Am 9. Juni 2020 wird im Historisch-Technischen Museum Peenemünde (HTM) in der Turbinenhalle des ehemaligen Peenemünder Kraftwerkes die Sonderausstellung „Albert Speer in der Bundesrepublik. Vom Umgang mit deutscher Vergangenheit“ des Dokumentationszentrums Reichsparteitagsgelände Nürnberg eröffnet.

Albert Speer war ein Haupttäter des nationalsozialistischen Regimes und maßgeblich beteiligt an der Judenverfolgung und an Verbrechen in den Konzentrationslagern. Als Rüstungsminister trug er die Verantwortung für das in der gesamten Kriegswirtschaft übliche Zwangsarbeitersystem. Als einer der entscheidenden Befürworter des Peenemünder Raketenprogramms war er mehrmals bei Teststarts vor Ort. Sein Ministerium organisierte die Serienproduktion und baute dabei die Strukturen

des zentralen Fertigungswerks im Konzentrationslager Mittelbau-Dora auf. Durch die Neuordnung der Rüstungsproduktion trug Speer wesentlich zur Verlängerung des Krieges bei, wodurch er mitschuldig an den vielen Toten im letzten Kriegsjahr wurde.

Seine Selbstrechtfertigung und Entschuldung begann schon bei seiner Verteidigung im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess, in der er sich als verführt von der Aura Hitlers und der modernen Gestaltungsdynamik des Nationalsozialismus darstellte.

Vom systematischen Mord an den europäischen Juden habe er – wie die überwiegende Mehrheit der Deutschen – keine Kenntnis gehabt. Diese Darstellung war seinen Landsleuten ein willkommenes Argument, um mit der eigenen Vergangenheit zurechtzukommen. So war er in der Bundesrepublik nicht etwa als verurteilter Kriegs- und Menschheitsverbrecher geächtet, sondern wurde nach seiner Entlassung aus der Haft 1966 zum Kronzeugen der Geschichte des Nationalsozialismus und zum regelrechten Medienstar. Seine Bücher waren Bestseller, er trat in unzähligen Fernsehsendern auf und selbst professionelle Historiker folgten seiner Darstellung. Seine Erzählung war lange maßgeblich für das westdeutsche Geschichtsverständnis.

Die Ausstellung präsentiert einen Protagonisten des NS-Rüstungssystems und damit auch des Raketenprogramms. Sie lässt die Besucher in die Medienwelt der 1960er bis 1980er Jahre eintauchen, stellt aber der (Selbst)Inszenierung historische Fakten wie Dokumente, Fotos sowie Stellungnahmen heutiger Historiker gegenüber. Damit wird deutlich, wie Speer sich an der historischen Realität vorbei zur massenmedialen Marke machte und das Bild vom Nationalsozialismus prägte. Auch die Faszination der Rakete als im Krieg geschaffene epochal bedeutende Technik trug Speer in die Nachkriegszeit.

Die Ausstellung wir in Peenemünde bis zum 30. August 2020 gezeigt. Es gelten die regulären Öffnungszeiten und Eintrittspreise des Museums.

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