Die Ferien stehen vor der Tür, viele Familien können es kaum abwarten, in den Flieger zu steigen und die schönsten Wochendes Jahres zu genießen. Doch viele Fluglinien stoßen in der Hauptreisezeit an ihre Grenzen. Urlauber in Warteschlangen, Flugverspätungen und Ausfälle können die Folge sein. Aber in den meisten Fällen können sich Flugreisende den Ärger versüßen, denn viele Klagen vor Gericht gehen zu Gunsten der Reisenden aus und es gibt Geld zurück. Die ARAG Experten geben einen Überblick über Fälle, in denen es eine Entschädigung gab.

Verspätete Landung
Wenn Flüge mit mehr als drei Stunden Verspätung am Endziel ankommen, gibt es eine Ausgleichszahlung von der Airline. Geregelt sind die Rechte der Fluggäste in der EU-Fluggastrechteverordnung. Bei einer Flugstrecke bis 1.500 km muss die Airline danach 250 Euro an jeden Passagier zahlen, bei Flügen bis 3.500 km 400 Euro und bei weiteren Flugstrecken sind 600 Euro fällig. Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung haben auch Passagiere, die beim verspäteten Umstieg im Ausland ihren Flug nach Deutschland verpassen. In einem konkreten Fall flog eine spanische Airline zunächst eine spanische Stadt an, bevor es von dort mit einer anderen Airline, bei der die Passagiere den gesamten Flug gebucht hatten, nach Deutschland weitergehen sollte. Der Zubringerflug verspätete sich jedoch. Und der Anschlussflug nach Deutschland war weg. Die Passagiere zogen vor ein deutsches Gericht und verlangten von der spanischen Airline eine Entschädigung. Die Fluggesellschaft wollte nicht zahlen. Ihr Argument: Es gehe um einen Flug innerhalb der spanischen Landesgrenzen. Das deutsche Gericht sei also gar nicht zuständig. Das sahen die Richter des daraufhin angerufenen Europäischen Gerichtshofes allerdings anders. Da Deutschland bei Flugbuchung das Reiseziel war, ist dieser Ankunftsort für alle Flugstrecken maßgeblich. Auch wenn die Landesgrenze noch nicht überflogen wurde. Die Airline musste die Passagiere entschädigen (EuGH, Az.: C 274/16, C 447/16 und C 448/16).

Verspäteter Start
Hier hängen die Ansprüche der Fluggäste von der Länge des gebuchten Fluges und der Abflugverspätung ab. Es gibt keine Entschädigungszahlung. Wenn sich ein Flug von bis zu 1.500 km um mehr als zwei Stunden verspätet, stehen wartenden Passagieren jedoch Unterstützungsleistungen wie eine angemessene Verpflegung, zwei kostenlose Telefonate, E-Mails oder unter Umständen eine Gratisübernachtung zu. Für weitere Strecken innerhalb der EU oder zwischen 1.500 und 3.500 km muss sich der Abflug um mehr als drei Stunden verspäten, bei Flugstrecken über 3.500 km muss die Abflugverspätung mehr als vier Stunden betragen, damit es Betreuungsleistungen von der Airline gibt. Bei einer Verspätung von mehr als fünf Stunden darf man die Reise abbrechen. Dann haben Passagiere Anspruch auf eine Erstattung des Ticketpreises innerhalb von sieben Tagen und gegebenenfalls einen kostenlosen Rückflug zum Startflughafen.

Flugannullierung
Wenn Flüge gestrichen werden, haben Passagiere die Wahl: Entweder dürfen sie sich einen anderen Flug aussuchen oder sie bekommen den Ticketpreis erstattet. Zudem gibt es die Möglichkeit einer Ausgleichszahlung, deren Höhe wiederum von der Länge des Fluges abhängig ist. Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass Airlines oft versuchen, außergewöhnliche Umstände vorzuschieben, um Entschädigungszahlungen zu vermeiden. Aber weder technische Probleme noch die Erkrankung eines Piloten gehören dazu. Ein Schneechaos hingegen schon. Und auch ein Fluglotsenstreik kann unter Umständen darunter fallen. Wird ein Flug gestrichen und kann das Luftfahrtunternehmen nicht beweisen, dass der Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens zwei Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist, haben Flugreisende Anspruch auf eine Ausgleichsleistung. Dies gilt nicht nur bei Beförderungsverträgen unmittelbar zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen, sondern auch für Verträge, die über Online-Reisevermittler geschlossen würden. In beiden Fällen muss die Airline beweisen, dass sie die Fluggäste rechtzeitig über die Annullierung informiert hat (EuGH, Az.: C-302/16).

