Wenn wir in Deutschland die Religionsfreiheit ernst nehmen, dann kann ein christlicher Konvertit nicht in ein Land abgeschoben werden, das die Religionsfreiheit nicht akzeptiert“, betonte der Bundestagsabgeordnete Volker Kauder (CDU) in einem Pressegespräch der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA) und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) am 30. Juli in Berlin. Wer sich im Iran vom Islam abwende oder ihn anders lebe als die religiöse und politische Führung des Landes es verlange, müsse oftmals mit massiven Menschenrechtsverletzungen rechnen. „Menschen, die diesen Opfergruppen angehören und hier Schutz suchen, wie konvertierte Christen sowie Baha’is und Sufis, dürfen wir nicht in den Iran abschieben“, forderte Kauder.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bestreite nicht, dass christlichen Konvertiten willkürlich Gefängnis, Folter und Tod im Iran drohten, halte jedoch eine Abschiebung in das Land für möglich, da man sich als Christ nicht zu erkennen geben müsse. Doch gerade Konvertiten, die ihren Glauben besonders ernst nähmen, möchten ihn auch praktizieren und darüber sprechen können, so Kauder.

Taufbescheinigung genügt

Außerdem stellten die Entscheider im BAMF oft die Ernsthaftigkeit des Übertritts zum Christentum in Abrede. Zwar könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Muslim zum Christentum übertritt, um nicht abgeschoben zu werden, räumte der Bundestagsabgeordnete ein. Doch wenn ein Muslim Christ werde, habe er viel größere Probleme mit seiner Verwandtschaft als beispielsweise ein Katholik, der in Deutschland in eine protestantische Kirche übertrete. Wie ernst es einem Konvertiten mit seinem Glauben sei, könne nicht objektiv überprüft werden. Das habe schon die jahrelang in der Bundesrepublik praktizierte Gewissensprüfung von Kriegsdienstverweigerern gezeigt. Deshalb sollte eine Taufbescheinigung ausreichen, um als Christ zu gelten. Das sei inzwischen auch die Meinung des Bundesinnenministeriums (BMI).

Rechtlose iranische Staatsbürger

Auch IGFM-Vorstandssprecher Martin Lessenthin appellierte an die deutschen Innenminister, „keine christlichen Konvertiten und keine Baha’i in den Iran abzuschieben“. Schon jetzt versuche die islamische Republik sogar solche Iraner zum Schweigen zu bringen, die nur die Einhaltung von iranischem Recht und internationalen Mindeststandards forderten. Nichtmuslime würden im Iran seit der islamischen Revolution systematisch diskriminiert. Angehörigen „geschützter Religionen“, wie Christen, Juden und Zoroastrier, werde lediglich ein Existenzrecht „gewährt“. Andersgläubige, Atheisten und Christen, die früher Muslime waren, seien praktisch rechtlos. „Die iranischen Behörden missachten systematisch bindende Verträge des Völkerrechts und sogar das eigene iranische Recht“, kritisierte Lessenthin. Deshalb fordere die IGFM ebenfalls einen Abschiebeschutz für solche getauften Konvertiten aus islamisch geprägten Ländern, denen durch ihre Konversion eine Gefahr für Leib und Leben drohe. Eine aussagekräftige pfarramtliche Bescheinigung der zuständigen Seelsorger ihrer Kirchengemeinde über die Ernsthaftigkeit ihrer Konversion sollte dabei ausreichend sein.

Sich gründlicher mit dem christlichen Glauben auseinandersetzen

Auch Uwe Heimowski, Beauftragter der Deutschen Evangelischen Allianz am Sitz des Bundestages und der Bundesregierung in Berlin, vertrat die Ansicht, dass in ein Land in dem ein Christ nicht frei über seinen Glauben sprechen könne, nicht abgeschoben werden dürfe. Außerdem sollten die Betreffenden eine Arbeitserlaubnis erhalten, um für sich selbst sorgen und sich besser in die Gesellschaft integrieren zu können. Dem BAMF empfahl Heimowski, sich gründlicher mit dem christlichen Glauben auseinanderzusetzen und Länderberichte über die Missachtung der Religionsfreiheit zur Kenntnis zu nehmen.

Keine verfassungsmäßigen Rechte für Baha‘i

Jascha Noltenius, Referent für Menschenrechtsfragen im Büro für Außenbeziehungen der Baha’i-Gemeinde in Deutschland, informierte dass es im Iran etwa 300.000 Anhänger der Religionsgemeinschaft gebe. Seit der islamischen Revolution von 1979 seien die Baha’i im Iran das Ziel einer staatlich-klerikal betriebenen systematischen Verfolgung und Unterdrückung. Zwar würde kein Baha’i mehr im Iran wegen seines Glaubens hingerichtet, doch die Verfolgung beinhalte eine gesellschaftliche Isolierung. Dazu gehörten die Verweigerung des Bildungszugangs, die wirtschaftliche Unterdrückung, willkürliche Inhaftierung und Haftstrafen, öffentliche Hassreden sowie Friedhofsschändungen. Baha’i könnten keine verfassungsmäßigen Rechte in Anspruch nehmen. Auch Noltenius forderte, dass Baha’is nicht in den Iran abgeschoben werden dürften.

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