Das Bundessozialgericht (BSG) begründete seine Entscheidung damit, dass die Betroffenen weisungsgebunden, beziehungsweise in die Arbeitsorganisation eingegliedert sind. Letzteres sei bei Ärzten in einem Krankenhaus immer der Fall, weil dort ein hoher Organisationsgrad herrsche, auf den die Betroffenen keinen eigenen, unternehmerischen Einfluss haben. So seien etwa Anästhesisten – wie die Ärztin im entschiedenen Fall – bei einer Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeitet. Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setzt nach Ansicht des BSG voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügen. Im entschiedenen Fall war die Ärztin wiederholt im Tag- und Bereitschaftsdienst und überwiegend im OP tätig (Az. B 12 R 11/18 R als Leitfall).
Eingebunden in Abläufe und nutzen von Ressourcen
Hinzu kam aus Sicht des Gerichts, dass Honorarärzte ganz überwiegend Personal und Krankenhauseinrichtungen für ihre Tätigkeit nutzen. So war die Ärztin hier nicht anders als beim Krankenhaus angestellte Ärzte vollständig in den Betriebsablauf eingegliedert. „Ein in einem Krankenhaus tätiger Honorararzt hat kaum unternehmerische Entscheidungsspielräume. Auch die Honorarhöhe war aus Sicht des Bundessozialgerichts nur ein zu berücksichtigender Baustein und nicht ausschlaggebend“, sagt Ecovis-Strafrechtlerin Janika Sievert. Das Gericht ließ auch einen etwaigen Fachkräftemangel im Gesundheitswesen nicht als Argument zu, um die sozialrechtlichen Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht außer Kraft zu setzen. „Angestellte Mitarbeiter sind für die Kliniken natürlich teurer“, weist sie auf die Folgen hin, „und ein von der Sozialversicherung befreites attraktives Honorar ist damit vermutlich ebenfalls vom Tisch.“
Kliniken müssen verstärkt mit Ermittlungsverfahren rechnen
„Wir rechnen jetzt damit, dass gegen Kliniken, Operationszentren oder Medizinische Versorgungszentren zunehmend ermittelt wird. Die Behörden verdächtigen diese medizinischen Einrichtungen, dass sie Arbeitsentgelt nach § 266a StGB vorenthalten und veruntreuen“, warnt Steuerstrafrechtsanwältin Janika Sievert von Ecovis in Landshut. Eine Selbstanzeige des Arbeitgebers, wie sie bei Nichtabführen von Lohnsteuer möglich sei, geht hier nicht; auch freiwillige Meldungen solcher Fälle werden erfahrungsgemäß zur Einleitung eines Strafverfahrens führen. „Wir empfehlen daher dringend die Honorarkräfte anzumelden. Aus unserer Sicht sind das nicht nur die Honorarärzte, sondern auch Praxisvertreter.“ Sievert erwartet im morgigen Urteil des BSG, dass auch selbstständige Pflegekräfte, die in Einrichtungen arbeiten, sozialversicherungspflichtig werden. „Damit gehen natürlich die Kosten im Gesundheitswesen schlagartig durch die Decke.“
Ecovis-Tipp:
Wie Sie sich bei einer Durchsuchung der Ermittlungsbehörden verhalten, erfahren Sie in unserem Flyer: https://www.ecovis.com/wirtschaftsstrafrecht/wp-content/uploads/2019/02/2019_02_Flyer_Durchsuchung_WEB.pdf
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