
Beim Kinderprogramm sieht es anders aus. Es heuer auszusetzen, fällt der gelernten Erzieherin schwer. „Das war bisher immer eine schöne Abwechslung“, erzählt die Naturland-Bäuerin. Sie schwärmt von gemeinsamen Quellenbesuchen und vom Tipibauen mit den Kindern. Zusammenarbeiten lernen, Gemeinschaftsgefühl erleben – das ist exakt das Gegenteil von social distancing.

Auf dem Ablingerhof verzeichnen sie heuer mehr Buchungen von Familien mit Kindern zwischen 10 und 16 Jahren. Normalerweise kommen eher Familien mit Kindergartenoder Grundschulkindern. Vielleicht Gäste, die sonst eher Strandurlaub machen? Auch auf dem Fuchsbauernhof werden dieses Jahr mehr Urlauber, die es normalerweise in südlichere Gefilde zieht, erwartet. Die Bauers und die Willbergers freuen sich, besonders ihnen zu zeigen, wie schön Urlaub dahoam sein kann und gleichzeitig einen authentischen Einblick in die Landwirtschaft in der Alpenregion geben zu können.

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