Lange Warteschlange beim Check-In
In einem konkreten Fall war die Wartezeit am Check-In-Schalter, wo mehrere Flüge gleichzeitig abgefertigt wurden, so lang,  dass eine Familie den Flug in die Türkei verpasste. Laut Zeugen hatte ein Mitarbeiter, der an der Schlange entlanglief, die Reisenden mit Ziel Türkei ausgerufen, was aber möglicherweise im Getümmel vieler Wartender unterging. Die Familie bekam eine Ausgleichszahlung. Allerdings haben die Richter den Reisenden eine Mitschuld angelastet. Sie hätten durchaus am Schalter auf sich aufmerksam machen können, als sie merkten, dass die Zeit knapp wurde (Amtsgericht München, Az.: 154 C 2636/18).

Streik
Streik ist grundsätzlich ein sogenannter "außergewöhnlicher Umstand" im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung. Bei einem gebuchten Flug gibt es in diesem Fall von der Airline grundsätzlich keine Entschädigungszahlungen. Etwas anders kann aber bei einem wilden Streik gelten, der Reaktion auf eine unternehmerische Entscheidung der Airline ist, wie kürzlich der Europäische Gerichtshof entschied (Az.: C-195/17 u.a.). Doch auch beim Vorliegen von "außergewöhnlichen Umständen" gibt es einige Rechte, die wartende Fluggäste einfordern sollten. Bei internationalen Flügen muss die Airline versuchen, einen anderen Flug zum gebuchten Zielort zu beschaffen. Das kann bedeuten, dass Passagiere auch einen Umweg und Zwischenstopp in Kauf nehmen müssen. Gäste müssen dabei auch auf andere Fluggesellschaften umgebucht werden, sofern dort noch Plätze frei sind. Vom Streik betroffene Gäste von innerdeutschen Flügen werden auf Züge der Deutschen Bahn umsteigen können. Die Tickets müssen dazu am Check-in-Automaten in einen Reisegutschein umgewandelt werden. Wer eine Pauschalreise mit Flug und Hotel gebucht hat, kann bei einer längeren Verspätung seines Abflugs unter Umständen auch eine Minderung des gezahlten Reisepreises beim Veranstalter geltend machen. In der Regel gilt hier: Ab einer Verspätung von fünf Stunden kann der Tagesreisepreis für jede weitere Stunde um fünf Prozent gemindert werden. Storniert werden kann die Reise sogar, wenn sie sich durch den Streik erheblich verkürzt, was zum Beispiel bei Kurzurlauben der Fall sein kann. Wer aufgrund eines Streiks Wartezeiten in Kauf nehmen muss, hat Anspruch auf Betreuung und die genannten Unterstützungsleistungen wie Mahlzeiten, Telefonate, E-Mails oder Übernachtungen.

Überbuchung
Um teuren Leerstand von Maschinen zu vermeiden, verkaufen Airlines oft mehr Plätze, als an Bord überhaupt zur Verfügung stehen. Oft bieten sie Passagieren dann Gutscheine oder Bargeld für einen späteren Flug an. Die ARAG Experten warnen: Wer dieses Angebot annimmt, kann später keine finanzielle Entschädigung verlangen. Nur, wer auf sein Recht pocht, hat Anrechte auf alternative Angebote, Rücktritt, angemessene Verpflegung und finanzielle Entschädigung wie bei einer Verspätung oder einem Ausfall des Fluges.

Fluggastrechte geltend machen
Fluggastrechte bei Verspätungen oder Annullierungen können noch bis zu drei Jahre später geltend gemacht werden. Um diese Rechte gegenüber der Fluggesellschaft durchzusetzen, ist der Gang zum Anwalt oder zu einer öffentlichen Schlichtungsstelle möglich. Daneben gibt es seit einigen Jahren private Dienstleister wie flightright, EUclaim oder Fairplane. Diese vertreten Verbraucher gegenüber den Airlines – und falls die Klage scheitert, tragen sie die Kosten für das Verfahren. Allerdings ist hier nicht alles Gold was glänzt: Zum einen picken sich die privaten Inkassodienste gerne die Rosinen heraus und übernehmen nur Erfolg versprechende Fälle. Zum anderen lassen sie sich im Erfolgsfall ihre Dienste gut bezahlen – mit Provisionen bis zu 30 Prozent der ausgezahlten Entschädigung, so ARAG Experten.

Weitere interessante Informationen unter:
https://www.arag.de/auf-ins-leben/fernweh/fluggastrechte-ansprueche-auf-entschaedigung/

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