Schleswig-Holsteins Jamaika-Koalition wird keinen eigenen Weg bei der Reform der Grundsteuer gehen. CDU, Grüne und FDP einigten sich darauf, das Bundesmodell umzusetzen und auf eine Nutzung der Länderöffnungsklausel zu verzichten. "Die neue Grundsteuer soll keine Steuererhöhung durch die Hintertür sein, so ist es auch mit den Kommunen besprochen“, sagte Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) der dpa. Zwar habe es bei CDU und FDP ursprünglich andere Vorstellungen gegeben. In schwierigen Zeiten gelte es, Kapazitäten zu bündeln. „Schon jetzt hat unsere Steuerverwaltung mit den Herausforderungen der Corona-Krise alle Hände voll zu tun."

Dazu erklären Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), und Alexander Blažek, Vorstandsvorsitzender von Haus & Grund Schleswig-Holstein:

"Schleswig-Holstein hat eine große Chance vertan, durch eine eigene, den regionalen Besonderheiten angepasste Lösung bei der Reform der Grundsteuer für Gerechtigkeit zu sorgen. Verlierer der Sturheit von Finanzministerin Monika Heinold werden die Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen sein. Zudem stellt sich die Frage: Warum diese unnötige Eile? Die Landesregierung hat noch fünf Jahre für die Umsetzung der Reform Zeit. Gerade in der aktuellen Krise ist es grob falsch, bei diesem wichtigen Thema die Weichen für die Zukunft in die falsche Richtung zu stellen.

Die Berücksichtigung des jeweiligen Bodenrichtwerts bei der Berechnung der Grundsteuer, so wie es Finanzministerin Monika Heinold jetzt durchgesetzt hat, führt dazu, dass Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen sich besonders nachgefragte Stadtteile nicht mehr leisten können. Manche müssen sogar fürchten, ihr Heim zu verlieren, weil ihre Nebenkosten durch einen Anstieg der Grundsteuer unbezahlbar werden. Das wäre bei der Anwendung des sogenannten Flächenmodells nicht so. Dadurch wird die soziale Entmischung von Wohnviertel vorangetrieben. In einer Zeit der Corona-Pandemie, in der sich ohnehin bereits viele Menschen um ihre Zukunft sorgen, legt die Landesregierung völlig unnötig noch eine Sorge drauf. Das ist in höchstem Maße unsozial und konterkariert die ansonsten kluge Wohnungsbaupolitik der Regierung.

Bei dem Wertemodell muss die Finanzministerin sich darauf verlassen, dass die Kommunen eine Erhöhung der Grundsteuer durch eine Senkung ihrer Hebesätze ausgleichen. Garantieren kann das die Ministerin allerdings nicht, und es besteht die Gefahr, dass sich der eine oder andere Kämmerer die Chance auf Mehreinnahmen nicht entgehen lässt.

Das Flächenmodell kann hingegen die von der Politik versprochene Aufkommensneutralität gewährleisten. Wird dieses Modell angewendet, muss nach der Reform niemand mehr bezahlen als vor der Reform. Die Einnahmen der Grundsteuer müssen ja lediglich auf die bereits bekannten Flächen verteilt werden. Darüber hinaus stellen die Bodenrichtwerte oftmals keine ausreichende Grundlage zur Wertermittlung dar, schlicht, weil es zu wenige Fallzahlen gibt, die diese Bewertungsgrundlage gerichtsfest machen. Bodenrichtwerte basieren in der Regel auf abgeschlossenen Grundstücksverkäufen. Klar ist auch, dass in ein und derselben Kommune unterschiedliche Grundstückswerte durch eine Veränderung des Hebesatzes nicht verhindert werden. Schließlich gilt ja ein Hebesatz für alle Lagen unabhängig vom Grundstückswert. Damit aber verfestigt eine Grundsteuer auf der Grundlage von Grundstückswerten die Entmischung von Stadtteilen. Dort, wo das Wohnen bereits teuer ist, wird es noch teurer.

Der VNW vertritt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein insgesamt 383 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. In den von ihnen verwalteten 738.000 Wohnungen leben rund 1,5 Millionen Menschen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter liegt bei den VNW-Unternehmen bei 5,92 Euro. Der VNW ist der Verband der Vermieter mit Werten.

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