Die Zahl der hessischen Ärztinnen und Ärzte ist im vergangenen Jahr nur minimal gestiegen: Von 38.066 im Januar 2019 auf 38.125 im Januar 2020, wie die Auswertung der Statistik der Landesärztekammer Hessen (Stand: 02.01.20) zeigt. Rund Dreiviertel der Kammermitglieder sind berufstätig: 11.807 arbeiten im niedergelassenen Bereich und 15.065 in der stationären Versorgung. In Behörden und Körperschaften sind 551 Ärztinnen und Ärzte tätig, 3.630 üben eine sonstige ärztliche Tätigkeit aus. Zudem verzeichnet die Kammer einen gleichbleibend hohen Anteil von jungen Ärztinnen, der bei Mitgliedern  unter 35 Jahren (3496 davon weiblich und 2447 männlich) nahezu zwei Drittel ausmacht.

Dennoch: Für Kammerpräsident Dr. med. Edgar Pinkowski ist der geringfügige Anstieg der hessischen Arztzahlen kein Grund zur Erleichterung. „Die Statistik muss differenziert betrachtet werden“, erklärt er. „So befinden sich die Zahlen des ärztlichen Nachwuchses seit Jahren im Sinkflug. Während heute insgesamt 5.943 Mitglieder unter 35 bei der LÄKH gemeldet sind, waren es zum Vergleich Anfang der 1990er Jahre 5.393 junge Ärztinnen und Ärzte unter 35 Jahren – und das bei einer Gesamtzahl von damals 22.894 hessischen Ärztinnen und Ärzten.“ Vor dem Hintergrund einer immer älter werdenden Gesellschaft mit immer vielfältigeren Krankheitsbildern, die immer häufiger ärztliche Leistungen in Anspruch nehmen müsse, sei diese Entwicklung besorgniserregend.

„Hinzukommen“, so Pinkowski, „strukturelle und generationsbedingte Veränderungen, die die Deckung des Bedarfs nach ärztlichen Leistungen zusätzlich erschweren.“
Zu nennen sei hier zunächst die geringe Bereitschaft der jungen Ärzte sich niederzulassen. Das vermeintlich hohe Investitionsrisiko wie die von den Krankenkassen erhobenen Regress-Forderungen schreckten viele ab. „Hier ist die Politik gefordert, Hindernisse abzubauen und Anreize zu schaffen, um den jungen Kolleginnen und Kollegen die Angst vor der Niederlassung zu nehmen. Nur so kann die Versorgung der Bevölkerung langfristig gewährleistet bleiben“, sagte Pinkowski.

„Darüber hinaus sind immer mehr junge Kolleginnen und Kollegen in Teilzeit tätig, um die eigene Familienplanung mit der Berufsausübung verbinden zu können. Dies führt wiederum zu fehlender Arztzeit sowohl in den Kliniken als auch in den Praxen.“

Als letzten und wichtigsten Grund für den sich immer weiter verschärfenden Ärztemangel nannte Pinkowski die sich in den Jahren 2024, 2025 in den Ruhestand verabschiedende Generation der sog. Babyboomer. So gehe die Bundesärztekammer (BÄK) aktuell davon aus, dass es 160 bis 200 Studienanfänger bedürfe, um 100 Mediziner, die heute in Vollzeit tätig sind, in Zukunft zu ersetzen.

„All diese Entwicklungen und Zahlen zeigen nur eines“, fasst der Ärztekammerpräsident zusammen. „Minimal steigende Arztzahlen sind kein Mittel gegen den in vier bis fünf Jahren einsetzenden dramatischen Ärztemangel – eine Erhöhung von Studienplätzen dagegen schon“. Damit erneuert Pinkowski die von der Landesärztekammer wiederholt erhobene Forderung nach einer signifikanten Erhöhung von Medizinstudienplätzen unter Beibehaltung der Ausbildungsqualität.
Nach den Berechnungen der Bundesärztekammer (BÄK) gibt es in Deutschland zurzeit rund 11.000 Studienplätze für Humanmedizin. Trotz einer konstanten Erhöhung in den vergangenen Jahren könne, so Pinkowski, von einer Bedarfsdeckung noch immer keine Rede sein, da der Stand bei der Wiedervereinigung noch nicht wieder erreicht worden sei.

 

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