Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Landkreis Osterholz

Die „Hammeniederung“ im Landkreis Osterholz ist ein Projekt mit Vorbildcharakter: Das ehemalige Naturschutzgroßprojekt ist heute nicht nur Naturschutzgebiet. Die erfolgreiche Renaturierung von Mooren in der Hammeniederung kann auch beispielgebend für andere Projekte sein – in Niedersachsen und darüber hinaus.

Prof. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, besuchte die Hammeniederung heute während ihrer Projektreise zum Thema „Naturschutz im Zeichen des Klimawandels“. „Niedersachsen kommt eine besonders hohe Verantwortung für den Schutz und die Renaturierung von Mooren zu. Schließlich befinden sich hier etwa 30 Prozent aller Moore Deutschlands“, sagte die BfN-Präsidentin. Mit Blick auf diese Tatsache und die erfolgreiche Entwicklung, die das Naturschutzgroßprojekt bis heute genommen hat, sprach die BfN-Präsidentin dem Landkreis ihren ausdrücklichen Dank aus und machte deutlich: „Sollte es in Niedersachsen weitere bundesweit bedeutsame zu renaturierende Moore geben, kommen Sie auf uns zu. Über das Programm chance.natur stehen auch weiterhin Fördermittel zur Verfügung, mit denen der Bund das Land und die Regionen unterstützen kann.“

Die Hammeniederung ist eines von zehn Projekten zum Moorschutz, die bislang im Programm „chance.natur“ – Bundesförderung Naturschutz“ finanzielle Unterstützung erhalten haben. In den 40 Jahren des Bestehens von „chance.natur“ stellte der Bund rund 500 Millionen Euro für insgesamt 80 Naturschutzgroßprojekte bereit. Ziel des Programms, das vom Bundesamt für Naturschutz betreut wird, ist es, national bedeutsame und repräsentative Landschaften mit gesamtstaatlicher Bedeutung zu schützen und langfristig zu sichern.

Bei ihrem Ortstermin in der Hammeniederung war die BfN-Präsidentin von den vielfältigen, vom Landkreis Osterholz als Projektträger umgesetzten Maßnahmen und deren Ergebnissen beeindruckt. Denn der Flächenerwerb, die Extensivierung der Grünlandnutzung und die Wiedervernässung im Bereich des Pennigbütteler und Ahrensfelder Moores führten unter anderem dazu, dass sich im Projektgebiet der Anteil von Nasswiesen und Feuchtgrünland verdoppelt hat; davon profitierten wiederum Arten wie Fischotter, Weißstorch und Bekassine. „Das hohe Engagement des Landkreises bei der rechtlichen Sicherung des Fördergebietes und seines Umfeldes sowie dessen kontinuierliche Gebietsbetreuung werte ich als großen Erfolg“, sagte die BfN-Präsidentin.

Vertreter des Landkreises Osterholz wiesen darauf hin, dass ein zentraler Dreh- und Angelpunkt in der Hammeniederung die Steuerung des Ritterhuder Hamme-Sperrwerkes sei, von dem der Wasserhaushalt eines Großteils der Teufelsmoorregion abhängt. Besonders die vor etwa 60 Jahren festgelegten Zielwasserstände im Winter sind nach heutiger Kenntnis unter Gesichtspunkten des Feuchtgebiets- und Klimaschutzes nicht optimal bzw. schädlich. Innerhalb des chance.natur-Projektes konnte die Problematik aus wasserrechtlichen Gründen noch nicht gelöst werden, da die Sperrwerkssteuerung sich weit über das Projektgebiet hinaus auswirkt. Dazu sagte Prof. Beate Jessel: „Ich freue mich, dass sich der Landkreis Osterholz als zuständige Untere Wasserbehörde und der für die Ritterhuder Schleuse zuständige Gewässer- und Landschaftspflegeverband Teufelsmoor aktuell dieser Frage mit Nachdruck widmen.“

Renaturierungen von Mooren haben sowohl für den Natur- als auch den Klimaschutz nach wie vor einen hohen Stellenwert: Denn zum einen gelten nur noch fünf Prozent der Moore in Deutschland als naturnah. Zum anderen sind insbesondere die entwässerten und intensiv genutzten Moore immerhin für über vier Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands an CO2-Aquivalenten verantwortlich. Vor diesem Hintergrund erklärte die BfN-Präsidentin, dass es dringend erforderlich sei, Ackernutzungen auf Mooren einzustellen, deren Grünlandnutzung zu extensivieren, die Moore, wo immer möglich, wieder zu vernässen, den industriellen Torfabbau zügig einzustellen und den Torfeinsatz als Kultursubstrat zu reduzieren. 

