Das Interesse an der Konferenz war groß, der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt mit Besucherinnen und Besuchern, die den erschreckenden Fakten des Referenten lauschten. Gudrun Huber von der Unteren Naturschutzbehörde appellierte schon bei der Begrüßung: „Es ist wichtig, dass wir Mitstreiter im Kampf gegen das Artensterben finden. Wir können es uns nicht erlauben, noch zehn oder 15 Jahre so weiter zu machen.“ Mit Verweis auf das auf den Tischen bereitgelegte Obst ergänzte sie: „Diese Äpfel und Heidelbeeren, genauso wie Birnen oder Erdbeeren, werden immer von Insekten bestäubt, fast gar nicht durch Wind. Etwa drei Viertel unserer Kulturpflanzen brauchen die Bestäubung – allein das sollte uns zu denken geben.“
Weltweit sind 41 Prozent aller Arten rückläufig, ein Drittel ist vom Aussterben bedroht, damit fallen jährlich 2,5 Prozent der Biomasse weg. Diese Fakten präsentierte der Referent und veranschaulichte die Vernetzung sämtlicher Lebewesen mit dem Bild einer Hängematte: „Eine verschwundene Art bedeutet einen gelösten Knoten. Fallen weitere Arten und damit Knoten weg, trägt die Hängematte zwar noch eine Zeit lang – aber irgendwann eben nicht mehr.“ Ein Milliardenheer verschiedener Kleintiere sei auf Insektennahrung angewiesen, „Insekten sind im Hauptberuf Opfer“. Durch ihren Rückgang aber seien in Bayern auch schon 50 Prozent der Feldvögel verschwunden, eine alarmierende Zahl.
Er hatte einen Schwarzen Apollo aus der Staatssammlung München im Gepäck, der ursprünglich im Vogelsberg heimisch war, allerdings seit einigen Jahren im Vogelsberg als ausgestorben gilt. In Bayern seien von einst rund 3.300 Schmetterlingsarten 1992 zunächst 109 Arten, bis 2003 dann schon 228 Arten und bis heute schließlich 365 Arten verschwunden. „Schmetterlinge sind eine Art Fieberthermometer“, so Segerer, „wenn sie verschwinden, dann geht es auch vielen anderen Arten schlecht.“ Der Klimawandel sei eine große Bedrohung, „aber leider nicht die größte: Der schnell zunehmende Artenschwund und die Nährstoffbelastung der Böden durch Überdüngung stehen weltweit an der Spitze der Bedrohungen.“
Eine bunt blühende und artenreiche Wiese sei früher ein- bis zweimal gemäht worden und nährstoffarm geblieben. Heutige Bewirtschaftung verlange Düngung, damit die Wiese mehr als zweimal im Jahr gemäht werden könne – sie werde fett, grün und arm an Arten. Doch der Referent will den Schwarzen Peter nicht den Landwirten zuschieben, sondern sieht die Verantwortung bei der Politik. Die handelt seiner Meinung nach seit Jahrzehnten wider besseres Wissen und fördert eine derartige Bewirtschaftung und Industrialisierung in der Landwirtschaft. „Ich sage nicht die Bauern sind schuld, aber ich rede von der industriellen Landwirtschaft“, erklärte Dr. Segerer, „alleine schon deshalb, weil in Deutschland mehr als die Hälfte der Fläche landwirtschaftlich genutzt wird.“ Deshalb sei dort auch am ehesten Einfluss zu nehmen.
Aber auch in Privatgärten, die etwa drei Prozent der Landesfläche ausmachen, lohnt es sich Insekten zu fördern und auf eine Verbesserung des Nahrungsangebotes und des Lebensraumes hinzuwirken: Ob Blühstreifen entlang von Äckern, Wiesen und Wegen, heimische Blühgewächse im eigenen Garten und eine Wiese, die nicht gedüngt und auf Golfrasenniveau getrimmt wird. Dr. Puthz und Professor Zwick aus Schlitz hatten zur Veranschaulichung der Schönheit und Vielfalt mehrere Schaukästen mitgebracht.
Und wer als Privatperson außerdem noch hochstämmige Obst- und Nussbäume pflanzen möchte, kann für bis zu 20 Bäume eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 50 Euro je Pflanze aus dem Streuobstwiesenförderprogramm erhalten. Darauf wies die Biologin Ann Katrin Müller von der Unteren Naturschutzbehörde hin.
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