Frage: Professor Maier, welche Bilanz ziehen Sie nach einer Woche?
Prof. Dr. Erik Maier:
Die erste Woche hat sehr gut und überraschend problemlos geklappt. Die Studierenden waren zufrieden, konnte nach eigenem Bekunden gut folgen und hatten nur kleinere Anmerkungen. Die Probleme, die andere Konferenzveranstalter mit ihren technischen Anbietern hatten, haben uns weitestgehend verschont. Ich kann für meine erste Vorlesungswoche in Zeiten von Corona sagen: Wir nehmen körperlich Abstand voneinander, aber mental-digital rücken wir zusammen“.
Frage: Wie haben Sie Ihre ersten online-Vorlesungen gestaltet?
Die Vorlesung dauert drei Stunden. Die Studierenden schalten sich in eine Online-Session zu. Die ersten zwei Stunden lang geht es um die Inhaltsvermittlung und Diskussion. Hier präsentiere ich und die Studierenden können Fragen stellen. Ich reagiere „live“ und nehme Kommentare und Antworten direkt in die Präsentation auf. In der dritten Stunde arbeiten alle Studierenden einzeln an vorher definierten Aufgaben arbeiten und ich stehe online für Fragen und Hilfe zur Verfügung. Im Anschluss laden die Studierenden ihre Lösungen hoch und ich schaue mir das an. In der nächsten Vorlesung präsentiere ich die Musterlösung.
F.: Sie stehen also allein im Hörsaal?
E.M.: Ja. Das fühlt sich zwar ungewohnt an, aber in Zeiten, wo Fußballspiele und Pop-Konzerte ohne Publikum stattfinden, kann man sich daran gewöhnen. Immerhin habe ich ja noch Kontakt zu den Studierenden, sehe sie und höre Ihre Fragen.
F: Wo gab es Schwierigkeiten?
E.M.: Nur bei Details, z.B. hatten einige ihre Login-Infos für die Webseite zum Hochladen der Lösungen vergessen.
F: Kann das ein Modell sein für die Vorlesung der Zukunft?
E.M.: Ich würde weiterhin die Präsenzlehre bevorzugen, weil sich bessere und ausführlichere Diskussionen ergeben – und gerade darum geht es ja auf dem Master-Niveau. Es ist auch recht aufwendig, solche Formate interaktiv zu gestalten. Auch längere Beiträge der Studierenden sind eher schwierig. Aber für die Zeiten, in denen es keine notwendigen Corona-Vorsichtsmaßnahmen mehr geben muss, kann ich mir gut vorstellen, die Inhaltsvermittlung in einer kombinierten Variante zu vermitteln. Das bedeutet: es ist durchaus denkbar, einen Teil als „Geistervorlesung“ und einen Teil der Vorlesung vor Ort im „normalmenschlichen“ Modus zu gestalten. Besonders für unsere Teilzeit-Studierenden könnte diese Variante gewinnbringend sein und auch für die Weiterbildung von Führungskräften. Manche Anreise würde so obsolet, was natürlich zu Zeiteinsparungen führt. Aber wie gesagt: ganz auf Präsenzlehre würde ich nicht verzichten wollen.
Frage an Henning Zülch, Prorektor der HHL:
Wie schätzen Sie die aktuelle Situation im Hochschulbereich und insbesondere an der HHL nach einer Woche Online-Lehre ein?
Prof. Dr. Henning Zülch
Wir bieten fast alle Vorlesungen Online an und habe damit insgesamt sehr gute Erfahrungen gemacht.
F: War Ihnen klar, dass dieser Prozess so schnell und verhältnismäßig reibungslos verlaufen wird, als die Schließung der HHL für die Präsenzlehre vorige Woche beschlossen wurde?
Prof. Henning Zülch: Wir hatten es gehofft. Die „Corona“-Lage verschärfte sich schneller als wir erwartet hatten. Das erhöhte den Druck auf uns, Lösungen für unsere Studierenden zu finden. Wir haben schließlich den Studierenden ein Versprechen gegeben, das es einzulösen gilt. Unsere Studierenden zahlen für die Lehre und wir versprechen ihnen, sie jederzeit mit der bestmöglichen Lehre zu versorgen.
F: Wieso sind Sie schneller als viele andere Hochschulen?
H.Z.: In so einer Situation kommt uns sicherlich zugute, dass wir eine kleine, sehr persönliche und auf Innovation ausgerichtete Hochschule sind. Das bedeutet: unsere Entscheidungsprozesse laufen sehr schnell ab. Außerdem haben wir mit Professoren wie Erik Maier oder Claudia Lehmann – Professorin für Innovation und Digitalisierung – Experten in unseren Reihen, die Digitalisierung zukunftsweisend denken können. Unsere gesamte Lehre ist darauf ausgerichtet, unsere Studenten darin auszubilden, als Führungskraft in einer digitalisierten Welt zu agieren. Daher konnten wir – bei aller Herausforderung – recht schnell reagieren.
F: Ist die Situation jetzt auch eine Chance?
Natürlich ist die aktuelle Situation für unsere Gesellschaft, ja für die ganze Welt, eine unbekannte Situation, bei der es in erster Linie darum geht, Menschen zu schützen. Das ist unser aller wichtigste Aufgabe. Daher haben wir ohne Druck im Vorfeld entschieden, frühestmöglich die Präsenzlehre auszusetzen. Wir an der HHL sehen in der derzeitigen Situation aber nicht nur Risiken, sondern auch die Chance, mit den Studenten, der Fakultät und der Verwaltung gemeinsam neue Wege zu gehen und jetzt unter Hochdruck Lehre neu und noch stärker digital zu denken.
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