Fabian Mühlen MRICS, RICS-Regionalgruppenleiter Rhein-Main und Rechtsanwalt und Partner bei DLA Piper: „Durch das am 27. März verkündete COVID-19- Gesetz wurden Erleichterungen zugunsten der Mieter ab 1. April eingeführt. Dabei wird das Kündigungsrecht des Vermieters wegen Mietrückständen temporär ausgesetzt, sofern der Mieter glaubhaft macht, dass die Nichtzahlung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Die Regelung gilt für Wohn- und Gewerbemietverhältnisse sowie Pachtverträge.“
Gemäß COVID-Gesetz werden die Insolvenzantragspflicht des Schuldners bzw. Mieters bis 30. September 2020 ausgesetzt und die Anfechtungsmöglichkeiten im Hinblick auf Mietzahlungen, die der Vermieter erhalten hat, werden im Rahmen einer späteren Insolvenz eingeschränkt. „Die Aussetzung der Antragspflicht gilt jedoch nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des Corona-Virus beruht oder wenn keine Aussichten darauf sind, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen – die Einschränkung der Insolvenzanfechtung greift nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind“, so Mühlen.
Hier zum COVID-19-Gesetz die wichtigsten FAQs:
- Schließt das COVID-Gesetz sämtliche Kündigungen aus? Nein.
- Entfällt die Pflicht zur Mietzahlung? Nein (vorbehaltlich Mietminderung // § 313 BGB).
- Was gilt für Nebenkostenvorauszahlungen? Laufende Nebenkosten und -leistungen gelten als Teil der Miete, sind also ebenfalls von der Kündigungsbeschränkung umfasst. Auch diese Forderungen bleiben aber bestehen und durchsetzbar.
- Was gilt für Zinsen? Da die Fälligkeit der Mietzahlungspflicht von den neuen Regelungen unberührt bleibt, gerät der Mieter bei Nichtzahlung in Verzug. Folglich ist die Mietforderung (gesetzlich) zu verzinsen.
- Kann der Vermieter die Mietsicherheiten in Anspruch nehmen? Grundsätzlich ja; man muss aber je nach Sicherheit unterscheiden (Patronat wird am schwierigsten sein).
- Wie ist das Merkmal des „Beruhens“ zu verstehen? Die Mittel des Mieters erlauben eine Mietzahlung nicht mehr oder die Liquidität ist derart beeinträchtigt, dass andere (vorrangige) Zahlungen nicht geleistet werden können.
Sabine Georgi, Country Managerin der RICS Deutschland: „Zudem empfiehlt die RICS in Streitfragen einen Konsens zu finden, da die obersten Ziele Planungs- und Rechtssicherheit sein sollten. Wir unterstützen deswegen auch aktuelle Initiativen die dieses fördern, wie beispielsweise die des German Council of Shopping Places, um gemeinsam mit Einzelhandelsmietern und –vermietern einen entsprechenden Verhaltenskodex zu erarbeiten.“ Zudem können folgende Strategien hilfreich sein:
- Der Vermieter kann sich gegebenenfalls die Umsatzahlen im gleichen Zeitraum aus den Vorjahren vom Mieter zeigen lassen, um der Behauptung von Umsatzeinbrüchen aufgrund der Pandemie nachzugehen. Der Mieter sollte belegen, dass die Nichtleistung der Miete auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht. Gleichzeitig erkennt der Mieter die Mietzahlungsansprüche als bestehend an.
- Der Vermieter erkennt im Gegenzug an, dass das Beruhen der Nichtleistung der Miete auf der COVID-19-Pandemie hinreichend glaubhaft gemacht worden ist. Es wird festgehalten, dass der Vermieter daher eine Kündigung wegen Nichtzahlung der Miete von April bis September 2020 temporär nicht aussprechen kann und wird. Gleichzeitig erklärt der Vermieter den Verzicht der gerichtlichen Durchsetzung des Mietzinsanspruches für eine individuell festzulegende Dauer.
- Individuelle Regelungen können hinsichtlich der Nachzahlung bzw. eines (Teil-)Erlasses der Miete vereinbart werden.
- Hat der Mieter Sicherheiten gestellt, so kann auch deren Inanspruchnahme geregelt werden.
- Eine solche Einigung sollte als schriftlicher Nachtrag zum Mietvertrag abgefasst werden.
- Bei Ausbleiben der Mietzahlung sollte der Mieter unter Fristsetzung zur Zahlung sowie zur Erklärung über die Gründe der Nichtzahlung aufgefordert werden.
- Reagiert der Mieter nicht oder bestehen Zweifel, dass die Nichtleistung der Miete auf der COVID-19-Pandemie beruht, kann im Einzelfall die Kündigung und/oder die Einleitung gerichtlicher Maßnahmen anzuraten sein.
Die RICS wurde 1868 in Großbritannien gegründet und erhielt 1881 die königliche Charter. Heute ist sie eine weltweit tätige Berufsorganisation, die über 130.000 Immobilienexperten rund um den Globus repräsentiert. Die RICS steht für die professionelle Berufsausübung in sämtlichen Bereichen der Immobilienwirtschaft, über alle Nutzungsarten hinweg. Sie regelt und fördert den Berufsstand auf der Grundlage hoher fachlicher Standards und einer strengen Berufsethik. Die RICS in Deutschland, 1994 in Frankfurt am Main gegründet, nimmt eine führende Position in Kontinentaleuropa ein. Viele herausragende, engagierte Persönlichkeiten der hiesigen Immobilienwirtschaft zählen zu ihren rund 1.800 Mitgliedern. Mit einer Strategie, die die Stärken einer international renommierten Organisation in Einklang mit lokalen Markterfordernissen bringt, bildet der deutsche Nationalverband die Speerspitze des dynamischen Wachstums in der Region.
RICS Deutschland
Junghofstraße 26
60311 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (69) 66102279
Telefax: +49 (69) 650075-19
http://www.rics.org/deutschland
Leiterin Business Development & Politikberatung
Telefon: +49 (171) 93460-86
E-Mail: sgeorgi@rics.org
ROZOK Communication Consulting
Telefon: +49 (30) 4004468-1
Fax: +49 (30) 4004468-9
E-Mail: m@rozok.de