Menschen, die 2018 in Rente gegangen sind, standen vor der spannenden Aufgabe, rund 20 Jahre Ruhestand gestalten zu können. „Mit dem Berufsleben endet ein ganzer Lebensabschnitt, der 40 und mehr Jahre gedauert hat. Neben der Freude auf mehr Freiheiten ist da oft auch Trauer: Es gilt Abschied zu nehmen von vertrauten Abläufen, den Kolleginnen und Kollegen und auch von erfüllenden Aufgaben. Das fällt vielen schwer. Daher sollten sich Beschäftigte, aber auch Unternehmen am besten schon ein bis zwei Jahre vor dem Renteneintritt mit der Gestaltung der Zukunft befassen“, erklärt Iris Dohmen, die als Psychologin bei TÜV Rheinland Unternehmen und Organisationen verschiedener Branchen zu betriebspsychologischen Fragestellungen berät.

Ein neuer Blick aufs Alter

Zur Gestaltung des neuen Lebensabschnitts ist eine Standortbestimmung der Ausgangspunkt. Im Mittelpunkt stehen die fünf Säulen des Lebens: Eine erfüllende Tätigkeit, finanzielle Sicherheit, Gesundheit, soziale Beziehungen und die eigene Persönlichkeit. Die Betrachtung der Bereiche zeigt Erreichtes ebenso auf wie Defizite. Letztere bieten die Chance, durch die neue Freiheit im Ruhestand einen Ausgleich zu schaffen, beispielsweise mehr zu reisen, Kontakte zu pflegen oder auch einem Hobby oder Ehrenamt nachzugehen. „Unsere Vorträge sowie die ein- bis zweitägigen Workshops bieten Beschäftigten die Möglichkeit, eine Vision für den Ruhestand zu entwickeln. Grundlegend ist dabei ein positives Bild vom Alter, denn der Begriff steht schon lange nicht mehr synonym für Krankheit und Gebrechlichkeit. Ältere Menschen haben durch ihre Sozialkompetenz und Erfahrung wertvolle Kenntnisse und Fähigkeiten, die jüngeren oft fehlen“, weiß Dohmen.

Rückkehr auf Zeit

Das Fachwissen und die Erfahrung der Älteren sind oftmals auch nach Renteneintritt gefragt: Viele Unternehmen bieten ehemaligen Mitarbeitenden die Möglichkeit, für Projekte, für die sie besondere Kompetenzen mitbringen, ins Unternehmen zurückzukehren. Dadurch ergeben sich für beide Seiten Vorteile: Die ehemaligen Beschäftigten erhalten neben einer finanziellen Honorierung auch Wertschätzung für ihre Fähigkeiten und können Kontakte zu früheren Mitarbeitenden pflegen. Dem Unternehmen bleiben Fachwissen, Geschäftskontakte und Erfahrung erhalten – in Zeiten des Fachkräftemangels eine wertvolle Ressource. „Beschäftigte, die sich geschätzt und anerkannt fühlen, sind meist gern bereit, sich auch nach Renteneintritt projektweise im Unternehmen zu engagieren. Ihre Wertschätzung können Arbeitgeber beispielsweise durch eine frühzeitige gemeinsame Planung der Übergangszeit von Beruf und Ruhestand zeigen. Auch eine feierliche Verabschiedung, die Familie, Kolleginnen und Kollegen sowie Geschäftspartner mit einbezieht, würdigt ein langes und erfolgreiches Berufsleben. „Unternehmen planen den Einstieg und die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden heute sehr genau. Diese Aufmerksamkeit haben aber auch die älteren Beschäftigten verdient, denn in Zeiten des demografischen Wandels können ihre Einsatzbereitschaft und ihr Wissen der entscheidende Vorteil für eine positive Geschäftsentwicklung sein. Wir unterstützen Führungskräfte dabei, dieses Potenzial zu nutzen“, betont Dohmen.

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