Auch unkonventionelle und sicher unbeliebte Maßnahmen müssen diskutiert werden, so hat Premierminister Kielsen von Grönland ein Alkoholverbot erlassen mit der Begründung, dass Kinder wegen der Ausgangsbeschränkungen in der Corona-Krise besonders geschützt werden müssten. Die dortige Gesundheitsministerin Abelsen sagte, „der exzessive Alkoholkonsum mancher Eltern könne für die Kinder ein Sicherheitsrisiko sein“.

Knapp 100 Hochschullehrende aus Deutschland machen sich große Sorgen über die aktuelle Situation gefährdeter Kinder und Jugendlicher während der Corona-Pandemie. Die Wissenschaftler*innen der Studiengänge Soziale Arbeit und Pädagogik schauen auf die neuralgischen Aspekte des Kinder- und Jugendschutzes.

In ihrem Appell „sehen sie keinen Grund, ambulante Hilfen für Familien und die Schulbegleitung unter pauschalem Verweis auf die Gefährdung der Allgemeinbevölkerung einzustellen. Auch andere Berufszweige arbeiten weiter und aus Sicht der gefährdeten Kinder sind Jugendämter und Erziehungshilfen nicht weniger systemrelevant als der Gesundheitsbereich. Die Entlastung der Eltern durch Beratung und Angebote für die Kinder muss nicht einmal zwingend in der Wohnung stattfinden, Ausgangs- bzw. Kontaktsperren könnten entsprechend geregelt werden. Die Besuche durch Sozialpädagogische Familienhilfe dürfen nicht wie vielerorts eingestellt, sondern müssen intensiviert und unter Beachtung des Infektionsschutzes ausgebaut werden. Meldungen müssen vom Jugendamt und Familiengericht zeitnah und wirksam bearbeitet werden. Vor allem wenn besonders vulnerable Kinder im Kleinkind- oder Vorschulalter betroffen sind oder Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen, die sich keine Hilfe außerhalb der Familie suchen können“.

Es gibt schon erste Verfügungen in Bayern, nach der Kinder in der Kita und Schule bleiben können, wenn es "zum Wohl" dieser Kinder nötig ist, in NRW wird dies gefordert. Dies ist die fachlich angemessene Maßnahme und sollte auch bundesweit gelten, ergänzt die Kinderschutzstiftung.

Die Expert*innen machen sehr deutlich klar, wie dramatisch und hoch risikobehaftet die Situation sich aktuell darstellt. Die Kindertagesstätten und Schulen sind zu. Eltern, die ihre Kinder misshandeln oder deren Grundbedürfnisse nicht erfüllen können, sind rund um die Uhr mit den Kindern zusammen. Sie haben keine Entlastung mehr, die Kinder und Jugendlichen keine Ansprechpartner und keinen Schutz. Verstörtheit, Untergewicht, Hämatome oder Verletzungen bleiben unbemerkt.

Menschen, die Kinder zur Pornographie zwingen oder sexualisierte Gewalt ausüben, können in der Zeit der Kontaktsperre sicher sein: das Kind kann und wird sich niemandem anvertrauen.

Auch aus manchen Erziehungs- und Fachberatungsstellen sowie von vielen Familien-helfer*innen (SPFH) und Lernhelfer*innen in der Schule wird berichtet, dass direkter Kontakt zu den Familien eingestellt sei und allenfalls telefonisch erfolgt, digitale Beratung wird teils nicht als Fachleistungsstunde anerkannt und finanziert, so berichtet ein Freier Träger in NRW: „Wir haben unsere Arbeit eingestellt, das Jugendamt zahlt die Telefon- und Onlineberatung nicht.“

„Die Wissenschaftler*innen bieten sich an mit ihrem ungefilterten Blick zu begutachten und zu helfen. Wir als Deutsche Kinderschutzstiftung Hänsel+Gretel ermutigen und bitten die Politik dieses Angebot dringend zu nutzen. Jeder Tag zählt, damit Kinder geschützt werden in der Corona-Zeit und die leider zu erwartenden gravierenden Folgen für Kinder und Jugendliche minimiert werden“, sagt Jerome Braun, Geschäftsführer.

Unser direkter Beitrag sind zwei Video-Botschaften. Ein „Appell eines Mädchens“ an Kinder und Jugendliche, sich Hilfe zu holen. Ein zweites Video, dass den Erwachsenen zu Hause gilt. Beide Videos zeigen am Ende die bundesweit kostenlosen Hilfenummern und Webseiten. Jede Verbreitung hilft Kinder und Jugendliche besser zu schützen.

„Appell eines Mädchens“: https://www.youtube.com/watch?v=Ke4pdYVQ2uI

„Appell an Erwachsene“: https://www.youtube.com/watch?v=G862YsxRrok

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Prof. Dr. Maud Zitelmann
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Jerome Braun
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