Wie, nur drehen? Ich will platteln! „Normal plattlat bloß d’Burscha. Mädla drähat sich“, erklärt Ambros Steible eine Tradition, die in dem Dorf im Allgäu vor dem höchsten Berg Württembergs seit 80 Jahren sorgsam gepflegt wird. Für Journalistinnen macht der Vorsitzende des Trachtenvereins Schwarzer Grat in Großholzleute eine Ausnahme: In einer Probe zeigt er mir, wie der uralte Brauch und Werbetanz geht.

Hüpfen und auf die Schenkel klopfen – so viel weiß ich. „Wie fest muss ich draufschlagen?“ Mutig halte ich meinen Oberschenkel für einen Probe-Patscher hin. „Des willsch it wissa“, sagt Ambros. Doch will ich. „Noi, willsch it. Do hosch an blaua Fleck.“ Angeber. Dem zeig ich’s. Hände hoch, Ohren auf, los geht’s – neugierig bringe ich mich im großen Kreis in Position. Wir starten mit dem sogenannten Neuner. Eine Einsteigerabfolge, die sich oft wiederholt und sowas wie die „Plattlergrundschule“ ist.

Was auf den ersten Blick ganz leicht aussieht, stellt sich als Hochleistungssport heraus – vor allem für mein Gehirn. Schuhsohle hinten, Schenkel links, Schenkel rechts, Schuhsohle vorne, Schenkel links, Schenkel rechts, Wechselhüpfer und noch zweimal Schenkel zum Schluss – fertig. Zweimal verfehle ich den Turnschuh. Kaum treff‘ ich hinten, hab ich vorne vergessen, welcher Fuß oder ich kippe schlichtweg um. Komm ich endlich bis zum Hüpfer, bin ich längst aus jedem Takt. Mein Plattellehrer grinst. Ich nicht. Hände hoch – nochmal. Mein Kampfgeist ist hellwach. Aber egal wie oft ich ansetze – mit der kraftvollen, rhythmischen Schlagabfolge der Burschen hat mein klägliches Gepatsche nichts zu tun.

Blitzschnell schlagen die Männer mit einer Wucht so fest auf ihre Jeans und Cargohosen, dass ich jetzt doch an die blauen Flecken glaube. „Figurentanz?“, fragt Ambros höflich und hält mir seinen kleinen Finger hin. Missmutig hake ich ein und nehme das Angebot zum Damenpart der Trachtentanzgruppen an. Eigentlich wollte ich ja platteln. Leider habe ich keine Zeit mehr für Protest. Einer stampft, ein anderer jauchzt, die Steirische setzt ein und ich marschiere. Und ich lächle.

Ehrenvoll führt mich mein Tanzpartner im Ring herum. Die freie Hand in die Taille gestemmt, nehme ich beschwingt meinen Platz in der fröhlichen Gruppe ein. Immer wieder wickelt mein Herr unsere Arme anders um unsre Oberkörper, Schultern und Hälse. Kunstvoll verbiegt und verknotet er sich – und das auch noch synchron. Kurz vor meinem triumphalen Höhenflug kommt’s: Eindrehen, Ausdrehen, Weiterdrehen. Immer weiter und weiter und weiter und weiterdrehen.

Nach kläglichen zwölf Runden um meine eigene Achse wird mir übel. Nur mit einer uneleganten, breiten Grätsche kann ich verhindern, dass ich in die Gruppe oder gegen die Wand torkle. Meine Nachbarinnen scheinen zum Hochleistungskreiseln geboren zu sein – die lächeln sogar dabei. Wie machen die das bloß? „Du darfst nicht fokussieren. Bleib mit den Augen auf einer Höhe. Wenn ich nach oben oder unten schau, wird mir auch übel“, verrät mir Martina Müller in der Tanzpause.

Seit 30 Jahren dreht sich die dreifache Mutter schon im Trachtenverein im Kreis. „Da gewöhnt man sich dran“, sagt sie, lacht und nickt mir aufmunternd zu, als der Vorplattler bereits die nächste Runde einstampft. Neuer Tanz, neues Glück: Nach dem „Allgäuer Haushammer“ probiere ich beim „Steirer“ wieder, den Kreiselkurs zu halten. Keine Chance: Die bewährte Grätschpause rettet mich und meine Tanzkollegen vor einer Massenkollision. Leicht schwummerig steige ich gerade noch rechtzeitig zum munteren Partnerwechsel wieder in den Reigen ein: Während ich auf der Stelle meine Beine schwinge, wirbelt alle paar Takte ein neuer Mann in meinen Tanzbereich und führt mich im Dreivierteltakt.

