Immer mehr Betriebe wandeln sich vom reinen Produkthersteller zum innovativen Lösungsanbieter mit neuartigen Geschäftsmodellen und ergänzen ihr Kernprodukt um komplementäre Services. Die Digitalisierung spielt dabei eine entscheidende Rolle, weil digitale Technologien in hohem Maße die Entstehung neuer Geschäftsmodelle erleichtern. In Zukunft wird der Wettbewerb nicht mehr alleinig zwischen Produkten oder Prozessen, sondern vielmehr zwischen Geschäftsmodellen stattfinden und für Industriebetriebe neue Wachstumspotenziale und Märkte mit sich bringen.
Vor diesem Hintergrund geht die neueste Ausgabe der Mitteilungen aus der Erhebung »Modernisierung der Produktion« der Frage nach, welche (digitalen) serviceorientierten Geschäftsmodelle für industrielle Anwendungen existieren, wie verbreitet und wie lukrativ sie sind. Zudem ist von Interesse, welche Unternehmen hier Vorreiter sind und ob digitale Geschäftsmodelle die Wettbewerbsfähigkeit begünstigen. Basis für die Beantwortung dieser Fragen waren die Angaben von 1.282 Firmen, die an der repräsentativen Erhebung Modernisierung der Produktion 2015 des Fraunhofer ISI teilgenommen haben.
Digitalisierung begünstigt serviceorientierte Geschäftsmodelle in der Industrie
Die Auswertungen zeigen zunächst, dass 42 Prozent aller befragten Betriebe mindestens ein komplementäres Geschäftsmodell einsetzen. Am häufigsten werden mit 23 Prozent Full-Serviceverträge zur Instandhaltung von Produkten offeriert, gefolgt von der Maschinen- und Produktvermietung (15%). Bei einer tiefergehenden Analyse der Geschäftsmodellanbieter wird deutlich, dass rund 32 Prozent aller Betriebe bereits digitale Techniken für ihre Geschäftsmodellangebote nutzen und lediglich 9 Prozent aller Industrebetriebe ihre Geschäftsmodelle analog betreiben, also dabei ganz auf digitale Techniken verzichten. Ab dem Jahr 2000 stieg der Anteil der Betriebe mit serviceorientierten Geschäftsmodellen von ca. 20 auf über 40 Prozent an, was nicht zuletzt auch neuen digitalen Technologien zu verdanken ist.
Ein Blick auf die Betriebsgröße verdeutlicht, dass es weniger (28%) kleine Betriebe (unter 50 Beschäftigte) sondern vielmehr (61%) Großbetriebe (ab 1000 Beschäftigte) sind, die digitale Geschäftsmodelle anbieten. Die kleinen Betriebe setzen zu einem relevanten Teil derzeit weiterhin auf analoge Geschäftsmodelle. Sie scheinen beim Einsatz digitaler Techniken größere Schwierigkeiten zu haben, was in erster Linie auf fehlendes Know-how bzw. benötigte Ressourcen zurückzuführen ist.
Industriebetriebe mit digitalen Geschäftsmodellen sind wettbewerbsfähiger
Doch wie wirken sich digitale Geschäftsmodelle auf die Wettbewerbssituation, Innovationsfähigkeit und Produktivität von Unternehmen aus? Es zeigt sich, dass die digitalen Geschäftsmodellanbieter unter allen Industrieunternehmen diejenigen mit dem größten Umsatzanteil (17%) durch Serviceangebote sind und jeder vierte Betrieb von ihnen als Serviceinnovator gilt – also in den vergangenen drei Jahren eine wichtige Serviceinnovation eingeführt hat. Zudem verfügen die digitalen im Vergleich zu den analogen Geschäftsmodellanbietern über eine deutlich höhere Produktivitätsrate – es ergibt sich eine Differenz von 17.000 Euro Arbeitsproduktivität je Beschäftigtem, die sich durch mehr Effizienz infolge automatisierter Prozesse erklären lässt.
Dr. Christian Lerch, Mitautor der Studie und Leiter des Geschäftsfelds Industrieller Wandel und neue Geschäftsmodelle am Fraunhofer ISI, fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen: »Digitale Geschäftsmodelle können in Zukunft durchaus zum Wettbewerbsfaktor für die Industrie werden, da sich mit ihnen nicht nur höhere Serviceumsätze erzielen lassen, sondern sie auch eine höhere Innovationsfähigkeit im Servicegeschäft mit sich bringen. Da sie auch die Produktivität entscheidend erhöhen, sollten Industriebetriebe beim Angebot neuer Geschäftsmodelle genau prüfen, inwieweit digitale Techniken zum Einsatz kommen können – denn ihr gezielter Einsatz gepaart mit einer klaren Kundenorientierung führt zu einem entscheidenden zukünftigen Wettbewerbsfaktor.«
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