• Juan Diego Sánchez entwirft Fahrzeug-Designs für das Esports Racing.
• Im VCO-Interview spricht er über seinen Werdegang und gibt einen Einblick in seine tägliche Arbeit.
• Sánchez: „Im Design für den virtuellen Rennsport hat man mehr Handlungsspielraum“.

Seit mehr als einem Jahrzehnt kreiert Juan Diego Sánchez, Official Design Partner der Virtual Competition Organisation (VCO), Fahrzeug-Liveries für Rennsimulationen und Games. Der Spanier hat sich unter dem Pseudonym iLiveries einen Namen gemacht. Im Interview gewährt er einen Einblick in seine tägliche Arbeit, spricht über seine Karriere, die im eigenen Kinderzimmer begann, und erklärt, welches Rennspiel sein Leben verändert hat. Außerdem verrät er seine Lieblings-Designs aus dem realen und dem virtuellen Rennsport.

Juan Diego, wie ausgelastet bist du aktuell?

Juan Diego Sánchez: Ich arbeite tatsächlich aktuell an verschiedenen Liveries gleichzeitig. Normalerweise laufen zwei Projekte parallel, manchmal sogar drei. Das gibt mir die Möglichkeit, zwischen den Projekten hin- und herzuwechseln, während ich auf das Feedback der Kunden warte.

Wie darf man sich den üblichen Vorgang vorstellen – von der Anfrage eines Kunden bis hin zum fertigen Design?

Sánchez: Zunächst müssen die wichtigsten Fragen geklärt werden: der Preis und die Lieferzeit. Sobald das passiert ist, wird das Projekt in eine Warteliste aufgenommen. Bevor ich dann mit dem Design starte, melde ich mich wieder beim Kunden, und wir sprechen über die Vorgaben, die die Livery erfüllen sollte. Dann kann ich mich voll und ganz auf die Entwicklung des Designs konzentrieren. Im Anschluss daran arbeite ich das Feedback der Kunden oder weitere Ideen ein, die oft erst während der Ausarbeitung entstehen.

Wie sehen dabei die einzelnen Schritte in der Entwicklung einer Livery aus?

Sánchez: Sofern es sich bei der gewünschten Livery nicht um eine Replik handelt, für die es strikte Vorgaben gibt, starte ich mit einem Rohentwurf. Dadurch definiere ich eine Grundlage. Ich fühle mich immer wohler, wenn ich mit dem Kunden im direkten Austausch stehe, während ich an dem Projekt arbeite. Ziel ist es, ein kontinuierliches Feedback zu erhalten, während ich die Ideen des Designs umsetze. Manchmal ist das auch ein wenig riskant.

Inwiefern?

Sánchez: Weil ich dem Kunden unvollendete Konzepte zeige, die ihm vielleicht nicht gefallen könnten. Hier bin ich auch manchmal auf das Vertrauen und die Aufgeschlossenheit des Kunden angewiesen. Er kann das Konzept akzeptieren – oder eben nicht. Für den zweiten Fall habe ich kein Problem damit, nochmal von vorne zu beginnen und ein neues Konzept zu entwerfen, das den Kunden zufriedener macht. Am Ende geht es ja genau darum: demjenigen, der dafür bezahlt, etwas zu liefern, das ihn voll und ganz zufriedenstellt.

Hast du die Freiheit, deine eigenen Ideen beim Entwerfen einzubringen?

Sánchez: In den meisten Fällen genieße ich hier großes Vertrauen. Wenn es darum geht, ein Design von Grund auf neu zu erstellen, kann ich meiner Fantasie freien Lauf lassen. Da vertrauen mir die Kunden voll und ganz. In der Entwicklung selbst gibt es wie bereits erwähnt einen konstanten Austausch zwischen dem Kunden und mir. Aber auch, wenn es sich um eine Replik handelt, hat man manchmal einen gewissen Handlungsspielraum.

Obwohl das Design bereits existiert?

Sánchez: Ja, denn oft erhalte ich Anfragen, dass ich ein Design eines bestimmten Fahrzeugs auf ein anderes Fahrzeug adaptieren soll. Wenn ich beispielsweise das Design eines Ferraris auf einen Porsche übertragen muss, gibt es verschiedene Ansätze, um den Designfluss an die jeweilige Fahrzeugform anzupassen.

Hast du vor Beginn eines Entwurfs schon eine klare Vorstellung davon?

