Das Hilfswerk für verfolgte Christen „Open Doors“ hat am 28. Oktober während einer Pressekonferenz in Berlin einen aktuellen Bericht zur Situation von 6.516 christlichen Konvertiten in Deutschland vorgelegt. In der repräsentativen Erhebung „Schutz für Konvertiten vor Abschiebung in Länder mit Christenverfolgung“ wurden Daten und Hinweise aus 179 Gemeinden verschiedener Kirchen in Deutschland ausgewertet. Das Ergebnis: Immer weniger Konvertiten erhalten Asylschutz. Vielen drohe die Abschiebung in Länder, in denen die Abkehr vom Islam als todeswürdiges Verbrechen gelte.

Der frühere CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Volker Kauder bekräftigte seine im Vorfeld der Pressekonferenz geäußerte Überzeugung: „Deutschland, als Land der Religionsfreiheit, darf Konvertiten nicht in Länder abschieben, wo Christen verfolgt werden.“

Anerkennungsquote seit Juli 2017 halbiert

In einer gemeinsam mit den Partnern „Internationale Informationsstelle für Religionsfreiheit Deutschland“ (IIRF-D) und „Professur für Religionsfreiheit und Erforschung der Christenverfolgung, Freie Theologische Hochschule Gießen“ durchgeführten Erhebung hat „Open Doors“ die aktuelle Situation von Flüchtlingen untersucht, die sich dem christlichen Glauben zugewandt haben. Viele von ihnen würden im Verlauf ihres Asylverfahrens mit dem Vorwurf konfrontiert, ihren Glaubenswechsel nur vorgetäuscht zu haben. Damit würden zuerst sie und genauso auch Pfarrer und Pastoren, die diesen Konvertiten die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens bescheinigten, massiv diskreditiert.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) stellte laut Angaben der an der Erhebung beteiligten Gemeinden vor dem 1. Juli 2017 in 67,9 Prozent der Anhörungen positive Bescheide für Konvertiten aus. Nach diesem Datum sank die Zahl auf 36,3 Prozent. Konvertiten aus dem Iran stellten mit 4.557 Schutzsuchenden die größte Gruppe innerhalb der Erhebung, gefolgt von Flüchtlingen aus Afghanistan und Syrien. Was Konvertiten im Fall einer Abschiebung in ihr Herkunftsland in punkto Verfolgung erwarte, habe nach dem 1. Juli 2017 in immer weniger Entscheidungen des BAMF eine Rolle gespielt. Ihre besondere Gefährdung werde nicht erkannt oder wissentlich übergangen.

Keine einheitliche Rechtsprechung

Laut BAMF werde in den Anhörungen die „Ernsthaftigkeit des Glaubenswechsels“ von Konvertiten geprüft und ermittelt, ob der Glaubenswechsel „identitätsprägend“ sei. Damit solle eingeschätzt werden, ob und wie intensiv Konvertiten nach einer Abschiebung in ihre Heimatländer ihren Glauben praktizieren würden und deshalb von Verfolgung bedroht wären. Laut der Erhebung habe das BAMF 45 Prozent der Konvertiten keinen Schutz erteilt und auch kein Abschiebeverbot ausgesprochen. Fast alle Abgelehnten hätten vor dem Verwaltungsgericht (VG) geklagt, das 63 Prozent der Klagen (zumindest teilweise) stattgegeben habe.

Auffällig sei, dass die Anerkennungsquote von Konvertiten bei den VG je nach Bundesland stark variiere. Beim VG Berlin liege die Quote ähnlich wie in Baden-Württemberg im Durchschnitt bei höchstens 20 Prozent, in Hessen und in manchen östlichen Bundesländern jedoch bei über 80 Prozent. Eine einheitliche Rechtsprechung erfolge nicht.

Kirchliche Bescheinigungen mindern Chancen auf Anerkennung

Legt ein Konvertit eine Bescheinigung seiner Kirche über die Ernsthaftigkeit seines Glaubenswechsels und seiner Glaubenspraxis vor, würden dadurch seine Chancen auf einen positiven Bescheid durch das BAMF sinken. Die von Politik und Behörden oft geäußerte Mutmaßung, der Glaubenswechsel vieler Konvertiten sei nicht echt, stehe in Widerspruch zur Einschätzung der Pastoren und Pfarrer: Im Rahmen der Erhebung bescheinigten sie 88,1 Prozent der schutzsuchenden Konvertiten einen ernsthaften Glaubenswechsel.

Die Erhebung „Schutz für Konvertiten vor Abschiebung in Länder mit Christenverfolgung“ ist im Internet zu finden unter www.opendoors.de/konvertitenbericht

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