Welche touristische Destination verträgt viele Besucher, welche weniger? Im Hinblick auf den Umgang mit Besucherströmen bedeutet dies: Gast und Gastgeber müssen sich einig sein, welche Anzahl an Gästen zum Produkt passen.
„Wenn Sie einen Freizeitpark besuchen, gehen Sie dort mit der Erwartung hin, dass Ihnen dort viele Menschen begegnen. Es stört Sie also keineswegs, ganz im Gegenteil. Wenn Sie allerdings in einem Nationalpark wandern gehen, werden Sie dort mit einer anderen Erwartungshaltung anreisen“, gab Professor Zeiss zu bedenken.
Der Referent hatte viele Beispiele parat, an denen er die möglichen Konfliktlinien aufzeigen konnte. Das als „Overtourism“ bezeichnete Phänomen tritt nach Aussage von Zeiss dort auf, wo die Infrastruktur einer Destination nicht mehr gewährleistet, dass sich Touristen oder Einheimische dauerhaft wohlfühlen. Kreuzfahrten und Billigfluggesellschaften sind bekannte Treiber dieser Ungleichgewichte, aber auch Social Media kann eine große Rolle spielen. Von Hallstatt in der Schweiz ist bekannt, dass chinesische Gäste eine besondere Vorliebe für den Ort entwickelt haben. Die Gemeinde musste mit drastischen Infrastrukturmaßnahmen eingreifen, um dem Ansturm aus Fernost Herr zu werden. „Immer mehr Gegenden werden von Touristen überrascht“, gab Zeiss auch für die landschaftlich reizvolle Ortenau zu bedenken. Besonders die sogenannten Influencer sind schwer zu steuern. So wurde der weithin bekannte Felsen Trolltunga in Norwegen im Jahr 2010 noch von 800 Wanderern besucht. Im Jahr 2016 war die Zahl der Wanderer durch zahlreiche Foto-Veröffentlichungen im Netz bereits auf das 100-fache gestiegen. Die nun 80.000 Wanderer verlangen nach einer völlig anderen Infrastruktur wie Toiletten, Gastronomie, klare und eingegrenzte Wegeführung, um die natürliche Umgebung zu erhalten. Eine Schlucht in Island, die von Teeniestar Justin Bieber besucht wurde, musste nach Veröffentlichung eines Selfies gar für mehrere Monate komplett geschlossen werden.
Auch für den neu entstandenen Nationalpark Schwarzwald kann ein gezieltes Besuchermanagement Sinn machen. Aus Museen kennt man Lösungsansätze wie flexible Besuchszeiten und dynamische Eintrittspreise sowie Methoden der aktiven Besucherlenkung.
Das Credo des Vortrags war am Ende klar und auch dem gastgebenden Bürgermeister Meinrad Baumann wichtig: Besser eine Region mit Overtourism als gar keine Touristen! Der Schwarzwald habe in weiten Bereichen ganz andere touristische Themen auf der Agenda. Dazu gehört insbesondere der qualitativ hochwertige Ausbau von Angeboten und Infrastruktur im ländlichen Raum.
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