In den 1920er Jahren entwickelte Aby Warburg (1866–1929) mit seinem Bilderatlas Mnemosyne ein Tafelwerk, das mittlerweile zu einem Mythos avanciert ist. Sein Ansatz der Sammlung und des Vergleichs wiederkehrender visueller Themen und Muster von der Antike bis zur Gegenwart, ist bis heute Inspiration für die visuell und digital dominierte Welt. Nun erscheinen erstmalig Abbildungen aller wiederhergestellten 63 Tafeln in Farbe in einem großformatigen Folio-Band. Die im Haus der Kulturen der Welt geplante Ausstellung der Originaltafeln ist aufgrund der aktuellen Situation auf Herbst 2020 verschoben.

Er gilt als einer der Väter der modernen Bildwissenschaft, dessen Bild-Vermächtnis seit seinem Tod verborgen war: In seinen späten Lebensjahren arbeitete der Hamburger Kunst- und Kulturhistoriker Aby Warburg am Bilderatlas Mnemosyne, mit dem er ein visuelles Referenzsystem schuf, das seiner Zeit voraus war. Er bestand aus 63 großen schwarzen Tafeln, auf denen Warburg fotografische Reproduktionen von Kunstwerken aus dem Nahen Osten, der europäischen Antike und der Renaissance neben zeitgenössischen Zeitungsausschnitten oder Werbeanzeigen anordnete. Ein thematisch gegliedertes, visuell angelegtes Bezugssystem.

Warburg beschäftigte sich intensiv mit dem Zusammenwirken von Mythen, Bildern und Riten aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten und setzte mit seiner Methode neue Maßstäbe: Er ordnete Bilder kanonisierter und unbekannter Werke neu und betrachtete sie epochenübergreifend. Sein Atlas überschritt damit Fachgrenzen zwischen Kunstgeschichte, Philosophie und Anthropologie und legte die Grundlagen für die heutigen Disziplinen der Bildund Medienwissenschaften.

Der jetzt erscheinende großformatige Bildband und die Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt stellen die letzte dokumentierte Version des Atlas von 1929 nahezu vollständig mit den Originalabbildungen wieder her. Dafür haben die Kuratoren Roberto Ohrt und Axel Heil in Zusammenarbeit mit dem Warburg Institute London den größten Teil der 971 Abbildungen in der 400.000 Objekte zählenden Photographic Collection des Instituts aufgespürt und zeigen sein gesamtes unvollendetes Hauptwerk zum ersten Mal nach Warburgs Tod.

»Wir wollen einem Werk Anerkennung zollen, das Warburg bis zum Ende seines Lebens formte, nach thematischer Präzision und einer gewissen Offenheit strebend, die er für das ästhetische Material entscheidend hielt, das er untersuchte. Seine Methode beschrieb er gelegentlich als ‘polyphon‘ oder ‘multidimensional‘, weshalb der Bilderatlas so außerordentlich schwer fertigzustellen war«, so Roberto Ohrt und Axel Heil zum Projekt.

Die Ausstellung im Haus der Kulturen der Welt folgt im Herbst 2020.

Im Herbst 2020 erscheint außerdem ein Textband mit ausführlichen Kommentaren der Kuratoren.

ABY WARBURG: BILDERATLAS MNEMOSYNE THE ORIGINAL

Hrsg. Haus der Kulturen der Welt, Berlin, The
Warburg Institute, London, Roberto Ohrt, Axel Heil
Texte von Roberto Ohrt, Axel Heil, Bernd M.
Scherer, Bill Sherman, Claudia Wedepohl,
Gestaltung von Axel Heil, Christian Ertel, fluid editions
Englisch
184 Seiten, 83 ganzseitige Abb. und über 170
Textabb.
gebunden im Schutzkarton
44,00 x 60,00 cm
ISBN 978-3-7757-4693-9
200,00 EUR

ABY WARBURG: BILDERATLAS MNEMOSYNE KOMMENTAR
Hrsg. Haus der Kulturen der Welt, Berlin,
Roberto Ohrt, Axel Heil
Texte von Roberto Ohrt, Axel Heil, Gestaltung
von Axel Heil, Christian Ertel, fluid editions
Deutsch
ca. 600 Seiten, 200 Abb.
gebunden
17,50 x 24,50 cm
ISBN 978-3-7757-4694-6
[Englisch: ISBN 978-3-7757-4695-3]
52,00 EUR

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