Corona-Infektionen in Schlachthöfen in Nordrhein-Westfalen, Schleswig- Holstein und Ba­den-Württemberg haben das Augenmerk einer breiten Öffentlichkeit auf die vielfach unhalt­baren Arbeitsbedingungen in den deutschen Schlachthöfen gelenkt. Die für den Arbeits- und Gesundheitsschutz verantwortlichen Politiker überbieten sich seither mit Vorwürfen und Forderungen an die Fleischindustrie. Bundesarbeitsminister Heil (SPD) will in der Fleischbranche „aufräumen“ und das niedersächsische Sozialministerium fordert Einzelzimmer für jeden Schlachthofmitarbeiter, und hat alle Landkreise angewiesen, die Unterkünfte von Belegschaften in der Fleischindustrie zu kontrollieren.

Peter Rudolph, stellv. Bundesvorsitzender der CDA/CGB-Arbeitsgemeinschaft und Presse­sprecher des CDA-Landesverbandes Bremen: „Traurig ist, dass es erst einer Corona-Pande­mie bedurfte, damit sich die Politik endlich der Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen annimmt. Die Probleme sind seit Jahren bekannt. Bereits 2004 haben die Behörden in Nie­dersachsen und Nordrhein-Westfalen wegen Lohnsklaverei auf Schlachthöfen ermittelt und seit 2012 gibt es das Projekt Faire Mobilität, das mobile Beschäftigte aus Osteuropa, wie sie in großer Zahl als Werkvertrags- und Leiharbeitnehmer auf Schlachthöfen beschäftigt sind, arbeits- und sozialrechtlich berät. In Bremen und Bremerhaven hat sich die CDA seit 2016 für die Errichtung einer entsprechenden Einrichtung stark gemacht, die dann 2017 als Bremer und Bremerhavener Beratungsstelle für mobile Beschäftigte und Opfer von Arbeits­ausbeutung (MoBA) realisiert wurde.“

Dass sich die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen zwischen 2012 und 2016 trotz des zwischenzeitlich eingeführten Mindestlohns und einer Selbstverpflichtung der Fleischindus­trie nicht grundsätzlich verbessert haben, ist in einer Broschüre des Projekts Faire Mobilität vom September 2016 dokumentiert. Und das auch danach nicht viel passiert ist, belegt eine vom nordrhein-westfälischen Arbeitsminister und CDA-Bundesvorsitzenden Karl-Josef Lau­mann 2019 veranlassten Arbeitsschutzaktion Fleischwirtschaft, bei der 30 nordrhein-west­fälische Schlachthöfe mit rund 17.000 Beschäftigten unangemeldet kontrolliert wurden, wo­bei in 26 der kontrollierten Betrieben zum Teil gravierende Verstöße gegen Arbeitsschutzvor­schriften festgestellt wurden.

Rudolph: „Die aktuelle Empörung vieler Politiker über die Arbeitsbedingungen auf den Schlachthöfen ist in höchstem Maße scheinheilig und wird höchstens von der in Coro­na-Zeiten entdeckten Sorge über die schlechten Arbeitsbedingungen und geringe Bezahlung von Pflegekräften getoppt.“

Statt die Zustände zu kritisieren, sollten die verantwortlichen Politiker nach Meinung der CDA endlich handeln. Die Arbeitsbedingungen auf den Schlachthöfen sind der industriellen Massentierhaltung geschuldet, die ihre natürliche Fortsetzung in industrieller Massenschlachtung und Fleischverarbeitung findet. Wenn ein Schweinemäster pro Kilo Schlachtfleisch gerade zwei Euro erzielt und der Verbraucher ein Kilo Schweinekotelett bereits für 4.44 Euro kaufen kann, dürfte für jeden ersichtlich sein, dass die Schlachthöfe einem hohen Kostendruck unterliegen und zur Senkung ihrer Personalkosten lieber mit Subunternehmern Werksverträge über das Schlachten abschließen, auch wenn bekannt ist, dass diese ihre zumeist osteuropäischen Arbeitnehmer ausbeuten. Wer will, dass in deutschen Schlachthöfen wieder zu Tariflöhnen festangestellte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Mehrheit der Beschäftigten stellen, wie dies die CDA fordert, muss auch bereit sein, für erzeugergerechte Preise und damit für höhere Verbraucherpreise einzutreten. Arbeitsschutz wie auch Tierschutz gibt es nicht zum Nulltarif.

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