„Walzer!“, rufe ich begeistert, als hätte ich einen alten Bekannten getroffen. Kurz darauf kämpfe ich erneut gegen alle möglichen Fliehkräfte: Man dreht mich vor zurück, vor zurück, vor zurück. Die Herren scheinen irgendwie immun zu sein gegen physikalische Gesetze. Sie wirken wie festgemauert in ihrer Körpermitte. Völlig zentriert halten sie die Stellung, fangen mich ein und halten mich und meine Füße auf der richtigen Spur. Wie machen die das?

„Schuhplattler sind fit“, erklärt mir Ambros die enorme Körperbeherrschung. Diese gipfelt im sogenannten „Aufsprung“, wenn die Burschen ihre Beine in die Höhe werfen und in einer geknieten Hocke landen. „Außerdem braucht es natürlich eine gewisse Beweglichkeit.“ Deshalb kämen die Damen auch nur jede zweite Woche zur Trachtenprobe. Die Männer müssen jeden Montag von 20 bis 22 Uhr ran. Mitmachen könne hier jeder. Voraussetzung sei eigentlich nur eine passable Balance.

Wer sicher auf einem Bein stehen kann, bekommt von der Gruppe viel zurück: Nicht nur Fitness, sondern auch Geselligkeit. Gerade auch für Paare sei die Tradition ein schönes Miteinander. Etwas über zehn Auftritte im Jahr, ein Vereinsausflug und die gemeinsame Organisation von Festen steht hier regelmäßig auf dem Programm. Auch Kinder sind herzlich willkommen. In der Nachwuchsgruppe lernen die kleinen Plattler und Fehla alles Schritt für Schritt. Vielleicht sollte ich dort mal schnuppern? „Quatsch“, meint Ambros Steible. „Nach drei-bis viermal kommt bei uns fast jeder ganz gut mit.“ Na dann…

Info:  

In Deutschland gibt es viele Formen des Schuhplattelns. Die bekannteste Herkunftslegende geht auf den Mundartdichter Karl Stieler um 1975 zurück. Demnach sei der Schuhplattler dem Balztanz des Auerhahns nachempfunden (Quelle: Wikipedia). Viele Traditionsvereine lehnen bis heute viele Arten strikt ab. Zum Beispiel das Dirndlplatteln (Schuhplatteln durch reine Frauengruppen) wird bei den Trachtenvereinen nicht gern gesehen. In München entstand 1997 die Gruppe Schwuhplattler mit ausschließlich homosexuellen Mitgliedern. Kitschiges Zubehör ist den echten Plattlern ein Graus: wie Holzhacken auf der Bühne oder akustische Effekte mit Kuhglocken. Touristen in Regionen am Alpenrand sehen diese Formen allerdings gerne. Wie den Watschentanz: Auch diese Abart des Schuhplattlers formte sich Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer Touristenattraktion.

Isnyer platteln am Allgäu-Tag

Kurios: Auch das Baden-Württembergische Isny hat richtige Schuhplattler. Die Allgäustadt, die von drei Seiten von Bayern umringt ist, lädt an Mariä Himmelfahrt zum Allgäu-Tag in die Innenstadt ein. Dort sind echte Schuhplattler aus Heimenkirch zu sehen. Traditionell – Männer mit Frauen, die nicht platteln, sondern sich ordentlich drehen können. Außerdem gibt es einen Regionalmarkt mit feinen Dingen und Mitmachaktionen für Kinder.

Donnerstag, 15. August, 9 bis 18 Uhr, Isnyer Innenstadt
Weitere Informationen dazu unter www.isny.de/allgaeutag

Über die Isny Marketing GmbH

Die Aufgabe der Isny Marketing GmbH ist den Tourismus des heilklimatischen Kurortes mit seinen Gesundheitseinrichtungen und den Wirtschaftsstandort Isny sowie das Kulturangebot zu fördern. Dabei soll die Lebens- und Aufenthaltsqualität für Bürger und Gäste in Zusammenarbeit mit Leistungsträgern aus Wirtschaft, Handwerk, Handel, Kultur und Verwaltung wie ehrenamtlich engagierten Bürgern gestärkt werden.

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