Hintergrundinformationen

chance.natur-Projekt Hammeniederung

Die Hammeniederung weist als Teil der Teufelsmoorregion fast vollständig Moorböden auf, die bei landwirtschaftlicher Nutzung große Mengen des klima-schädlichen Kohlendioxids emittieren. Dabei kann als Faustregel gelten: Je trockener die Flächen und je intensiver die Nutzung, desto höher ist die CO2-Emission. Im Naturschutzgroßprojekt wurde deshalb eine ackerbauliche Nutzung der Flächen ausgeschlossen und die Grünlandnutzung deutlich extensiviert. Die nicht genutzten Teilbereiche des Projektgebietes, wie die Hochmoore Pennigbüttler und Ahrensfelder Moor, werden möglichst weitgehend wiedervernässt, woraus weitere Minderungen an CO2-Emissionen resultieren.

Die Hammeniederung wurde im Zeitraum von 1995 bis 2009 als chance.natur-Projekt gefördert; das konkrete Fördergebiet umfasste dabei 2.780 Hektar. Die förderfähigen Gesamtkosten beliefen sich auf über 16 Millionen Euro, davon trugen der Bund etwa 72 Prozent, das Land etwa 17 und der Landkreis etwa 11 Prozent. Während der Förderphase erwarb der Landkreis Osterholz, unterstützt von der Niedersächsischen Landgesellschaft, Flächen, um diese langfristig zu sichern und eine Grundlage für die Lebensraumoptimierung zu schaffen. Heute stehen etwa 2.100 Hektar im Eigentum des Landkreises, davon werden etwa 1.680 Hektar als Grünland genutzt. Das Grünland verpachtet der Landkreis unter Nutzungsauflagen und entsprechend reduzierten Pachtpreisen an örtliche Landwirte. Auf etwa 390 Hektar entwickelt sich die Natur dagegen ohne Nutzung; hier herrschen Moorbirkenwälder, Röhrichte und Gewässer vor.

Zudem führte der Landkreis weitreichende Baumaßnahmen zur Entwicklung besonderer Biotopstrukturen durch, so wurden beispielsweise ehemalige Altarme der Hamme wiederhergestellt. Im Rahmen einer besonderen Kooperation zwischen Naturschutz und Wasserwirtschaft legte der Gewässer- und Landschaftspflegeverband Teufelsmoor steuerbare Retentionsräume an, die sowohl dem Naturschutz als auch dem Hochwasserschutz dienen. Des Weiteren wurden vom Amt für regionale Landentwicklung Flurneuordnungsverfahren durchgeführt, die der Flächenarrondierung und der Verbesserung des landwirtschaftlichen Wegebaus dienten und der Besucherlenkung zu Gute kamen. Die Konzeptionierung und Koordination der unterschiedlichen Projekte erfolgte maßgeblich durch das Planungs- und Naturschutzamt des Landkreises.

Im Anschluss an die Projektförderung wurde das Projektgebiet als Naturschutzgebiet „Hammeniederung“ ausgewiesen. Dies erfolgte über die Sammelverordnung über Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete im Bereich „Hammeniederung“ und „Teufelsmoor“, mit der auch die weit über das Gebiet des Naturschutzgroßprojektes hinausgehenden Natura-2000-Gebiete der Hammeniederung und der Hammehochmoore gesichert werden.

Auch nach Abschluss der Bundesförderung führt der Landkreis das Projekt kontinuierlich fort und kooperiert dabei in vielfältiger Weise mit örtlichen Landwirten und der Biologischen Station Osterholz. So beauftragt das Planungs- und Naturschutzamt alljährlich die Erfassung brütender Wiesen- und Watvögel, wie zum Beispiel Kiebitz, Brachvogel und Uferschnepfe, um die landwirtschaftliche Nutzung gezielt an die Erfordernisse des Nest- und Kükenschutzes anzupassen.

Moore

Organische Böden umfassen rund vier Prozent der Gesamtfläche Deutschlands, davon entfallen 70 bis 75 Prozent auf Nieder- und Anmoore sowie 25 bis 30 Prozent auf Hochmoore. Naturnahe Moore umfassen allerdings nur noch fünf Prozent aller Moore, über 90 Prozent sind entwässert oder in Nutzung. Deshalb sind Moore für immerhin mehr als vier Prozent der Gesamtemissionen Deutschlands an CO2-Aquivalenten verantwortlich.
Obwohl organische Böden nur etwa sieben Prozent der landwirtschaftlichen Flächen ausmachen, ist eine unangepasste landwirtschaftliche Nutzung auf Moorböden für etwa 37 Prozent der Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft verantwortlich. Neben der ökologischen Aufwertung tragen Wiedervernässungen damit auch substanziell zum Klimaschutz bei.

Nach der Nationalen Strategie zur Biologischen Vielfalt aus dem Jahre 2007 sollen bis 2020 regenerierbare Moore dauerhaft wiederhergestellt sein, wesentliche Teile der intensiv genutzten Niedermoore extensiviert sein und rund 20 Prozent der extensiv genutzten Niedermoore einer natürlichen Entwicklung unterliegen.

Das Land Niedersachsen hat dabei eine besonders hohe Verantwortung, denn es ist mit 30 Prozent aller Moore das moorreichste Bundesland. Gleichzeitig betragen die Treibhausgasemissionen aus entwässerten Mooren (inkl. der Torfnutzung) zwölf Prozent der Gesamtemissionen Niedersachsens.

 

 

 

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