Die Sexualität hat viele Seiten. Sie ist eng mit den stärksten Gefühlen des Menschen verbunden. Mit Liebe, Lust, Leidenschaft, Begehren und Sehnsucht ebenso wie mit Eifersucht, Angst, Hass, Unterdrückung und Machtausübung. Die von ihr ausgehende Energie bestimmt nicht nur unsere Fantasien und Wünsche, sondern ist Motor fast jeder Aktivität. Letztendlich Antrieb für das Leben selbst.

Das GRASSI Museum für Angewandte Kunst zeigt ab 29. April die interdisziplinär angelegte Schau „6UL. Lust und Begehren in Kunst und Design“. Rund 200 Werke internationaler Künstlerinnen und Künstler aus den vergangenen 30 Jahren präsentieren vielfältige Formen und Ausdrucksweisen des Sexuellen in Kunst und Design: In Arbeiten bildender Künstler ebenso wie in Entwürfen von Modemachern und Designern. Der interdisziplinäre Ansatz der Ausstellung entspricht der aktuell verstärkt medienübergreifenden Arbeitsweise vieler Künstlerinnen und Künstler.

Der Ausstellungstitel 6UL verweist verklausuliert auf das Sujet. Phonetisch aufgelöst, ist ihm das Sexuelle ebenso eingeschrieben wie die Sexualität. Der verschlüsselte Titel stammt von dem Künstlerduo Günther Meyer. Unter diesem Pseudonym treten Uwe Karsten Günther, Initiator des LADEN FÜR NICHTS in Leipzig, und der mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnete Schriftsteller Clemens Meyer seit einigen Jahren im Team auf.

Sexualität heute
In den letzten 30 Jahren hat die Sexualität eine Neubewertung erfahren. In der Zeit der sogenannten sexuellen Revolution vom Ende der 1960er bis Ende der 1970er Jahre versprach man sich im Westen Deutschlands durch ihr freies Ausleben auch eine Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen. In Ostdeutschland dagegen verlief die Entwicklung anders. Aufgrund ihrer beruflichen Gleichstellung mit dem anderen Geschlecht lebten Frauen im Sozialismus ihre Sexualität freizügiger aus. Sowohl im Westen wie im Osten wird Sexualität heute nicht mehr nur in Zusammenhang mit Glück, Genuss und Freiheit gedacht, sondern zunehmend im Kontext von Unfreiheit, Ungleichheit und Aggression. Zugleich haben aber auch die Toleranz gegenüber multisexuellen Identitäten und ihre Akzeptanz jenseits von Heterosexualität zugenommen. Das Internet als Möglichkeitsraum für die Befriedigung sexueller Wünsche hat darüber hinaus zu einer weiteren Enttabuisierung sexueller Orientierungen und Praktiken geführt und die Grenzen zwischen privat und öffentlich verschoben.

Themen und Künstler der Ausstellung

Die Ausstellung reflektiert gesellschaftliche Debatten um sexuelle Selbstbestimmung, biologische und soziale Geschlechterrollen, Machtstrukturen und sexuelle Gewalt anhand der vier thematischen Gruppen:

· Lust und Leidenschaft
· Macht und Missbrauch
· Verwandlung und Vielfalt
· Eros und Endlichkeit

Dabei stehen etablierte künstlerische Positionen, beispielsweise die von Tracey Emin, Marilyn Minter, Cosey Fanni Tutti, Vivienne Westwood, Cindy Sherman, Sarah Lucas, Elsa Schiaparelli, Jürgen Klauke, Leigh Bowery und Araki als Wegbereiter jüngeren künstlerischen Positionen gegenüber wie denen von Kris Lemsalu, Namilia, Signe Pierce, Anna Uddenberg oder Los Carpinteros. Der disziplinübergreifende Ansatz der Ausstellung kommt unter anderem in einer Installation der kanadischen Musikerin Peaches zum Ausdruck, die als Künstlerin erstmals 2019 im Kunstverein in Hamburg zu sehen war.

Den zweiten Teil der Ausstellung bildet die groß angelegte Raum-in-Raum-Skulptur MANOLITO, entworfen vom Leipziger Künstlerduo Günther Meyer.

Lust und Leidenschaft

Das größte Ausstellungskapitel kreist um den Themenkomplex der Erotik und Sexualität: Begehren, Verführung, Sinnlichkeit. Häufig sind die damit verbundenen Vorstellungen von Rollenklischees und einem spezifisch männlichen Blick geprägt. Feministische Künstlerinnen haben der patriarchalen, heterosexuellen Kontrolle der Sexualität eigene Bilder entgegengesetzt. Die ausgestellten Werke der Künstlerinnen und Künstler thematisieren die positive Energie von Eros und Sexus einerseits und eine mögliche Bedrohung durch ihre oft unkontrollierbare Kraft andererseits.