Sánchez: In den meisten Fällen ja. Vielleicht noch keine Vorstellung bis ins letzte Detail, aber auf jeden Fall eine Idee, in welche Richtung es gehen könnte. Diese Ideen kommen aber automatisch, wenn ich eine Anfrage und die entsprechenden Vorgaben eines Kunden bekomme.

Wie weit ist deine erste Idee von der finalen Version entfernt?

Sánchez: Das kann man nicht pauschal sagen. Die Livery entwickelt sich nach Kundenwunsch, auch wenn die Idee eine Basis und einen ersten Ansatz liefert. Viele kleine Details entstehen aber erst während der Ausarbeitung.

Wie lange dauert es, bis deine Kunden mit deinen Vorschlägen einverstanden sind?

Sánchez: Das kann man nicht allgemein sagen und hängt immer vom Kunden ab und davon, wie wählerisch er ist. Ich habe schon Entwürfe gemacht, die lediglich zehn Stunden gedauert haben, und dafür aber auch andere, für die ich mehr als eine Woche gebraucht habe.

Gibt es einen bestimmten Stil, der dich kennzeichnet?

Sánchez: Aktuell bin ich mir da nicht mehr so sicher. Bis vor drei bis vier Jahren war das auf jeden Fall noch so. Noch vor ein paar Jahren hat man die wildesten Linien und Kompositionen ohne Fundament und Struktur auf den Fahrzeugen gesehen. Davon haben sich meine Liveries auf jeden Fall abgesetzt. In der Zwischenzeit ist das ganze Thema Esports Racing aber deutlich professioneller geworden. Dadurch gibt es inzwischen auch viel mehr Designer, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Was mich aktuell von anderen professionellen Designern unterscheidet, kann und will ich nicht beurteilen. Vielleicht sollte man jemanden fragen, der sowohl mit anderen Künstlern als auch mit mir zusammengearbeitet hat.

Betrachtest du das Designen der Liveries als Hobby oder als Beruf?

Sánchez: Eigentlich ist es mein Hobby, das sich in meinen zweiten Job verwandelt hat. Es ist nicht meine Vollzeitbeschäftigung, aber ich hoffe, dass ich das bald ändern kann. Hauptberuflich arbeite ich als Software-Ingenieur.

Was hat diese Leidenschaft für den Rennsport und das Design ausgelöst?

Sánchez: Ich erinnere mich, wie ich Ende der 1980er Jahre als kleines Kind die Formel 1 verfolgt habe. Motorsport im Allgemeinen hat mich schon immer sehr fasziniert. Gleichzeitig hatte ich als Kind aber bereits gute Fähigkeiten, zu zeichnen. Es war also nur eine Frage der Zeit, dass sich diese beiden Leidenschaften eines Tages vermischen würden.

Erinnerst du dich noch, wann das erstmal der Fall war?

Sánchez: Als ich zwölf Jahre alt war, habe ich gemeinsam mit einem Freund den Williams Renault FW18 und den Benetton Ford B196 auf dem Macintosh Plus meines Vaters nachgezeichnet. Wir haben uns eine sehr rudimentäre Software gebaut und mit einfachen Zoom- und Bleistiftwerkzeugen Pixel für Pixel nachgezeichnet. Das war schon sehr verrückt.

Und klingt nach viel Aufwand …

Sánchez: Ich denke, sowas kann man auch nur machen, wenn man ein Kind ist und alle Zeit der Welt hat. Der nächste Meilenstein war das Rennspiel Indycar Racing II von Papyrus. Zu dieser Zeit war dieses Spiel einfach großartig. Es gab eine Anwendung, mit der man seine Rennfahrzeuge selbst lackieren konnte – Pixel für Pixel. Ich habe genauso viel Zeit mit dem Zeichnen des Designs wie mit dem Fahren selbst verbracht.  Danach folgten Spiele wie Nascar Racing und Nascar Racing II, die diese Anwendung ebenfalls hatten, bevor ein Spiel auf den Markt kam, das mein Leben gewissermaßen verändert hat.

Welches?

Sánchez: Grand Prix 4 von Microprose. Man hatte die Möglichkeit, Mods zu erstellen. In diversen Foren habe ich einige dieser Mods heruntergeladen und war verblüfft, wie Hobby-Designer Mods für Rennfahrzeuge entwickeln konnten, die hochwertiger waren als jene aus dem Spiel selbst. Zu dieser Zeit, um 2001 oder 2002, arbeitete ich erstmals mit Photoshop und begann zu lernen, wie man es benutzt.

Was war der nächste Schritt?

Sánchez: Ich traf Leute, die in der Lage waren, erstaunliche 3D-Modelle zu erstellen, und war schnell in einige Mod-Projekten involviert, zusammen mit den herausragenden Modellbauern und Zeichnern. Nach wenigen Jahren haben wir eine bekannte Modding-Gruppe gegründet und an großartigen Projekten gearbeitet, von denen einige nie veröffentlicht wurden. Obwohl mich das einen Großteil meiner Jugend gekostet hat, bin ich sehr stolz auf diese Zeit. Wir haben uns einen guten Ruf erarbeitet und wurden deshalb von Slightly Mad Studios auf freiberuflicher Basis engagiert, um die Texturen des Oreca LMP2 und des BMW V12 LMR für das Rennspiel Project Cars zu entwerfen. Obwohl mir dieser Job sehr viel Spaß gemacht hat, war es schwierig, die Fristen einzuhalten, da ich bereits berufstätig war.

Wann hast du die ersten Erfahrungen mit der Herstellung einer kompletten Livery gemacht?

Sánchez: Das war 2009 für die Formula Sim Racing auf rFactor. Unter anderem durfte ich die Liveries für so legendäre Teams wie Precision Motorsports oder Twister Racing entwerfen, was mich sehr stolz gemacht hat. Vor allem auch deshalb, weil viele bekannte Sim-Racer wie Atze Kerkhof oder Bono Huis für diese Teams gefahren sind.

Erinnerst du dich an Entwürfe oder Designer in deiner Kindheit oder Jugend, die dich besonders fasziniert haben?

Sánchez: Bestimmt vergesse ich jetzt einige aber ganz besonders in Erinnerung geblieben sind die Designs der Rothmans Williams-Fahrzeuge, das Formel-1-Fahrzeug von Jordan aus dem Jahr 1998, der Martini Ford Focus von 2001, der Valvoline Indycar von Gil de Ferran oder auch der Dupont Chevrolet von Jeff Gordon aus dem Jahr 1996. Aber über allem steht die West-Lackierung von McLaren. Für mich ist das bis heute das eleganteste Design aller Zeiten.

Gibt es einen Unterschied beim Entwerfen einer Livery für den realen Motorsport im Vergleich zum Entwerfen einer Livery für den virtuellen Motorsport?

Sánchez: Ich habe noch keine Livery für ein Team aus dem realen Rennsport entworfen, aber ich denke nicht, dass es allzu große Unterschiede gibt. Allerdings glaube ich auch, dass die Professionalität in allen Bereichen des realen Motorsports höher ist als in der virtuellen Welt. Zudem sind auch Sponsoren im realen Motorsport stärker in das Design involviert und achten ganz besonders darauf, dass alle CI-Vorgaben des Brandings eingehalten werden. Im Design für den virtuellen Rennsport hat man mehr Handlungsspielraum und kann Kompromisse zugunsten eines schöneren Designs eingehen.

Was ist deiner Meinung nach die schönste Livery, die du jemals entworfen hast?

Sánchez: Schwer zu sagen, da ich wirklich schon sehr viele Liveries entworfen habe. Wenn ich nur eine nennen dürfte, dann wäre das die Livery für SimRacing Channel.

Gibt es Designs, auf die du nicht so stolz sind?

Sánchez: Die gibt es natürlich auch, aber die werde ich nicht verraten.

Der Rennkalender der DNLS powered by VCO
21. März, Rennen 1
4. April, Rennen 2
18. April, Rennen 3
2. Mai, Rennen 4
30. Mai, Rennen 5
13. Juni, Rennen 6
15. August, Rennen 7
17. Oktober, Rennen 8
14. November, Rennen 9

Über die Virtual Competition Organisation GmbH

Die Virtual Competition Organisation (VCO) bringt verschiedene Stakeholder im Esports zusammen: von der Simulations- oder Gaming-Plattform über interessierte Partner bis hin zu den aktiven Teams und Fahrern sowie der Community. In einem schnell wachsenden Segment steht die VCO für Professionalität, Fokussierung und breite mediale Präsenz. Mit ihrem internationalen Netzwerk bietet die VCO zudem Lösungen für die bestmögliche Konzeption und Umsetzung von Esports-Projekten aller Art.

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