Macht und Missbrauch

Kaum ein Thema findet in feministischen künstlerischen Positionen mehr Beachtung als Macht und ihr Missbrauch. Das Kapitel wird daher von weiblichen künstlerischen Positionen dominiert, darunter Vorreiterinnen wie Cindy Sherman, Sarah Lucas oder Monica Bonvicini. Die Verarbeitung gegen Männer gerichteter oder von Männern ausgehender Gewalt wird von männlichen Künstlern dagegen sehr viel seltener zum Thema gemacht. Ein pointiertes Beispiel ist hier eine liegende Figur von Gregor Schneider.

Verwandlung und Vielfalt

Dieser Ausstellungpart widmet sich den aktuellen Entgrenzungen herkömmlicher Sexualkategorien. Werke aus dem Bereich der Kunst und Mode illustrieren die Dekonstruktion von Hetero-, Homo- und Bisexualität. Die Kritik an solchen Begrifflichkeiten führte zur Verwendung des Kürzels GLBTQ (für Gay, Lesbien, Bisexuel, Transgender, Queer). Insbesondere die Queer-Theorie betrachtet sexuelle Identität als provisorisch und instabil. Auch hier mischen sich ältere Positionen wie die von Leigh Bowery, Jürgen Klauke und Walter van Beirendonck mit jungen Positionen wie beispielsweise bei Zuhra Hilal.

Eros und Endlichkeit

Die Verbindung von Eros und Tod findet sich in der Kunst von der Antike bis heute. Auf den ersten Blick erscheinen sie als Gegensätze, aber gerade das Wissen um die Vergänglichkeit des begehrten Körpers schafft einen Zusammenhang zwischen ihnen. Im Tod als Sinnbild der Endlichkeit wird auch die erwünschte Dauerhaftigkeit eines erotischen Glücksmoments imaginiert. Die Bezeichnung des Orgasmus als "kleiner Tod" bringt dies zum Ausdruck.

Anhand prägnanter Beispiele werden im kleinsten Kapitel der Ausstellung unterschiedliche Verbindungen von Eros und Tod dargestellt.

Publikation
Es erscheint ein zweisprachiger Katalog (deutsch/ englisch) mit Texten von Clemens Meyer und Bettina Ruhrberg sowie einem Vorwort von Olaf Thormann

Eröffnung der Ausstellung:
Di, 28.04., 19 Uhr

Pressekonferenz zur Ausstellung:
Di, 28.04., 11 Uhr

Laufzeit:
29.04. – 27.09.2020

Publikation
Es erscheint ein zweisprachiger Katalog (deutsch/ englisch) mit Texten von Clemens Meyer und Bettina Ruhrberg sowie einem Vorwort von Olaf Thormann

Ausstellungsbegleitende Veranstaltungen:
Eine Vielzahl ausstellungsbegleitender Veranstaltungen findet statt. Informationen dazu unter http://www.grassimak.de/…

Kuratoren der Ausstellung:
Dr. Bettina Ruhrberg/ Direktorin Mönchehaus Museum Goslar und Uwe Karsten Günther/ Laden für Nichts Leipzig
Künstlerischer Beitrag von Clemens Meyer/ Leipzig
Umfassende Projektmitarbeit Luise Richter/ Wissenschaftliche Volontärin GRASSI
Museum für Angewandte Kunst Leipzig

Ausstellungsgestaltung:
bka bucher koop architektur (Claudia Bucher, Gregor Wenzel)

Grafische Gestaltung:
Tobias Wenig/ Berlin

Öffnungszeiten und Eintrittspreise:
Di – So, Feiertage 10 – 18 Uhr, Mo geschlossen
Eintritt: Bis 18 Jahre Eintritt frei, Erwachsene 8 € (ermäßigt 5,50 € bzw. 4 €),
Abendticket ab 17 Uhr für 4 €

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Ausstellungsort
GRASSI Museum für Angewandte Kunst, Johannisplatz 5 – 11. 04103 Leipzig
www.grassimak.de, grassimuseum@leipzig.de, Tel.: +49 (0)341/ 22 29 100

 

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

GRASSI Museum für Angewandte Kunst Leipzig
Johannisplatz 5-11
04103 Leipzig
Telefon: +49 (341) 2229-104
http://www.grassimuseum.de

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